Süß sind sie, gleich in doppelter Hinsicht: Putzig, wenn sie in der Auslage beim Bäcker liegen, diese Tassenküchlein mit der reichhaltigen Buttercreme in knallig-ungesund wirkenden, aber verlockenden Farben obendrauf. Und betörend, wenn sie locker-cremig im Mund zergehen und der Zuckerschock förmlich schon anrauscht. Ja, man kann es durchaus einen Trend nennen, mit dem die kleinen Cupcakes vor einigen Jahren in die Bäckereien schwappten.

Doch warum sind bestimmte Nahrungsmittel eigentlich auf einmal angesagt? Im Fall Cupcakes scheint es leicht erklärt zu sein: Die Fernsehserie "Sex and the city" sei verantwortlich. Das meint David Sax. Er ist Autor des Buchs "Tastemakers", das genau dem Phänomen auf den Grund geht: Was steuert eigentlich unseren Geschmack?

Hype um Gebäck

"Sex and the city", Staffel drei, Folge fünf: Carrie und Miranda, zwei der Hauptpersonen, sitzen vor einer Bäckerei in New York und unterhalten sich - wie könnte es anders sein - über Männer. Carrie isst dabei einen Cupcake.

Mit keinem Wort wird das Küchlein erwähnt. Und in keiner einzigen anderen Folge der Serie kommt jemals wieder ein Cupcake vor. Wie es dennoch möglich ist, dass eine 20-sekündige Szene einen Hype um ein Gebäck auslöst, beschreibt David Sax nachvollziehbar und detailliert auf etwa 30 Seiten.

Der Umfang klingt schon fast nach einer wissenschaftlichen Arbeit, für die der Autor intensiv recherchiert hat. So ähnlich kommt es auch beim Leser an. Bei aller Ausführlich- und Gewissenhaftigkeit stellt sich doch irgendwann die Frage, ob wirklich gefühlt jede Bäckerei rund um New York erzählen muss, seit wann sie Cupcakes verkauft, wie sich ihr Sortiment im Laufe der Zeit verändert hat und wie sie mit der Konkurrenz verbandelt ist.

Eigentlich ist es die lockere Schreibe von David Sax, die das Elaborat dennoch lesenswert macht. Im Stil einer Reportage, wie sie auch im Fernsehen laufen könnte, nimmt er den Leser mit auf eine Reise von New York bis nach Kalifornien, in Bäckereien und die Küchen von Restaurants, zu Köchen, Nahrungsmittelerzeugern und Unternehmern, die ihre neuen Produkte auf Messen ausstellen. Oder anders gesagt: David Sax hat ungezählte Menschen getroffen, Orte besucht, Begegnungen und Meinungen niedergeschrieben und die Fakten daruntergemischt, so wie andere ihr Müsli mit Chia-Samen aufpeppen.

Ermüdend

Übrigens auch so eine Mode. Und so oft, wie Chia-Samen und Cupcakes dafür im Buch als Beispiele herhalten müssen, scheint es, als seien das die beiden einzigen großen Trends dieser Zeit, die alle anderen ein wenig untergehen lassen. Das ermüdet irgendwann - wartet der Leser doch bei einem Umfang von 339 Seiten auf mehr. Klar: Da gibt es ja Kapitel über schwarzen Reis oder die indische Küche. Doch so richtig hip oder authentisch kommt das nicht rüber. Und: Es zieht sich ein wenig dahin.

Den Text um etwa die Hälfte zu kürzen, hätte ihm gut getan. Was das Buch ausmacht, ist wohl eher seine Lebendigkeit. Darin kann man sich durchaus für einige Stunden verlieren. Fakten bleiben dabei eher wenige hängen.

David Sax: "Tastemakers. Fondue, Cupcake und Smoothie: Wie unser Geschmack erfunden wird" - Residenz Verlag, 21,90 Euro.