Beim Verlag schlug die Nachricht von dem Preis wie aus dem Nichts ein. "Uns hat das überrascht und gefreut", sagt Luchterhand-Sprecher Karsten Rösel. Wenn sie mit einem Gewinner aus ihrem Haus gerechnet hätten, dann wäre das eher Maryse Condé gewesen, die als eine der Favoritinnen gegolten hatte. Auch Glück selbst hatte offenbar nicht mit dem Preis gerechnet.
Der Literaturkritiker Denis Scheck begrüßte die Entscheidung der Akademie. "Es ist eine Überraschung, aber keine schlechte", sagte er. Glück sei eine äußerst qualitätsvolle und in den USA sehr berühmte Lyrikerin, ihre Auszeichnung unterstreiche, welche Bedeutung die Lyrik auch im 21. Jahrhundert besitze. "Die Akademie hat sich damit einen sehr sicheren Hafen gesucht nach der Kontroverse um Peter Handke im letzten Jahr", sagte Scheck weiter. Handke war im Vorjahr als Preisträger 2019 neben der Polin Olga Tokarczuk ausgezeichnet worden, die nachträglich für das vorherige Jahr geehrt worden war. 2018 war der Literaturnobelpreis zunächst ausgefallen, weil die Schwedische Akademie in eine tiefe Krise rund um das mittlerweile ausgetretene Akademiemitglied Katarina Frostenson gestürzt war.
Die Nobelpreise sind diesmal mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (rund 950 000 Euro) pro Kategorie dotiert. Offiziell gewürdigt werden die Preisträger traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel. Die prunkvollen Preiszeremonien, auf denen die Geehrten üblicherweise ihre Medaillen und Diplome erhalten, finden in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht statt. Die Verleihung im Konzerthaus von Stockholm soll durch eine im Fernsehen übertragene Vergabe im Rathaus der Stadt ersetzt werden, auf der die Preisträger aus der Ferne zugeschaltet werden.
Die Preisvergabe an Glück und die klassische Nobelvorlesung sollten so mit einer Institution in ihrer Nähe in den USA arrangiert werden. "Wegen der Pandemie wird es nicht möglich sein, die Nobelpreisträger in diesem Dezember in Stockholm zu versammeln."