Von der am 17. Juli 1512 in Düsseldorf geborenen Sibylle von Jülich-Kleve-Berg sind drei Porträts von der Hand Lucas Cranachs d. Ä. erhalten. Das erste aus dem Jahr 1526 zeigt die Prinzessin zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit mit dem sächsischen Kronprinzen Johann Friedrich. Es ist im Besitz der Klassik-Stiftung-Weimar. Ein späteres Porträt Sibylles stammt aus dem Jahr 1531. Es befindet sich heute in Privatbesitz. Erst ein Jahr nach dem Tod Sibylles am 21. Februar 1554 wurde der Cranach-Altar in der Stadtkirche zu Weimar vollendet, der die Kurfürstin von Sachsen an der Seite ihres Gemahls zeigt.

Wer war diese bemerkenswerte Frau, die die Autorin Sylvia Weigelt als "Cranach schönes Modell" bezeichnet? Das Licht der Welt erblickte Sibylle als älteste Tochter Herzog Johanns III. von Jülich-Kleve-Berg und seiner Frau Maria - ihres Zeichens Erbtochter von Herzog Wilhelm IV. von Jülich-Kleve-Berg. Durch ihre Heirat mit dem sächsischen Kurprinzen Johann Friedrich I. wurde sie nach dem Tod seines Vaters Johanns des Beständigen im Jahr 1532 "regierende Fürstin" in Kursachsen.

Glückliche Heirat

Johann und sein Sohn Johann Friedrich I. hatten sich schon zeitig zur Reformation bekannt. Überliefert sind zwei Predigten Martin Luthers, die der Reformator bereits im Jahr 1522 am Weimarer Hof gehalten hatte. Zwei der wichtigsten Schriften Luthers waren Johann gewidmet. Auch Begegnungen mit Thomas Müntzer sind bezeugt.

Vor diesem Hintergrund ist die dynastische Verbindung mit dem Haus Jülich-Kleve-Berg nur folgerichtig, zumal dadurch auch Grenzstreitigkeiten zwischen beiden Herrscherhäusern beigelegt werden konnten. Am Hof ihrer Eltern war Sibylle in einem humanistischen Umfeld aufgewachsen. Die Erziehung und Bildung der Gräfin und ihrer drei Geschwister lag in den Händen Konrads von Heeresbach, Professor an der Universität Freiburg und Freund des Humanisten Erasmus von Rotterdam.

Ihre jüngere Schwester Anna von Kleve (1515-1557) wurde im Jahr 1540 Gemahlin des englischen Königs Heinrichs VIII. Ein Porträt, das Hans Holbein von Anna von Kleve gemalt hatte und das sich heute im Louvre befindet, erregte die Aufmerksamkeit Heinrichs VIII., der sich nach dem Tod seiner dritten Ehefrau Jane Seymour erneut vermählen wollte. Der König jedoch ließ die Ehe bereits nach einem Jahr annullieren. Offensichtlich entsprach Anna von Kleve nicht seinen hochgesteckten Erwartungen. Anna von Kleve verließ England bis zu ihrem Tod nicht mehr. Sie wurde mit finanziellen Privilegien ausgestattet. 1557 erlag sie einem Krebsleiden und wurde in der Westminster Abbey beigesetzt.

Weitaus glücklicher verlief das Leben ihrer älteren Schwester Sibylle. Ungeachtet seiner Verankerung im katholischen Glauben war Herzog Johann III. stets um einen Ausgleich zwischen den Konfessionen bemüht. Die Trauung zwischen der katholischen Braut Sibylle und dem protestantischen Bräutigam Johann Friedrich, der den Beinamen "der Großmütige" erhalten sollte, fand am 8. oder 9. September 1526 nach lutherischem Ritus in Burg an der Wupper statt. Im Sommer1527 reiste die junge Kurfürstin dann in die kursächsische Landeshauptstadt Torgau, wo sie noch im selben Jahr konvertierte.

Am 2. Juni 1527 nahm Martin Luther persönlich die nochmalige Trauung des Paares in der Stadtkirche von Torgau vor. Für die nächsten Jahre sind mehrmalige Begegnungen zwischen Sybille und Luther belegt. Es entwickelte sich ein enges Vertrauensverhältnis zu dem Reformator, der für sie zu einem uneingeschränkten Vorbild wurde. Ein umfangreicher Briefwechsel mit Martin Luther belegt dies. Der berühmte Historiker Carl Burckhardt (1830-1930) sah in Sibylles Episteln "unstreitig eine der herrlichsten Briefsammlungen des 16. Jahrhunderts . . . voll von sittlichem Gehalt, Tiefe des Gemüts, wahrem protestantischen Sinn und echter Frömmigkeit."

Umzug nach Weimar

Die prächtige Hofhaltung des Fürstenpaares auf Schloss Hartenfels, der Neubau der protestantischen Schlosskapelle und nicht zuletzt die umfangreiche Kunstsammlung bescherten Torgau internationale Reputation. Zwischen den Ehegatten herrschte eine tiefe Zuneigung. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Johann Friedrich II. (1529-1595), Herzog von Sachsen. Johann Wilhelm I. (1533-1573), Herzog von Sachsen Weimar. Johann I., der allerdings bereits im Jahr seiner Geburt 1535 verstarb und Johann Friedrich III. (1538-1565), Herzog von Sachsen.

Sibylle unterstützte ihren Gemahl tatkräftig bei seinem Kampf für die Sache der Reformation. Betrübt zeigte sie sich allerdings über seine häufige Abwesenheit und seinen Hang zu übermäßigem Alkoholgenuss. Bei ihren Zeitgenossen genoss die Kurfürstin uneingeschränkte Hochachtung, wovon auch nicht zuletzt der Fürstenspiegel des thüringischen Reformators Justus Menius Zeugnis ablegt, den dieser Sibylle widmete.

Johann Friedrich I., geriet nach der Niederlage des Schmalkaldischen Bundes bei Mühlberg gegen die Truppen Kaiser Karls V. am 24. April 1547 in Gefangenschaft . In der Schlacht schwer verwundet, verzichtete er am 19. Mai 1547 zugunsten seines Vetters Moritz auf die sächsische Kurwürde und weite Teile des ernestinischen Territoriums. Die Freiheit erlangte er im September 1552 wieder, nachdem das kaiserliche Heer besiegt worden war.

Sibylle hatte ihrem Gemahl auch in der Zeit seiner Haft die Treue gehalten, ihn in zahlreichen Briefen Mut zugesprochen und sich wiederholt bei Kaiser Karl V. für seine Freilassung eingesetzt. Sibylle und Johann Friedrich ließen sich in Weimar nieder, wo beide im Jahr 1554 verstarben. Ihrem Wahlspruch "Als in Eren" (Alles in Ehren ) waren sie Zeit ihres Lebens treu geblieben. Ihre letzte Ruhestätte fanden sie in der Stadtkirche zu Weimar.

Die Autorin, Prof. Dr. Sabine Tanz, lehrt am Historischen Seminar der Universität Leipzig.