Ich bin die Mark durchzogen und habe sie reicher gefunden, als ich zu hoffen gewagt hatte." So schreibt Theodor Fontane in seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg". In diesem Satz schwingt ein Hauch von Überraschung mit, dass es in der nahen Umgebung genauso viel zu entdecken gibt wie in der Ferne. Man muss sich nur auf den Weg machen, offen sein für Begegnungen und genau hinsehen und hinhören. Genau das hat Fontane in seinem fünfbändigen Großwerk, erschienen zwischen 1862 und 1889, getan. Er war damit einer der ersten, der dem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in deutschen Regionen allmählich entstehenden Heimatgefühl einen literarischen Raum bot.

"Die Entdeckung der Heimat" heißt denn auch die große fünfteilige Fernsehreihe, die Fontanes "Heimatsender" rbb (Rundfunk Berlin Brandenburg) dem Jubilar zu dessen bevorstehenden 200. Geburtstag am 30. Dezember schenkt. Angelehnt an die fünf Bände entführen die Sendungen in die Grafschaft Ruppin, in das Oderland, das Havelland und das Spreeland sowie zu den "Fünf Schlössern". Die Fernsehmacher packen gewissermaßen ihren Fontane in den Rucksack und machen sich auf seinen Spuren auf den Weg durch das Land Brandenburg. Dabei geht es ihnen aber nicht allein darum, die von Fontane beschriebenen Orte und Landschaften "abzuklappern". Sondern sie sind neugierig auf die Menschen, die sie heute an Fontanes Schauplätzen treffen.

Zwischen Raum und Zeit

Reisebegleiter auf den Touren über Land ist der Schauspieler Fabian Hinrichs, bekannt u.a. durch seine Rolle als Kommissar Felix Voss in den Tatorten aus Franken. Hinrichs ist so etwas wie ein Wanderer zwischen Raum und Zeit, er schafft Verbindungen zwischen den besuchten Orten und den Texten Fontanes, ist mal im Gestern, mal im Heute verhaftet. Als freundlicher Conférencier führt er das Publikum durch die Schönheiten der Natur, in Schlösser und Herrenhäuser, über deren frühere Bewohner es unzählige Geschichten zu erzählen gibt, und an Ruinen, aus denen die Vergänglichkeit allen menschlichen Strebens spricht.

Auf der ersten Reiseetappe durch das Ruppiner Land nimmt die Sendung unter anderem mit in das Dorf Karwe am Ruppiner See, wo Freiherr Krafft von dem Knesebeck den alten Familienbesitz nach der Wiedervereinigung neu aufgerichtet hat. Weiter geht es nach Meseberg, wo das dortige Schloss nach aufwändiger Restaurierung heute als Gästehaus der Bundesregierung dient. Und schließlich öffnet sich der Blick auf den sagenumwobenen Stechlin, wo eine Fischerfamilie in siebter Generation ihrer archaischen Arbeit nachgeht. Dieser nicht nur wegen seiner Tiefe außergewöhnliche See sollte Fontane Zeit seines Lebens nicht loslassen und ihn am Ende seines Lebens zu seinem letzten großen Roman inspirieren.

Die filmischen Touren auf Fontanes Pfaden sind Erkundungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, die durch wunderbare Aufnahmen der Landschaften und Orte zu einem regelrechten Seherlebnis werden. Gleich möchte man sich selbst aufmachen, um die pittoresken Schauplätze selbst zu besuchen. En passant wird aus Fontanes Leben erzählt, von seiner Familie und der schriftstellerischen "Knochenarbeit", denn tatsächlich tüftelte, korrigierte und verbesserte der Autor seine Texte unermüdlich. Genauso wichtig aber sind die Begegnungen vor Ort und der Blick auf das heutige Brandenburg: Was ist aus Fontanes Zeiten geblieben und was sich verändert? Diese Fragen durchziehen als Leitmotive die fünfteilige Reihe.

Mag sein, das Reisetempo ist hier und da etwas betulich und die ausgewählten Orte spiegeln vor allem die Idylle des Landes Brandenburgs. Aber diese Akzentuierungen haben die Fernsehautoren ganz bewusst gesetzt: Sie wollen nicht durchs Land hetzen, sondern sich Zeit nehmen für Entdeckungen und Gespräche. Um die einzelnen Orte auf sich wirken zu lassen, haben sie sich für entschleunigte Erkundungen entschieden. Auf ihren Touren halten sie an, genießen Aus- und Einblicke, kehren auch mal ein, plaudern und erzählen. Gemächlichkeit ist der Schlüssel für wahres Sehen. Hektisch geschossene Instagram-Selfies gibt es auf dieser Welt schließlich schon genug.

Ein feiner Ton

Nicht zuletzt schärft diese Langsamkeit auch die Sinne für Fontanes ganz eigene Sprache. "Mich hat dieser feine Ton, die ironische Distanz, aber auch die große Nähe zu den Menschen immer fasziniert", sagt Hinrichs bei der Präsentation der Reihe. "Dieses Spielerische, bisweilen fast Burleske in seinen Beschreibungen kontrastiert die Schwere und Traurigkeit, die bei ihm ebenfalls zu finden sind - eben die ganze Bandbreite der menschlichen Existenz." Auch das zeichnet die fünf Touren in Brandenburg aus: Man kommt Land und Leuten näher, aber eben auch Theodor Fontane und seiner ganz eigenen Kunst, Orte, Menschen und Stimmungen zu beschreiben.

Die fünfteilige Reihe "Die Entdeckung der Heimat" läuft Di-Do, 17.-19. Dezember im rbb-Fernsehen (Di und Mi Doppelfolgen 20.15/ 21 Uhr, Do Einzelfolge 20.15 Uhr).