Eisfeld - An jedem zweiten Dienstag im Monat macht der Eisfelder Stadt-Treff im ehemaligen Amtsgericht seinem Namen alle Ehre. Dann trifft man sich dort zu einem geselligen Abend. Unterschiedliche Themen stehen dabei auf dem Programm.

"Sticheleien" hatten Renate und Hans Gauß den Abend genannt, zu dem am Dienstag etwa 40 Eisfelder in den Stadt-Treff gekommen waren. Doch wer womöglich unter "Sticheleien" die eher bösartige Variante befürchtet hatte, wurde aufs angenehmste überrascht. Denn so recht scharfzüngig ist die Art nicht, in der sich Renate Gauß, die all die kleinen Geschichten zu Papier gebracht hat, auszudrücken pflegt. Eher liebenswürdig, auch wenn sie den Blick auf manche Schattenseite des Lebens richtet. Ihr Mann Hans Gauß, der die Geschichten vorlas, brachte sie ebenfalls eher mit leichtem Augenzwinkern als mit bösartiger Schärfe zu Gehör.

Mit viel Lebensweisheit

Schon vor mehreren Jahren hat die ehemalige Leiterin des Eisfelder Museums Renate Gauß damit begonnen, eigene Erlebnisse und Beobachtungen aufzuschreiben. Im Jahr 2006 hatte sie einige ihrer Geschichten in einem sehens- und lesenswerten Band unter dem Titel "Der Öpfelhöck - und andere Geschichten rund um den Eisfelder Schlossturm" herausgebracht. Sehenswert, weil er mit Bildern des ehemaligen Eisfelder Malers Rosso H. Majores illustriert ist. Und lesenswert, weil er feinsinnige Beobachtungen erhält. Kleine Geschichten des Alltags, die so oder so ähnlich jeder schon erlebt hat. Oft aber ohne zu bemerken, welche Lebensweisheit darin steckt. Und auch die neuen Geschichten, die jetzt zu Gehör kamen, geben Zeugnis von der Beobachtungsgabe der Autorin.

Die Münzen aus dem Eisfelder Brunnen, die keiner haben wollte, weil behördliche Genehmigungen einen solchen Fall nicht geregelt hatten, und die schließlich im Museum "archiviert und katalogisiert" wurden, das ist eine der Geschichten. "Kontraste", ein Dialog der Großmutter mit ihrer "renitenten" Enkeltochter ("Oma, du bist ausländerfeindlich!"), eine andere. Oder "Der Lampensturz", "Die Erbse" oder "Vor der Hochzeit - nach der Hochzeit".

Auch mit der deutschen Sprache und ihrer Entwicklung setzt sich Renate Gauß mit leichtem Augenzwinkern auseinander. Was hatte es doch früher für Adjektive gegeben: Gut aussehend, geschmackvoll, gebildet, spannend, liebenswert und und ... 23 verschiedene Worte führte die Autorin auf, mit unterschiedlichster Bedeutung.

"Einfach toll, oder?"

Und für all das haben junge Leute von heute nur ein Wort: toll! "Das ist doch einfach toll, oder?", fragte Renate Gauß ihr Publikum. Nicht nur dafür erntete sie Lacher und Applaus gleichermaßen.

Das Werrastädtchen Eisfeld scheint eine besondere Atmosphäre zu besitzen, dass so viele Einwohner ihre eigenen Geschichten aufschreiben. Denn neben Renate Gauß haben sich schon der Suhler Autor Herbert Mesch, ein gebürtiger Eisfelder, Erika Westhäuser aus Veilsdorf oder der Eisfelder Peter Dressel ihre ganz persönlichen "Eisfelder Geschichten" von der Seele geschrieben. Doch bei genauerem Hinsehen sind diese "Eisfelder Geschichten" Beobachtungen, die überall spielen könnten. Nur wenige von ihnen sind direkt mit der Stadt oder der Stadtgeschichte verbunden. Meist sind es Erlebnisse aus dem eigenen Umfeld, aus der Familie. Aber eben immer mehr als von nur rein privatem Interesse.