Ilmenau Landgemeinde: 600 Kinder zu Hause und Kurzarbeit im Gespräch

Thomas Klämt
Ein Bild aus besseren Tagen: Spielgerät-Einweihung im Kindergarten Großbreitenbach. Solch Massenauflauf gehört nun erst einmal der Vergangenheit an. Foto: Archiv Klämt Quelle: Unbekannt

In der Landgemeinde Stadt Großbreitenbach trifft die Unterbrechung der Schul- und Kindergartenbetreuung seit Dienstag über 400 Schüler, dazu etwa gut 200 Kindergartenkinder. Für Erzieher ist inzwischen auch Kurzarbeit im Gespräch.

 
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Großbreitenbach - Um die Ausbreitung des Coronavirus zeitlich zu strecken, damit das Gesundheitssystem nicht überfordert wird, greifen bundesweit Maßnahmen gegen Massenansammlungen. Bei Schulen liegen die Hoheiten dafür beim Land und so gilt in Thüringen und damit auch für die Landgemeinde Stadt Großbreitenbach seit Dienstag Schul- und auch Kindergartenverbot mit Notfallplänen für einige Ausnahmen, verfügt über den Brief des Thüringer Bildungsministeriums an die Eltern schulpflichtiger Kinder und in Kindertageseinrichtungen.

In der Grundschule Großbreitenbach sind davon 195 Schüler betroffen, in der Gemeinschaftsschule im gleichen Gebäudekomplex weitere 230 Schüler, wie die beiden Schulleiterinnen Petra Möller und Andrea Köhler am Montag gegenüber Freies Wort bestätigten. Mögliche Ausnahmen, durch die zumindest Notbetreuungen im Hort genutzt werden dürfen, betreffen lediglich Kinder, deren beide Elternteile oder der allein erziehungsberechtigte Elternteil in "kritischer Infrastruktur" arbeiten, wofür ein glaubhafter Nachweis vorgelegt werden muss. Dazu gehören folgende Berufsbereiche: Gesundheitswesen und Pflege bis hin zur Herstellung medizinischer oder pflegerischer Produkte sowie Behördenmitarbeiter, die für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zuständig sind, darunter Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und ähnliches. Im Einzelfall können auch Kinder aufgenommen werden, deren beide Eltern oder allein Erziehungsberechtigte in anderweitigen Bereichen zentraler Bedeutung tätig sind.

Wie viele Kinder dem zuzuordnen sind, war zunächst schwierig auszumachen, denn in den Schulen war am Montag noch nicht konkret bekannt, wie viele Elternpaare gleichzeitig in solchen Berufen und Branchen tätig sind. Die Grundschüler bekommen für diese schulfreie Zeit, die momentan bis zum Ende der Osterferien so angedacht ist, "Aufgaben mit nach Hause", sagte Grundschulleiterin Möller am Montag. Über Eltern und Schulsprecher könne telefonisch enger Kontakt gehalten werden, denn Lehrer und Erzieher seien nach aktuellem Stand weiter täglich vor Ort in den Einrichtungen. Für die entsprechende Hort-Notbetreuung jener Kinder mit Elternpaaren oder Alleinerziehern in den besonderen Berufsgruppen seien morgens die Lehrer, nachmittags die Erzieher zuständig, so Möller. Dabei würden besondere Hygienevorschriften gelten, auf die nun ab sofort zu achten sei, darunter ein gegenseitiger Abstand von zwei Metern und daher kleinere Gruppen, außerdem häufiges Händewaschen und weiteres.

Diese mögliche Notfall-Hortbetreuung gilt jedoch nur für Grundschüler und die 5. und 6. Klassenstufen auch an der Gemeinschaftsschule, wie die dortige Schulleiterin erklärt. Die Lehrer seien nach aktuellem Stand alle da. Ab 7. Klasse bleiben aber generell alle Schüler zu Hause, so Schulleiterin Köhler, da gebe es auch keine Notbetreuung.

Notfallbetreuung minimal

In den Kindergärten im Bereich der Landgemeinde sind noch einmal gut 200 Kinder unterhalb des Schulalters von den Schließungsmaßnahmen betroffen. Auch dort gilt ein Notfallbetreuungsangebot bei entsprechenden Berufsgruppen der Eltern. In Großbreitenbachs Kindergarten "Spatzennest", in dem laut Leiterin Regina Rißland in normalen Zeiten 97 Kindergarten- und 22 Hortkinder betreut werden, erwartete die Leiterin ab Dienstag lediglich noch vier bis fünf Kinder von Eltern aus besonders wichtigen Berufsfeldern, wie sie am Montag zunächst auch nur vermuten konnte. Auch dort sei aber das Personal erst einmal weiter da, würden etwa Weiterbildungsveranstaltungen vorgezogen oder andere Aufträge abgearbeitet. In Böhlens Einrichtung mit normal 33 Kindern und Altenfelds Kindergarten mit sonst 29 Kindergarten- und 14 Hortkindern war am Montag ebenfalls unklar, ob Einzelfälle betreut werden müssen, sagten die Leiterinnen Gesine Jahn und Antje Grimm. Für Montagnachmittag hatte das Bildungswerk Großbreitenbach als Träger sämtlicher Kindergärten in der Landgemeinde zu einer internen Beratung eingeladen. Denn unklar war bis Montag auch noch, ob absehbar Kurzarbeit oder andere Regelungen anstehen. Kontakt zur Arbeitsagentur sei für solche Fragen bereits aufgenommen, hieß es aus Kreisen des Bildungswerks.

Am Dienstag bestätigte Cornelia Koch, Geschäftsführerin der Bildungswerk Großbreitenbach gGmbH, die in der Landgemeinde alle fünf Kindereinrichtungen im Auftrag der Kommune als Träger betreut, entsprechende Befürchtungen. Es zeichne sich ab, dass in den fünf Kindergärten in Großbreitenbach, Altenfeld, Böhlen, Herschdorf und Neustadt etwa fünf bis zehn Kinder insgesamt in solchen Notfallgruppen zu betreuen seien. Vorgehalten würden diese Angebote zunächst aber erst einmal in allen Einrichtungen, egal, ob gleich in Anspruch genommen oder erst nächste Woche. Da gebe es noch Klärungsbedarf mit Eltern. Im Gespräch mit den Leiterinnen sei am Montag über die Organisation dieser Gruppen und ein Schichtsystem beraten worden. Klar sei, dass dafür nicht alle Erzieherinnen benötigt würden. Für einige Zeit gebe es noch anderweitige Arbeiten im Umfeld, doch bis 19. April glaube sie nicht, ausreichend Tätigkeiten für alle vorhalten zu können, sagte Koch, es sei daher auch bereits über Kurzarbeit gesprochen worden. Noch stehe aber nicht fest, ab wann solche Maßnahmen greifen sollen. Die Situation ändere sich täglich.

Statt 750 Essen nun 20

Insgesamt beschäftigt das Bildungswerk nach Angaben Kochs etwa 40 Erzieher für den Bereich der Landgemeinde, darüber hinaus ist die gGmbH auch im Umfeld mit Kindereinrichtungen betraut. Außerdem ist die üblicherweise 750 Portionen betragende Essenversorgung des Bildungswerks nun auf lediglich noch 20 heruntergefahren, sagte Koch. Jetzt werde gehofft, dass eigene Mitarbeiter von dem Virus verschont bleiben, wünscht Koch allen beste Gesundheit.

Was aber nun tun als Eltern und Kind in diesen betreuungstechnisch eingeschränkten Zeiten? Viele Familien wird das vor einige Probleme stellen, insbesondere, wenn Arbeitgeber nicht auf die spezielle Situation eingehen können oder wollen. Ein bedeutender Virologe aus Berlin sagte dieser Tage, nichts spreche gegen den Aufenthalt im Freien. Sofern Eltern dafür Zeit und Gelegenheit mit ihren Kindern finden oder Kinder selbstständig alt genug dafür sind, sei also gerade in Thüringen auch auf Friedrich Fröbel rückbesonnen, der den Begriff Kindergarten ja überhaupt erst angesichts der Natur schuf. Überliefert dazu ist vom Ausblick seiner Dienststrecke Gölitzwände bei Bad Blankenburg: "Angesichts dieser Landschaft prägte Friedrich Fröbel den Begriff des Kindergartens". Diese Inschrift findet sich heute noch am Fröbelblick auf dem Höhenzug zwischen Gölitz und Keilhau in einer Betonplatte zu Füßen seiner Spielgaben Würfel, Walze und Kugel verewigt und unterstreicht die Bedeutung der Natur für die kindliche Entwicklung. Das Angebot dafür liegt im ländlichen Raum oft vor der eigenen Haustür. Der junge Fröbel selbst fand in der Natur einst guten Ausgleich. So soll er zur Zeit, als er bei seinem Onkel im Pfarrhaus Stadtilm einzog, später einmal resümiert haben: "Ich trank hier frischen Lebensmut in langen Zügen; denn die ganze Gegend war mir nun ein Tummelplatz, wie früher mein Gehöft. Ich gewann Freiheit des Gemüts und erstarkte körperlich".

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