So mancher wollte, aber konnte (erst einmal) nicht: Am Samstagvormittag ging am Leipziger Hauptbahnhof stundenlang gar nichts mehr. Und auch der Nachbarbahnhof in Halle/Saale war dicht: Fernzüge wurden umgeleitet oder fuhren nach Erfurt zurück. Die S-Bahn fuhr gar nicht. Schneefall, Schneeverwehungen und eingefrorene Weichen, unregelmäßig fahrende Straßenbahnen, querstehende Lkw und Auffahrunfälle auf den Autobahnen bei Leipzig haben der Buchmesse am Samstag zugesetzt. Ausgerechnet am besucherstärksten Tag behinderte das Wetter Besucher und Aussteller bei der Anreise.

Fünfte Convention

Schneetreiben statt Bücherfrühling - das gab es schon lange nicht. Das miese Wetter bescherte der Messe ein Minus von 14 000 Besuchern: 271 000 statt der erwarteten 300 000 Fans kamen am Ende - die allermeisten von ihnen übrigens aus den drei mitteldeutschen Ländern. Und viele von ihnen reisten in Gemeinschaft mit anderen Bücher-Narren mit dem Bus nach Leipzig - zu Dutzenden übrigens auch aus dem Süden Thüringens. Trotz des Wetters mussten Lesungen kaum abgesagt werden, und wer am späten Samstagvormittag durch die Hallen streifte, der hatte nicht gerade das Gefühl, auf weniger Besucher als sonst zu stoßen. Im Gegenteil: Das Gedränge war riesengroß - besonders wegen Tausender Besucher der "Manga-Comic-Convention" in Halle 1. Zum fünften Mal gab es diesen Mega-Event für die vornehmlich jungen Fans von Manga, Comic und Cosplay. Die Veranstaltung wächst von Jahr zu Jahr - und bringt die Messe an ihre logistische Grenze. Denn so schön es ist, wenn sich junge Leute in verrückten Kostümen für Bücher, Comics und fantastische Welten interessieren, so störend ist die Unruhe und das Gedränge, das sie mit sich bringen. Da die Messehallen bis auf wenige Ecken komplett belegt sind, wird sich die Messegesellschaft etwas einfallen lasen müssen.

Dass sich die Buchbranche im Wandel befindet, das ließ sich gerade in diesem Jahr spüren. Zum einen zeitigten zwar über 3 600 Lesungen und 2 200 Aussteller erneut eine Rekordbeteiligung. Zum anderen aber standen auffallend wenige echte neue Titel in den Regalen der mitteldeutschen Verlage - so der subjektive Eindruck, den auch Buchhändler bestätigen. Das liege an fehlenden neuen Themen und fehlenden Autoren, klagt ein Südthüringer Verleger. Anderseits hätten neue Vergütungsregeln der VG Wort im letzten Jahr einigen Verlagen zu schaffen gemacht. Und: Es gibt all dem Messe-Rummel zum Trotz immer weniger Buchkäufer. In den letzten fünf Jahren ist die Zahl derjenigen, die überhaupt Bücher kaufen, auf 46 Prozent der Bevölkerung gesunken. Dennoch gibt sich die Branche optimistisch: Nach monatelangen Absatzrückgang und einem schwachen Weihnachtsgeschäft, den auch das E-Book betraf, geht es seit Ende Januar wieder leicht aufwärts - so der Branchenmonitor.

Über mangelndes Interesse konnten daher auch Thüringer Verleger nicht klagen. Sie beteiligten sich - wie etwa der Ilmenauer Verlag Kern - mit Lesungen am Buchmessen-Programm und luden Autoren an den Stand: Koch Felix Hofmann zum Beispiel signierte am Messestand unsere Zeitungen das Heimatlon-Kochbuch, von dem es mittlerweile schon die zweite Auflage gibt. Und der Hildburghäuser Kirchenmusikdirektor Torsten Sterzik stellte mit den Verlagen Kamprad und Breitkopf & Härtel auf der Musik-Leseinsel die von ihm bearbeitete Reformationssinfonie Mendelssohns vor. Beiden Autoren bzw. Künstlern war ihr Publikum dabei sicher.