Feuilleton Park, Picknick und Musik

Ilga Gäbler
Musik im Schloss und im Park: Der Altenstein könnte sich wieder zu einem Musenhof entwickeln. Foto: Heiko Matz

Die Altenstein-Besucher dürfen sich in dieser Saison noch auf ein letztes Sommerkonzert freuen, und schon gibt es Ideen über Ideen fürs kommende Jahr. Corona macht erfinderisch.

 
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Als vor zwei Jahren das sogenannte Trafo-Projekt der Bundeskulturstiftung startete, das Kultur im ländlichen Raum ankurbeln sollte, kamen sie näher miteinander ins Gespräch: Christian Storch und Michaela Barchevitch. Die eine ist Intendantin der Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach, der andere Chef der Bad Liebensteiner Tourist GmbH und Intendant des Comödienhauses.

Sie trafen sich damals häufiger und tüftelten an einer Bewerbung des Wartburgkreises für diese Kultur-Initiative. Punktum: Die Region ging leer aus. Was blieb, waren aber die angekurbelten Kontakte und vielgerühmten Netzwerke.

Auch ohne Trafo-Erfolg waren sich Christian Storch und Michaela Barchevitch schnell einig: Thüringen-Philharmonie und Kurstadt werden künftig besser miteinander kooperieren. Sie spannen Ideen. Diese drehten sich vor allem um das einmalige Ensemble von Landschaftspark Altenstein und dessen Neorenaissance-Schloss. "Wir wollen den Park noch besser musikalisch erkunden", umschreibt Christian Storch das Ziel.

Klangvolle Namen

Also lud er Michaela Barchevitch auf den Altenstein und nach Bad Liebenstein ein. Sie war begeistert: "Hier bilden Natur, Geschichte und Kultur eine ganz besondere Symbiose. Die Zuhörer erfahren Musik auf außergewöhnliche Weise." Klangvolle Namen von Musikern fallen ihr sofort ein, die einst auf Altenstein musizierten: Da wären Clara Schumann, Johannes Brahms, Hans von Bülow, Max Reger . . .

Da können die Philharmoniker aus Gotha alle Register ziehen. Haben sie sich doch auf ihr Fahne geschrieben, das Angebot klassischer Musik um neue Formate zu bereichern und Aufführungen an ungewöhnliche Orte zu verlegen. Von denen hat Bad Liebenstein, das älteste Heilbad Thüringens, jede Menge zu bieten. Christian Storch zählt auf: den historischen Kurpark zum Beispiel, das Comödienhaus, Palais Weimar . . . Und Altenstein natürlich.

Er und Michaela Barchevitch verabredeten zum Auftakt einen Auftritt des Gothaer Louis-Spohr-Ensembles, in dem ausschließlich Philharmoniker spielen. Doch Corona kam dazwischen. Alles wurde anders. Selbst die traditionellen Sommerkonzerte unter freiem Himmel auf Altenstein standen auf der Kippe.

Schließlich lockerte Thüringen die Regeln - unter Auflagen. Die Bad Liebensteiner Organisatoren und die Musiker der Thüringen Philharmonie atmeten auf. "Sie brannten darauf, nach der Zwangspause endlich wieder spielen zu können. Das Publikum fehlte ihnen", berichtet Michaela Barchevitch.

Flexibilität war gefragt. Kein Problem. Die Philharmoniker sagten sich: Dann tritt eben nicht das große Orchester auf, sondern kleinere Formationen. "80 dieser kleinen Konzerte haben wir ad hoc gegeben", erzählt die Intendantin. Auch auf dem Altenstein. Unterm Blätterdach alter Bäume bot dort der historische Theaterplatz eine traumhafte Kulisse. Im Nu waren die Tickets für die beiden Auftritte des Spohr-Quartetts ausverkauft. Die Premiere gelang.

"Die Thüringen Philharmonie ist ein Zugpferd. Sie bringt ihr eigenes Publikum mit und erschließt uns völlig neue Zuhörerkreise", erklärt Christian Storch erfreut. Intendantin Michaela Barchevitch spricht von Kulturtourismus. "Wir tragen die Musik sozusagen nach draußen und unser Publikum reist uns nach. Viele kennen Thüringer Orte, wo wir konzertieren, noch nicht. Auch deshalb folgen uns die Fans." Es handelt sich sozusagen um eine kulturelle Win-Win-Situation: für die Thüringen Philharmonie, die Kurstadt und für die Musik-Freunde.

Aus der losen Zusammenarbeit beider Partner ist mittlerweile mehr geworden. Eine feste Kooperation ist vereinbart. "Mindestens ein bis zwei Konzerte der Philharmoniker sollen jährlich auf dem Plan stehen", betont Christian Storch. Und im nächsten Jahr auf jeden Fall noch mehr. Denn der Altensteiner Landschaftspark präsentiert sich mit seinen einmaligen Teppichbeeten von April bis Oktober 2021 als einer der 25 grünen Außenstandorte der Bundesgartenschau (BUGA) in Erfurt.

"Während der BUGA laufen verschiedene Themenwochen. Wir werden uns kulturell und musikalisch einklinken", kündigt Christian Storch an. Und er hat sich bereits Verbündete gesucht. Dazu gehören neben der Thüringen Philharmonie die Meininger Hofkapelle und die Stiftung Meininger Museen.

Christian Storch hat eine Vision: Der Altenstein soll wieder etwas von jenem Glanz ausstrahlen, den der Musenhof der Meininger Herzöge einst hatte. Er erklärt: "Eigentlich praktizieren wir das, was die drei Fürstenhäuser in Meiningen, Weimar und Gotha seinerzeit bereits taten: Enge Beziehungen pflegen."

Netzwerk funktioniert

Im Blick hat er dabei vor allem auch die Musikhochschule in Weimar. Er selbst hat dort studiert und auch promoviert. Sein Netzwerk funktioniert noch heute. In diesem Jahr ist es ihm gelungen, Friedemann Eichhorn, den hochkarätigen Violinprofessor, mit seinem Gropius-Quartett für ein Konzert auf dem Altenstein zu gewinnen. Es wird die Sommersaison an diesem Samstagabend beschließen und ist längst schon ausverkauft.

Konzert im Schloss

Friedemann Eichhorn ist derzeit einer der renommiertesten Soloviolinisten und lehrt auch an der bekannten Kronberg Academy im Taunus. Sie fördert hochbegabte junge Musiker aus aller Welt. Für das Konzert öffnet das Altensteiner Schloss, in dem noch immer gebaut wird, an diesem Samstag wieder mal seine Pforten. Das passiert selten genug und ist deshalb für viele Musik- und Altenstein-Freunde ein ganz besonderer Höhepunkt.

Doch zurück zur Kooperation mit der Thüringen Philharmonie. Michaela Barchevitch und Christian Storch haben schon eine ganze Ideen-Liste zusammengestellt. Darauf stehen zum Beispiel Picknick-Konzerte. Statt auf Konzertstühlen sitzen die Zuschauer auf Decken im Gras und lauschen der Musik. Es gibt kein Catering, dafür Häppchen und Getränke aus dem mitgebrachten Picknick-Korb. Oder: Die Zuschauer flanieren mit Musikern durch den Park. Und die Kinder hätten ganz gewiss an einem musikalischen Open-Air-Märchen ihre helle Freude. Sogar eine Oper vor der malerischen Schlosskulisse wäre vorstellbar.

Gleichwohl, die Zuhörer dürfen gespannt sein. Denn fest steht schon jetzt: Die legere Atmosphäre unter freiem Himmel ist eine andere als die in einem Konzertsaal. Publikum und Musiker kommen einander viel näher - auch mit Abstand. Zur Freude beider.

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