Hildburghausen - Mit der Schweiz verbindet man klischeemäßig sofort Schokolade und Käse. Vielleicht auch noch Taschenmesser und das Finanzwesen. In diesen Tagen kommt - zumindest bei Kulturinteressierten - ein weiterer Aspekt hinzu. Denn die Schweiz ist dieser Tage Gastland der Leipziger Buchmesse. Autoren und Verlage aus dem präsentieren sich da konzentriert auf der Messebühne. Im Vorfeld gab es außerdem einen deutsch-schweizerischen Dialog der etwas anderen Art. Bei einem Austauschprogramm des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der Schweiz haben sich Buchhändler gegenseitig besucht. Unter ihnen auch die Hildburghäuser Buchhändlerin Alexandra Messerschmidt mit ihrer Buchhandlung Am Markt. "Als ich von der Aktion erfahren habe, habe ich mich sofort angemeldet", erzählt sie. Ihre Kollegin Rebecca Gerber nickt. Auch sie wollte gleich dabei sein. Sie arbeitet in einer Kunstbuchhandlung, die zum renommierten Kunstmuseum in Basel gehört. Zwei Situationen also, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten - und gerade daraus hat dieses Programm eine große Spannung gezogen, finden die beiden Frauen.

Spannende Unterschiede

"Vor allem, weil wir uns und die jeweiligen Situationen nicht kannten", sagten Alexandra Messerschmidt. "Es war ein Blinddate. Aber es hat gleich gut gepasst." Anfang Februar hat die Hildburghäuser Buchhändlerin die Schweiz besucht. Und in dieser Woche erfolgte nun der Gegenbesuch von Rebecca Gerber in Hildburghausen und gemeinsam geht es dann auch zur Leipziger Messe.

"Es ist natürlich sehr spannend, die Unterschiede kennenzulernen und sich gegenseitig etwas abzuschauen", meint Alexandra Messerschmidt. Sie habe sich darum auch in verschiedenen anderen Buchhandlungen umgeschaut. Und sie habe die verschiedenen Möglichkeiten genutzt, quer durch die Schweiz zu fahren. "Es war ganz klar auch das Ziel des Verbandes, dass sich die Teilnehmer mit der Schweiz beschäftigen und mit Autoren aus diesem Land." Vier Bücher Schweizer Autoren habe sie in dieser Zeit gelesen. Durch eins davon, Thomas Hürlimanns "Fräulein Stark" sei der Wunsch entstanden die Stiftsbibliothek in St. Gallen zu besichtigen. Vieles mehr stand auf dem Plan. Und dazwischen auch immer die Chance sich mit der eigenen Arbeit auseinander zu setzen. "Man kann sich vieles voneinander abschauen", sagt Rebecca Gerber. "Vor allem was die Präsentation im Laden angeht oder Aspekte der Kundenbindung." In der Schweiz gibt es zum Beispiel keine Buchpreisbindung. "Da findet im Buchhandel eine richtige Erosion statt", schätzt die Schweizerin die Situation ein. Sie interessiere sich sehr dafür, wie eine kleine Buchhandlung in einem kleinen Ort funktioniert, im Gegensatz zu ihrem Arbeitsort in einer Fachbuchhandlung in einer Großstadt. "Gerade auch was Lesungen oder Diskussionsrunden angeht, ist das bei uns etwas schwierig, weil wir so etwas wie eine staatliche Einrichtung sind", so Gerber. "Es gäbe eigentlich wunderbare Gelegenheiten für uns. Kunsthistorische Streitgespräche oder Vorträge zu Künstlern, Kunst oder Architektur. Man müsste sie eigentlich nur aufnehmen", sagt sie etwas resigniert. Vielleicht gelinge es ja später, etwas zu etablieren.

Auch die Schweizerin hat ihre Zeit in Hildburghausen genutzt, ein umfangreiches Programm zu absolvieren, um Land und Leute näher kennenzulernen. Coburg hat sie sich angeschaut und war etwas befremdet, dass sie schon kurz vor 16 Uhr den letzten Bus in Richtung Hildburghausen besteigen musste. Ein Tag in Weimar stand an mit einem Besuch der Stadt, der berühmten Anna-Amalia-Bibliothek sowie dem ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald. Und auch der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt stattete die Schweizerin einen Besuch ab.

Schweizer Schokomesser

Alexandra Messerschmidt kann schon kleine Neuerungen in ihrem Laden präsentieren. Einen Schweiz-Tisch hat sie eingerichtet. Auf dem finden sich neben den Klassikern Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt oder Johanna Spyri jetzt auch einige zeitgenössische Schweizer Autoren. Und an der Theke gibt es auch ein nicht-literarisches Mitbringsel aus der Schweiz: Ein Taschenmesser aus Schokolade.

Ein weiteres Resultat aus dem Austauschprogramm war, dass am Donnerstagabend der Schweizer Autor Urs Faes sein neuestes Buch "Sommer in Brandenburg" auch in Hildburghausen vorgestellt hat, bevor er daraus in Leipzig liest.

Dorthin werden am heutigen Freitag auch Alexandra Messerschmidt und Rebecca Gerber reisen. Gemeinsam mit 75 weiteren Leuten aus der Region, die das Angebot der Buchhandlung wahrgenommen haben. "Wir machen das erst zum zweiten Mal. Im letzten Jahr hatte uns eine Kundin darauf aufmerksam gemacht. Und jetzt mussten wir schon zwei Busse chartern."

Lust auf die Messe

Die beiden Buchhändlerinnen wollen auf der Messe spezielle Fortbildungen besuchen und dort über ihren Austausch berichten. "Ich kenne bisher nur die Frankfurter Buchmesse", sagt Rebecca Gerber. Interessant sei es darum auch neben der beruflichen Seite einmal einen Blick auf das Konzept zu bekommen. Sie werde sich darum neben den speziellen Verlagsständen gern verschiedene Lesungen und natürlich die Stadt anschauen. "Frankfurt ist eben viel fachbezogener. Aber ich finde es besonders spannend, dass sich die Leipziger Messe auch an den Kunden richtet und die ganze Stadt mit eingebunden ist", sagt sie. "Und wer weiß, vielleicht besuchen wir ja dann künftig zwei Messen."