Ilmenau Die Stadt der kleinen weißen Bälle

Der TTC Großbreitenbach ist einer der wichtigsten regionalen Turnier-Veranstalter im Tischtennis. Das sorgt für Materialverschleiß - und um diesen ausgleichen zu können, bewirbt sich der Verein um den "Goldenen Daumen".

 
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Großbreitenbach - Wer sich von der Hohen Tanne aus Großbreitenbach nähert, der wird per Plakat darüber informiert, dass er soeben in die Heimatstadt der erfolgreichen Schwestern Manuela und Andrea Henkel einfährt. Tatsächlich haben die beiden Wintersportlerinnen den Namen der Stadt international bekannt gemacht. Dennoch widmet sich der hier ansässige Sport keinesfalls nur dem weißen Element. Sondern zum Beispiel auch, und das sogar sehr intensiv, dem kleinen weißen Ball.

Treffpunkt Hammertor

Den Tischtennis-Club (TTC) Großbreitenbach gibt es zwar schon seit 1990, aber entscheidend für den Hochburg-Status, den er sich in diesem Sport erarbeitet hat, wurde die Eröffnung der neuen Sporthalle am Hammertor kurz nach der Jahrtausendwende. Denn seitdem haben die Großbreitenbacher Tischtennissportler dort so ziemlich alle Wettkämpfe ausgerichtet, die es in diesem Sport auf ihrem Leistungslevel so gibt: Von Bezirks- und Landesmeisterschaften für den Nachwuchs über Top 12-Turniere für den Nachwuchs, Ranglistenturniere aller Art und Mini-Meisterschaften (das ist eine spezielle Tischtennis-Wettkampfserie für den allerjüngsten Nachwuchs). Und wenn solche Turniere vielleicht schon in das Frühjahr hinein terminiert sind, kommt mitunter auch wieder das weiße Element ins Spiel: "Wir hatten schon oft Turniere, bei denen die anreisenden Teilnehmer aus dem Thüringer Flachland, meist so etwa ab Möhrenbach, von Schnee überrascht worden sind", erzählt Gerd Welsch, einer der drei lizensierten Trainer des Vereins (neben Vater Ralf und Sohn Robert Tresselt) und seit der Jahrtausendwende (mit einer Unterbrechung) emsig im Nachwuchstraining aktiv. "Wir mussten auch schon mal die Sporthallen-Tür vom Schnee freischaufeln." Da bekommt dann der Begriff "Hochburg" noch eine ganz andere Bedeutung ...

Ecken und Kanten

In diesem Jahr nun sind zwar einige dieser "Hammertor-Turniere" wegen der Corona-Pandemie ausgefallen, aber beim TTC hofft man, zumindest am 4. Oktober den diesjährigen Landesentscheid der Minis ausrichten zu können, das wäre der nächste große Großbreitenbacher Turnierhöhepunkt.

Nun muss man aber solche Wettkampfturniere als Ausrichter natürlich auch entsprechend materiell bestücken können: "Für eine Landesmeisterschaft zum Beispiel braucht man zwölf Wettkampftische samt Zubehör in guter Qualität, denn es sollen ja alle Teilnehmer die gleichen Bedingungen haben", schildert es Gerd Welsch. Der Verein verfügt zwar über 15 Platten, aber einige davon seien schon recht abgespielt, die älteste ist rund 15 Jahre alt. "Das sieht man dann vor allem an den Kanten und an den Aufschlagstellen, an denen dann so manches emotional aufgeladene Match seine Spuren hinterlassen hat. Bei vollem Gebrauch weist solch eine Platte nach etwa fünf Jahren die ersten Gebrauchsspuren auf." Gleiches gilt etwa auch für die über die Spieltische zu spannenden Netze und Spiel-Umrandungen. Und da eine Wettkampfplatte mit guter Oberflächenqualität plus Zertifizierung so um die 700 bis 800 Euro kostet, bewirbt sich der TTC Großbreitenbach abermals um den Goldenen Daumen (einen davon hat er schon bekommen), um diese seine Wettkampfausrüstung ein wenig modernisieren zu können. "Es geht nur um das Standardmaterial, auch wenn es zertifiziert für internationale Wettkämpfe ist", versichert Gerd Welsch. "Aber für solche Turniere sind wir als Verein zu klein."

Letzteres freilich ist eine Frage des Betrachter-Standpunkts. Der TTC Großbreitenbach hat zwar momentan 43 Mitglieder im Alter von sieben bis 79 Jahren, davon 13 weibliche - aber seine Ausstrahlung auf das sportliche Leben der Stadt beschränkt sich keineswegs nur auf die fünf TTC-Mannschaften, welche im offiziellen Wettkampfbetrieb des Thüringer Tischtennis-Verbandes stehen: Drei Erwachsenenteams mit der 2. Bezirksliga als höchste Spielklasse sowie zwei Schülermannschaften in der Ilm-Kreisliga. Zwei Senioren, Lutz Berger und Gerhard Neukirchner, trainieren zudem mit Teilnahme-Ambitionen auf die Weltmeisterschaft ihrer Altersklassen (die aber leider in diesem Jahr auch corona-bedingt ausgefallen ist).

Darüber hinaus gibt es weiterhin, per Kooperationsvertrag, Tischtennis an der Grundschule der Stadt als Ergänzungsstunde Sport sowie Tischtennis als Arbeitsgemeinschaft an der Gemeinschaftsschule. Gerd Welsch lobt hier besonders die gute Zusammenarbeit mit den Schulleitern (an der Grundschule ist das übrigens die Tochter des Gründers der ersten Großbreitenbacher Tischtennis-Sektion, Jürgen Macholdt) und Sportlehrern. Es gibt Projekttage mit und Projektarbeiten über Tischtennis. Es wird auch eng mit der Frauengruppe Großbreitenbach und deren Sozialarbeit zusammengewirkt. Bei deren Ferienspielen etwa gibt es einen Sporttag und an diesem - natürlich! - auch Tischtennis. Und wenn die Thüringer Sportjugend mit ihrem Mäuschen-Sportfest nach Großbreitenbach kommt, dann wird den Knirpsen dabei ebenfalls auch Tischtennis vermittelt. Seit 2018 engagiert sich der TTC auch in Sachen Inklusion, indem er zwei behinderte Jugendliche in seinen Trainingsbetrieb integriert hat.

Der (ehrenamtlich betriebene!) Nachwuchssport hat mithin beachtliche Umfänge - und daher kommt es auch keineswegs zufällig, dass Vorstandsmitglied und Trainer Ralf Tresselt im März zum Vizepräsidenten des Deutschen Tischtennis-Bundes für Nachwuchssport gewählt wurde. Insgesamt, darauf verweist Gerd Welsch nicht ohne Stolz, seien die jüngsten Tischtennis-Eleven, die er trainiert, aktuell fast schon die dritte Generation. Und natürlich waren bei den ersten beiden Generationen auch Talente darunter, die weit über die 2. Bezirksliga hinausreichten und sogar den Sprung ans Erfurter Sportgymnasium schafften: Zunächst Philipp, der ältere Sohn von Ralf Tresselt, der nunmehr bei Hydro Nordhausen in der Oberliga spielt, dann Pia Ludwig, die seit Herbst 2015 beim TTC HS Schwarza ist und aktuell in der Regionalliga aufschlägt, sowie Ivonne Grudnick.

Bundessiegerin vom TTC

Auch bundesweit bekannt wurde der TTC Großbreitenbach schon, speziell bei den Jüngsten: Im Jahre 2012 gelang es Ella Brandt, in Bad Marienberg das Mini-Bundesfinale der Mädchen zu gewinnen. Ein Jahr später kam ihre Schwester Maria Brandt ebenfalls beim Mini-Bundesfinale, diesmal in Mühlhausen, auf Rang drei. Insgesamt stellte der TTC fünf Thüringer Landessieger bei den Minis.

Dreimal wurden zudem Großbreitenbacher Schulklassen Landessieger Tischtennis im Wettbewerb "Jugend trainiert für Olympia" und qualifizierten sich hier ebenfalls für das Bundesfinale in Berlin. Und als man einmal in diesem Landes-Schulwettbewerb vom Königseer Gymnasium ausgestochen wurde, da standen in dessen Mannschaft ebenfalls drei Mädchen, die beim TTC Großbreitenbach trainierten.

68 Landes-Medaillen

Seitdem die Nachwuchsarbeit ab der Jahrtausendwende durch das Vorhandensein der Sporthalle Hammertor stark intensiviert wurde hat der Verein - das weist die akribisch geführte Statistik aus - allein bei Landesmeisterschaften 68 Medaillen geholt, davon 20 Titel. Und die Erfolge der drei Sportgymnasiasten, die dann ja nicht mehr für ihren alten Verein gestartet waren, sind hier noch gar nicht mit eingerechnet.

Nachdem zunächst die Corona-Pandemie auch den Großbreitenbacher Tischtennis-Trainingsbetrieb im Frühjahr stoppte ist er seit Ende Juni wieder angelaufen - mit speziellem Hygienekonzept und deutlich verkleinerten Trainingsgruppen, was zu zeitlich erheblich gestreckten Trainingszeiten führte, vom Nachmittag bis in den frühen Abend hinein.

Gerd Welsch bekommt zudem zu spüren, dass sich auch Tischtennis-Training mit fortschreitender Zeit verändern muss: "Heutzutage muss man die Kinder immer wieder für die Trainingsarbeit begeistern können. Wenn es ihnen irgendwie langweilig zu werden beginnt, dann bauen sie sofort in ihrer Aufmerksamkeit ab. Deshalb bauen wir auch viele Spiele zur Koordinations- und Konditionsschulung mit ins Trainingsprogramm ein, oft mit Ballspielen."

Zumindest an der Trainingsausrüstung sollte es aber nicht scheitern, deshalb wäre die Hilfe über den "Goldenen Daumen" am Großbreitenbacher Hammertor sehr willkommen.

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