Ilmenau Mit Ponys wandern als Balsam für die Seele

Rosalie Klaua aus Gehren liebt nicht nur ihre Kinder und ihren Mann, sondern auch ihre Tiere. Ihre "neuesten" Mitbewohner, zwei Shetland-Ponys, haben sie so positiv beeinflusst, dass sie dies auch anderen ermöglichen will. Die Pferdchen sind deshalb nun auch ihre Geschäftspartner.

 
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Wege, die Seele baumeln zu lassen und den Alltag einmal Alltag sein zu lassen, Stress und Sorgen für einen Moment zu vergessen und zu sich selbst zu finden, gibt es gar viele. Die einen bekommen den Kopf mit Sport frei, andere lesen lieber ein gutes Buch und wieder andere entspannen, wenn sie sich mit Tieren umgeben. Manche gehen dafür mit Huskys auf geführte Tour, streicheln Lamas, hüten Ziegen auf der Alm... Es gibt nahezu nichts, was es nicht gibt. Ab sofort kann man auch mit Shetland-Ponys am Langen Berg wandern; dabei entspannen, zu sich finden und neue Kraft tanken. Die Idee zu dieser Art der tiergestützten Therapie kam der 25-jährigen Rosalie Klaua aus Gehren quasi durch eigenes Erleben...

Aber ganz ursprünglich begann vermutlich alles vor vielen, vielen Jahren, weil ihr Wunsch nach einem Haustier unerfüllt blieb: "Früher durfte ich außer einem Hamster leider keine Haustiere halten. Vermutlich ist das der Grund, warum ich heute umso mehr habe", sagt die junge Frau mit den zum Zopf zusammengebundenen, braunen Haaren und grinst verschmitzt. Rosalie erinnert sich: "Hühner hatten mein Mann und ich zum Beispiel schon angeschafft, als wir noch in Erfurt gewohnt haben. Die Leute in der Stadt konnten damit natürlich nur wenig anfangen - aber wir wollten gerne unsere eigenen Eier haben", sagt die 25-Jährige. Mit der Geburt von Tochter Mathilde vor vier Jahren sollte es dann wieder zurück in die ruhige Kleinstadt, genauer gesagt die Heimatstadt Ilmenau gehen. Die kleine Familie zog also mitsamt ihren Tieren - zwei Hunden und Hühnern - in eine Wohnung am Stadtrand. "Dort haben wir ein Jahr lang gewohnt, bevor wir dann nach Gehren gezogen sind", sagt Rosalie.

Und weil es hinter dem Haus eine Scheune gibt, die prima als Stall genutzt werden kann, wurden bald auch Nutztiere wie Schafe und Gänse angeschafft. Im vergangenen Herbst kamen dann zwei Ziegen zu den Klauas nach Gehren. "Bärli und Schnucki. Passenderweise ist meine Tochter auch gerade im Heidi-Fieber", sagt Rosalie mit einem Schmunzeln.

Und nachdem der Unterstand gebaut und die Wiese für die Ziegen eingezäunt waren, dauerte es nicht lange, dass auch das erste Shetland-Pony und kurz darauf Zwergpferd Nummer zwei angeschafft wurde.

"Ich hatte eigentlich immer ein wenig Angst vor Pferden und fürs Reiten nicht genügend Zeit. Außerdem ist es ein kostspieliges Hobby. Somit war es wie eine Art Therapie gegen meine Angst, mir mit ’Wohlrosi’ und ’Pferdinand’ eigene Pferde anzuschaffen", sagt die Gehrenerin. Monatelang habe sie sich in jeder freien Minute über die niedlich aussehenden Tierchen belesen; sich bei ihr unbekannten Aufgaben, wie etwa dem Auskratzen der Hufe, Hilfe geholt und dann selber angepackt. "Ich habe es mir einmal zeigen lassen und mich dann selber versucht. Stück für Stück habe ich die Pferde somit besser kennengelernt, wurde sicherer und habe auch das Vertrauen der Tiere gewinnen können. "Damit ist auch meine Angst vor ihnen immer weniger geworden", erklärt Rosalie stolz.

Neu ordnen

In ihre zwei neuesten Mitbewohner - beide zu Beginn ohne jegliche Ausbildung - habe die 25-Jährige seit vergangenem Herbst viel Zeit und Arbeit gesteckt. "Ich habe es zum Beispiel geschafft, dass meine Tochter auf ihnen sitzen und ich die Tiere dabei führen kann", sagt die Gehrenerin. Sich um ihre Tiere zu kümmern, die Ponys zu putzen, mit ihnen spazieren zu gehen, sie zu trainieren und vieles mehr, das sei für Rosalie nicht bloß Hobby und schon gar nicht lästige Pflicht.

Im Gegenteil: Für sie ist es eine perfekte Möglichkeit, einmal Abstand beziehungsweise eine kurze Auszeit vom Alltag mit ihren vielfältigen Aufgaben als Mutter zweier Kinder, Studentin und Ehefrau zu nehmen; sich wieder zu fokussieren und neu zu ordnen. "Das tut mir sehr gut. Und da bin ich ein Mensch, der keine besonderen Bedürfnisse hat; also gesund ist. Wie geht es dann Menschen, die an Burnout erkrankt sind oder Kindern mit einem Aufmerksamkeitsproblem? Was können die Pferde bei ihnen Positives bewirken?", hatte sich Rosalie gefragt.

Und zufällig auch eine Reportage über eine Ziegenhirtin gesehen, die mit ihren Tieren Landschaftspflege betreibt und sich dabei von gestressten Burnout-Patienten begleiten lässt.

Bald hatte die junge Frau, die sich in ihrem Bachelor-Studium "Erziehungswissenschaften und Musikerziehung" in Erfurt auch mit tiergestützer Pädagogik beschäftigt hatte, ein Konzept geschrieben. Die Idee: Kinder und Erwachsene unternehmen mit der 25-Jährigen und den Ponys eine Wanderung in die schöne Natur rund um Gehren. Sie können die kleinen Pferde führen und dabei die Seele baumeln lassen. Pausen mit Ausblick, Brotzeit und Kaffee und Kuchen auf Wunsch inklusive. Ebenso das Putzen und Versorgen der Ponys. Und weil Rosalie, die gerade sogar noch zusätzlich einen Master absolviert, durch ihr Studium auch die nötige Qualifikation besitzt, können auf Wunsch auch Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen sowie sogenannte systemische Beratung (kurz erklärt: Hilfe durch Selbstreflexion, Anmerkung der Red. ) hinzukommen.

"Besonders Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder Erwachsene mit ersten Anzeichen eines Burnout oder sonstigen stressauslösenden Beeinträchtigungen können völlige Entspannung und Naturverbundenheit erfahren. Ziel ist, eine positive Wirkung auf das Erleben und Verhalten zu erreichen", erklärt Rosalie.

Schon Interessenten

Was hört man, wenn man eine Minute schweigt? Wie riecht es in der Natur? Wie muss ich mich verhalten, um den sensiblen Pferdinand an einem für ihn womöglich gefährlich wirkenden Ast vorbeizuführen? Wie spiegeln die Tiere meine Emotionen und Energie? All das und vieles mehr kann praktisch erfahren werden.

Die Strecken für die Pony-Touren sind zwischen zweieinhalb und neun Kilometer lang; ausgelegt auf Runden mit reiner Laufzeit von einer Dreiviertel bis zu etwa drei beziehungsweise vier Stunden. Plus Pausen. Inseriert hat Rosalie ihre innovative Geschäftsidee bisher zwar bloß bei einem Kleinanzeigen-Portal, doch schnell war Interesse an den Pony-Wanderungen mit den Shettys geweckt.

"Einen festen Termin habe ich zum Beispiel schon. Eine Dame hat eine Tour für ihre fünf Jahre alte Enkelin gebucht", sagt Rosalie. Die natürlich hofft, dass sich bald noch viele weitere Interessierte für ihr Angebot begeistern und erfahren, welch heilsame Wirkung die Nähe zu und das Interagieren mit den sensiblen Tieren hat. "Denn Hobby und Beruf zu kombinieren - wenn das funktioniert, dann ist es doch das Beste, was einem passieren kann, oder?", so die Gehrenerin.

Mehr Infos gibt es unter:

www.ponywanderung-thueringerwald.de

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