Jesuborn DDR-Flitzer und französische Busse

Andreas Heckel

230 Oldtimer-Fans aus ganz Deutschland treffen sich in Jesuborn. Vom Motorrad über den Traktor bis hin zu Wohnwagen und Militärfahrzeugen ist alles dabei.

 
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Jesuborn - Die Resonanz auf das erste Oldtimertreffen in Jesuborn vor zwei Jahren war so überwältigend, dass sich die Organisationstruppe aus Jesuborn und Gehren eine Neuauflage vorgenommen hatte - mit Erfolg. Für das Wochenende hatten sich 230 Oldtimer-Fans mit ihren Fahrzeugen angemeldet. Und was nicht auf eigener Achse seinen Weg auf die Festwiese fand, zuckelte auf dem Hänger zum Treffen.

Walter Apitius aus Leipzig hatte gar ein ganzes Gespann mitgebracht: Eine IFA-Zugmaschine, Baujahr 195 8, einen Lanz Bulldog von 1937 auf der Pritsche und an der Anhängekupplung einen Schausteller-Wohnanhänger von 1982. Und als ob das noch nicht reichen würde, war am Heck auch noch eine der legendären Motorräder vom Modell Java 350 festgeschnallt. "Mit der kann ich schnell mal Brötchen holen fahren. Und auch mal ein kleines Ersatzteil besorgen, wenn am Gespann was kaputt geht", berichtete der stolze Besitzer. Den Lkw hat er vor über 40 Jahren für den eigenen Fuhrbetrieb angeschafft. Bis heute hat er damit 2,5 Millionen Kilometer "abgerissen". Der Wohnwagen war lange die mobile Heimat einer Schaustellerfamilie aus Dresden, die noch heute mit dem Karussell auf Tour geht.

Geschichtsträchtig ist auch der "MFD Döschnitz" von Franz Reinhard. Der Thüringer Traktorenbauer Alfred Haupt fertigte im eigenen Betrieb lediglich 50 Fahrzeuge, bevor die DDR-Regierung ihm 1958 die Produktion verbot. Zu stark war wohl die Konkurrenz zu den Modellen der volkseigenen Betriebe. Die Technik war einfach und robust. Zum Anlassen gab es die Kurbel. Vorgeglüht wurde mit einer brennenden Lunte. Mancher Bauer hat es wohl auch mit der Zigarette versucht. Nur die alternative Glühkerze wurde mit einer Batterie betrieben. Und so gab es von Filip Möller am Wochenende auch einmal Starthilfe aus dem modernen Akku-Pack.

Insgesamt 40 000mal wurde das gepanzerte Fahrzeug der Marke Praga mit der 20-Millimeter-Doppel-Flak in der Tschechischen Republik gebaut. Die Freunde der Ostblock-Militärtechnik aus Gehren nahmen am Wochenende begeisterte Kinder auf eine kleine Rundfahrt über die Wiese mit. Dank einer gültigen Straßenzulassung aus der Tschechei ist das allradgetriebene Ungetüm noch auf allen Straßen Europas zu diversen Oldtimertreffen unterwegs.

Nicht für die Straße ist die S50 von Yannik Vogler, Zerspanungsmechaniker-Lehrling im dritten Ausbildungsjahr, zugelassen. Beim Frisieren seiner Simson hat er gezeigt, was er bisher gelernt hat. Der Zylinder hat mehr Hubraum. Die Kanäle sind poliert. Auch Vergaser, Auspuff und Bremsen sind nicht original. Das Mokick schafft so knapp 100 Stundenkilometer. Eine Straßenzulassung bekommt man dafür nicht. Auf privatem Gelände bei den Schraubertreffen damit zu fahren, macht Yannik aber viel Spaß.

"Aufgepimpt" ist auch der Melkus RS1000 der Familie Beck. Als Werks-Rallye-Auto der Automobilwerke Eisenach lief er 1978 vom Band. Im letzten Jahr startete Stephan Beck mit ihm bei der Deutschen Meisterschaft historischer Rennwagen auf dem Hockenheimring. Stolz präsentierte er die Startaufstellung. Nach der Qualifikation stand der Flitzer mit dem Wartburg-Herz auf Platz fünf. Der erste Porsche fand sich auf Platz 20 wieder. "Mit einem Leichtgewicht kann man eben auch deutlich stärkere Autos richtig ärgern", freute sich der Rennfahrer. Und mit den vielen Modifikationen - drei Vergaser, kurz übersetztes Fünf-Gang-Getriebe und Spezial-Auspuff - hat der Wartburg-Motor immerhin 95 Pferdestärken.

Französisches Flair brachte der originale Stadtbus aus Paris in den Thüringer Wald. Im Jahre 1930 wurden 178 Stück der Marke Renault in Dienst gestellt, damals noch mit Benzin-Motor. Die mit Blech beplankten Holzkarossen erhielten später einen sparsameren und kräftigeren Diesel-Motor, bevor sie 1958 ausgemustert wurden. Die Schilder am Dach, welche durch kurbeln immer die nächste Haltestation anzeigen, sind aber ebenso original erhalten, wie der historische Netzplan im Inneren des Fahrgastraumes. Die Besitzer haben lediglich eine kleine Bar eingebaut, denn das Fahrzeug kann heute für Partys gemietet werden.

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