Böhlen - "Wir drei Frauen gehören schon fast zum Inventar", scherzt Jana Gunstheimer. Die Jenaer Künstlerin mit dem Kurzhaarschnitt sagt, dass sie und ihre Bekannten einmal im Jahr an die Böhlener Sommerakademie kommen, schon seit knapp 15 Jahren. Ihre Bekannten sind die Grafikdesignerin Anke Thomas aus Berlin und die Autorin Martina Zschocke aus Görlitz. Die vierte im Bunde, eine Bühnenbildnerin aus Dresden, ist vor zwei Tagen schon wieder abgereist - wegen eines dringenden Termins an der Semperoper.

Einmal im Jahr treffen sich die Frauen in Böhlen, ihre Kinder und Männer lassen sie dann für eine Woche zu Hause. Man merkt ihnen an, dass sie am Ort und an der Sommerakademie Gefallen gefunden haben. "Erstmal gibt es hier tolles Essen, vier Mahlzeiten am Tag", sagt Anke Thomas, "man muss sich um nichts kümmern und kann sich vollkommen der Arbeit widmen. Und wenn mir mal gar nichts einfällt, dann gehe ich in die Natur, die ja gleich hinter dem Haus anfängt."

Anke Thomas zeichnet hier und sieht den freien Arbeitsaufenthalt als Ergänzung zum Berufsleben als Grafikdesignerin. Auf die Frage, ob sie schon in ähnlichen Einrichtungen wie in Böhlen war, antwortet sie mit einem Schmunzeln: "Seit wir zum ersten Mal hier waren, können wir nicht mehr wo anders hin." Sie schwärmt von den großen Schreibtischen und dem vielen Platz in den weiträumigen Ateliers, dem Gedankenaustausch abends am Kamin oder auch mal in der Gaststätte "Schöne Aussicht". Und: "Man lernt immer wieder neue Leute kennen. Es gibt außer uns auch andere Künstler, die immer wieder hierher kommen."

"... ist wie heim kommen"

Ein Dutzend Leute nutzen diese Woche zu einem Arbeitsaufenthalt in Böhlen, und Anke Thomas erzählt von einer Profi-Fotografin, die nach acht Jahren wieder hierher kam und sagte: "Zur Sommerakademie kommen ist wie nach Hause kommen. Hier hat sich zum Glück fast nichts verändert."

Am Tisch neben ihr schreibt die Autorin Martina Zschocke. Die Professorin textet für verschiedene Literaturzeitschriften und hat vier Bücher geschrieben, in denen es um Reisepsychologie geht. Ein paar Meter weiter hat Jana Gunstheimer einen Teil ihrer Installation fertig gezeichnet: "Licht, Feld und Störung" erinnert an die Kreuzigung Jesu.

Es sind aber nicht nur die Künstler, die hier zeichnen und texten: Im Obergeschoss tagte gestern die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Thüringen. Das ist kein Zufall, denn deren Vorsitzender Christoph Goelitz ist gleichzeitig Leiter der Sommerakademie Böhlen. Goelitz hofft auf ein weiteres erfolgreiches Jahr der Sommerakademie - es wird das 20. Jahr sein. Und das läuft gut an: Von den 16 angebotenen Sommer-Kursen sind schon zwei ausgebucht.