Hildburghausen Hildburghausen macht dicht: Regionaler Lockdown im Landkreis

Der Kreis Hildburghausen, Deutschlands größter Corona-Hotspot, verhängt einen regionalen Lockdown. Schulen und Kindergärten schließen, Kontakte werden beschränkt.

 
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Erfurt/Hildburghausen – Das öffentliche und private Leben im Landkreis Hildburghausen wird noch deutlich weiter heruntergefahren als anderswo. Spätestens von Mittwoch an bis zum 13. Dezember gelte im Kreis Hildburghausen „ein regionaler Lockdown“, sagte Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) am Montag unserer Zeitung. Hintergrund ist der unaufhörliche Anstieg der Corona-Neuinfektionen. Mit einem Sieben-Tage-Inzidenzwert von 396 war Hildburghausen auch am Montag die am stärksten von der Pandemie betroffene Region Deutschlands und der mit Abstand größte Hotspot Thüringens – Tendenz weiter steigend.

Somit dürfen die Menschen in der Region ihre Wohnungen und Häuser nur noch „aus einem triftigen Grund“ verlassen. „Allerdings haben wir relativ weit gefasst, was ein triftiger Grund ist“, sagte Werner. Dazu gehöre der Weg zur Arbeit, das Einkaufen, der Gang zum Arzt oder Sporttreiben im Freien. Alle Geschäfte und Dienstleistungen, die derzeit geöffnet hätten, blieben weiterhin geöffnet. Ausgeweitet werden soll dagegen die Maskenpflicht. Details einer neuen Allgemeinverfügung seien noch in der Beratung zwischen Kreis und Land, sagte Hildburghausens Landrat Thomas Müller (CDU) unserer Zeitung.

Zudem werden ab Mittwoch alle Schulen und Kindergärten im Landkreis geschlossen. Es finde kein Unterricht und keine Kinderbetreuung mehr statt, sagte Werner. Die 5800 Kinder und Jugendlichen sowie 630 Mitarbeiter müssen für mindestens fünf Tage zu Hause bleiben. Allerdings soll es eine Kinder-Notbetreuung geben.

Ab Montag gebe es dann für alle die Möglichkeit, sich „freizutesten“, sagte Werner. Der Freistaat habe dazu etwa 11.000 Corona-Schnelltests bestellt. Wer sich Montag testen lasse, könne bei negativem Ergebnis ab Dienstag wieder in die Schule oder den Kindergarten gehen. Die Schließungen sollen so nach Möglichkeit schon nach sechs Tagen wieder beendet werden, während die anderen schärferen Corona-Beschränkungen noch bis mindestens Mitte Dezember aufrechterhalten bleiben sollten, sagte Werner. Wer sich nicht testen lässt oder wessen Ergebnis positiv ist, für den gilt ein Kita- und Schulverbot bis 13. Dezember. „Die Kosten für die Schnelltests übernimmt das Land, wofür ich sehr dankbar bin“, sagte Landrat Müller. Seinen Angaben zufolge will die Bundeswehr fünf mobile Abstrich-Teams zur Verfügung stellen.

Unmittelbar zuvor hatte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) im Streit um einen regionalen Lockdown im Kreis Hildburghausen nachgegeben. „Es gibt dort überhaupt keine Grenzen mehr zwischen den Infektionen von Erwachsenen, Jugendlichen, Kindern, zwischen irgendwelchen Orten“, sagte Ramelow. „Deswegen bin ich mit dem Landrat einer Meinung, dass das geschehen muss, was nun geschehen wird: Wir werden die Schulen und Kindergärten noch in dieser Woche schließen.“

Der Entscheidung war ein tagelanges Gezerre zwischen dem Landkreis und dem Bildungsministerium vorausgegangen. Während Landrat Thomas Müller seit Tagen darauf gedrungen hatte, nach der Explosion der Fallzahlen in seinem Kreis die Schulen und Kindergärten zu schließen, zögerte das Ministerium mit diesem Schritt – offenbar vom Ziel geleitet, die Einrichtungen so lange wie möglich offen zu halten, um Eltern nicht zu belasten. Bildungsminister Helmut Holter (Linke) sagte nun, die Schulen im Kreis müssten für die Dauer der Schließungen das Lernen zu Hause organisieren. „Dabei greifen wir auf die Erfahrungen des Frühjahrs zurück und werden viele Dinge, die seinerzeit noch nicht so gut gelaufen sind, verbessern.“

Eine Besserung der Lage ist nach Einschätzung Müllers nicht in Sicht: „Wir werden jetzt Richtung Inzidenz 500 marschieren“, sagte der CDU-Politiker mit Blick auf weitere 80 Fälle, die nach dem Montags-Meldeschluss eingegangen sind. Klare Infektionsherde seien kaum auszumachen. „Das geht querbeet durch alle Altersschichten“ und betreffe Schulen, Kitas, Verwaltungen, Polizei und Altenheime massiv, sagte der Landrat. Allein in einem Pflegeheim seien 60 von 120 Bewohnern infiziert

Unterdessen fehlen wegen Corona-Verdachtsfällen und der Betreuung ihrer Kinder an vielen Stellen Handwerker, wie die Südthüringer Handwerkskammer mitteilte. Das gefährde die Arbeitsfähigkeit der Firmen, hieß es. Die Kinderbetreuung müsse gewährleistet bleiben, forderte Hauptgeschäftsführerin Manuela Glühmann. „Fachkräfte werden aktuell mehr denn je in ihrem Job benötigt, um dazu beizutragen, ihrem Handwerksbetrieb durch die Corona-Krise zu helfen.

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