Ilmenau Männer seltener beim Arzt, Frauen häufiger krank

Von Doreen Huth

Der Gesundheitsreport 2016 der Krankenkasse DAK zeigt im Ilm-Kreis vor allem Unterschiede bei den Geschlechtern. Vor allem Frauen gehen krank auf Arbeit, den Kollegen zuliebe.

 
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Arnstadt - In Zeiten der Gleichberechtigung, der Quoten und der geschlechtsneutralen Wortneuschöpfungen (Beispiel: Studierendenwerk) erstaunt es doch, wenn das Geschlecht plötzlich doch große Unterschiede macht, die unabhängig von Alter, Bildung, Berufsform, Region und Branche ins Gewicht fallen.

Das ergab auch die Befragung der Krankenkasse DAK unter ihren Versicherten zum Krankenstand 2015. Das Ergebnis: "Frauen und Männer sind anders krank", wie es Stephan Schulz, Leiter der Servicezentren Suhl, Arnstadt, Ilmenau, Hildburghausen und Sonneberg, formuliert. Er stellte die Zahlen für den Ilm-Kreis am Montag im Landratsamt in Arnstadt vor.

Generell sei der Krankenstand im Ilm-Kreis im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen, auch wenn die Fehltage insgesamt unter dem Niveau Thüringens bleiben. Um 0,3 Prozentpunkte nahmen die Ausfalltage im Ilm-Kreis zu, der Krankenstand an sich sei in der Region aber noch gering.

Am meisten litten die Krankgeschriebenen im Ilm-Kreis am Muskel-Skelett-System, wo auch Rückenschmerzen und Verspannungen einzuordnen sind, die aus langen Sitzarbeiten, etwa am Schreibtisch, resultieren können. Dem folgen die Atemwegserkrankungen, psychische Erkrankungen, Verletzungen und Kreislaufprobleme. Zwar gehen die Zahlen bei den Muskel-Skelett-Erkrankungen zurück, doch jeder fünfte Fehltag in der Region ging auf sie zurück.

Auffallend im Ilm-Kreis sei, dass Frauen rund 27 Prozent mehr Fehltage haben als Männer. Das spiegele auch die thüringenweiten Verhältnisse wider, doch nicht in diesem großen Unterschied. Leiden Männer im Ilm-Kreis mehr an Erkrankungen im Herz-Kreislauf-System, sind Frauen sehr viel häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen und können deshalb nicht auf Arbeit gehen.

Frauen erkrankten auch drei Mal häufiger an Krebs als Männer, was die DAK durch das vergleichsweise frühe Auftreten von Brustkrebs erklärt. Da würden die Frauen oft noch voll im Berufsleben stehen, erklärt Schulz. Prostatakrebs trete bei Männern aber meist erst auf, wenn sie schon in Rente seien und diese Fälle würden in der Statistik der Krankentage bei Erwerbstätigen nicht erfasst.

Wer krank ist und eigentlich zu Hause bleiben sollte, geht oft trotzdem auf Arbeit. Diesen sogenannten Präsentismus pflegen Frauen im Ilm-Kreis häufiger als Männer. Die Gründe sind vielfältig. Die meisten gaben an, ihre Kollegen nicht in Stich lassen zu wollen, doch auch die viele Arbeit, die liegen bleiben würde, sowie die Furcht vor Nachteilen seien Gründe für Frauen, auf Arbeit zu erscheinen. Männer gaben eher an, dass sie sich noch arbeitsfähig fühlten. Mit Blick auf die hohe Zahl der psychischen Erkrankungen bei Frauen kann wohl hauptsächlich der letztere Grund für ihren Präsentismus Arbeitgebern zu denken geben. Denn für sie ist der Gesundheitsreport gedacht. "Unternehmen können aus dieser Analyse wichtige Impulse für ihr betriebliches Gesundheitsmanagement gewinnen", heißt es in einer Pressemitteilung zum Report. Beispiele dafür gibt schon das Landratsamt. An Gesundheitstagen können sich Angestellte über Rücken stärkende Maßnahmen, Entspannungstechniken, Fitnesskurse, Beratungen und mehr informieren, erläuterte Landrätin Petra Enders im Anschluss an die präsentierten Zahlen die Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in ihren Häusern. Vielerlei Angebote würde man den Mitarbeitern machen. Doch angesichts der Tatsache, dass die Arbeit in Verwaltungen nicht weniger wird und viele Abteilungen an den Belastungsgrenzen arbeiten, bleibt die Frage offen, wer da noch Lust verspürt nach der Arbeit abends in den Fitnesskurs zu gehen oder in der Mittagspause Entspannungsübungen zu machen.

Moderne Arbeitszeitmodelle wie Home office, flexible Teilzeit, bessere Aufgabenverteilung und familienfreundliche Arbeitsgestaltung sind in kommunalen Einrichtungen, mehr aber noch in privatwirtschaftlichen Unternehmen nach wie vor Leuchttürme. Das zeigt sich auch, wenn Kinder krank werden und Eltern sich dafür krank schreiben lassen müssen. Nach wie vor geht das weit stärker von den Müttern als von den Väter aus.

Damit ist der viel zitierte kleine Unterschied größer als gedacht.

Stephan Schulz, Leiter der DAK Servicezentren in Arnstadt und Ilmenau

Frauen und Männer sind anders krank - die Zahlen

Die Krankenkasse DAK hat sich für 2015 wieder den Krankenstand seiner Versicherten angeschaut. Die Zahlen präsentiert sie in ihrem Gesundheitsreport.

Im Ilm-Kreis waren 4,8 Prozent der Befragten krank gemeldet. In Thüringen liegt der Krankenstand bei 5,1 Prozent, bundesweit bei 4,1.

Am niedrigsten ist der Krankenstand in Jena (4,2 Prozent), am höchsten in Landkreis Nordhausen und Kyffhäuserkreis (6,4 Prozent)

Auffällig im Ilm-Kreis ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen. 5,4 Prozent der Frauen und 4,3 Prozent der Männer meldeten sich 2015 krank.

Auf Frauen gehen 1979,6 arbeitsunfähige Tage zurück, auf Männer 1553,4.

Frauen hatten 368,6 Fehltage wegen psychischer Erkrankungen, Männer 107,2. Das ist ein Unterschied von 244 Prozent.

Im Gegensatz zu Thüringen fehlen im Ilm-Kreis mehr Männer (97 Tage) wegen Neubildungen (Tumoren) als Frauen (35,6). In Thüringen sind es 57,7 Tage bei den Männern und 124,5 bei den Frauen.

Männer fehlen an 161,9 Tagen wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Frauen an 82,2.

Wenn kranke Arbeitnehmer auf Arbeit kommen, fürchten mehr Frauen als Männer Nachteile auf Arbeit (37,2 Prozent vs. 16,5), wollen die Kollegen nicht in Stich lassen (85,7 Prozent vs. 80,4) und ihre Arbeit fertig kriegen (83,3 Prozent vs. 63,5). Mehr Männer (75,3 Prozent) als Frauen (57 Prozent) fühlen sich trotz Krankheit noch arbeitsfähig.

Dafür nehmen mehr Frauen (31,5 Prozent) als Männer (9,5 Prozent) Krankentage für ihre erkrankten Kinder, wenn es nötig wird.

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