Dreißig Minuten müssen reichen für diese Geschichte. Dem Fluch dieses knappen Fernseh-Formats muss Autorin Galina Breitkreuz ihr ganzes Können entgegen setzen. Zu erzählen ist eine Geschichte, die zur Lebensgeschichte von vier Menschen wurde. Zwei Afrikaner und zwei deutsche, zwei Flüchtlinge und ein Pfarrer-Ehepaar treffen aufeinander. Damals in der DDR. Menschen, die auf den ersten Blick verschiedener nicht hätten sein können: Die beiden südafrikanischen ANC-Aktivisten Mak und Dekeledy Gwili - in Lebensgefahr sind sie vor dem Apartheits-Regime über die Grenze nach Tansania in ein Camp geflüchtet. Die DDR-Regierung lässt sie ausfliegen, bietet ihnen sicheren Aufenthalt und die Möglichkeit, einen Beruf zu lernen. Dekeledy lernt Schneiderin im Suhler Kombinat Hauswirtschaft. Mak wird in Magdeburg zum Landmaschinenschlosser ausgebildet. Sie treffen auf das Viernauer Pfarrerehepaar Christina und Eberhard Vater. Lassen sich 1988 sogar in der Viernauer Kirche trauen. Und müssen Anfang 1989 wieder zurück nach Tansania fliegen, von wo aus sie nur wenig später das Ende des Regimes in Südafrika erleben.

Es ist dies eine der vielen merkwürdigen Begebenheiten, die eben auch zur Geschichte der untergegangenen DDR gehören. Alleine das wäre einen Film wert gewesen. Doch Autorin Breitkreuz will etwas anderes erzählen: Ihr ist - als sie in alten Fotoalben blättert, sich mit den Vaters und anderen unterhält, schnell aufgefallen - dass simple menschliche Empfindungen die Brücken sind, die die vier damals zueinander bauen: Für die beiden Südafrikaner wurden das Pfarrerehepaar zum Ersatz für Vater und Mutter. Sie suchten Orientierung, brauchten einen Halt in einer völlig fremden Welt. Und die beiden Viernauer lachten sich gewissermaßen zwei weitere Kinder an - aus Überzeugung, für den nächsten, der Hilfe braucht, da zu sein.

Der Film erzählt aus jenen Tagen. Es gibt viele Fotos, gibt einen Schmalfilm von der Hochzeit. Denn die beiden ANC-Kämpfer waren keineswegs Kommunisten, wie es seinerzeit vielleicht ins offizielle Bild gepasst hätte. Sie waren Christen. Im Film besucht die Autorin beide in Südafrika, zeigt, wie sie heute in bescheidenem Wohlstand in einer jungen Demokratie leben. Und im Film erfährt der Zuschauer auch vom Wiedersehen in Viernau nach 25 Jahren. Mak und Dekeledy Gwili kehren für ihre Silberhochzeit noch einmal nach Deutschland zurück. Es sind dies natürlich Momente, die auch den Zuschauer berühren.

Und doch wird noch etwas anderes gezeigt: Die vier sind sich ähnlicher als es scheint. Denn es sind Menschen, die in ihrem Leben auf ihre Weise Haltung zeigen: Die einen, weil sie sich nicht mit der Unterdrückung abfinden und sich im ANC für ihre Freiheit engagieren. Noch heute sind Mak und Dekeledy Mitglied des ANC. Die anderen, weil sie das Schicksal von Flüchtlingen nicht kalt lässt. Heute engagieren sich beide - obwohl längst Rentner - im Netzwerk für Demokratie und Toleranz.

"Hochzeit in der DDR - Zwei Südafrikaner in Suhl" am Donnerstagabend, 14.11.2013, 22.35 Uhr im MDR-Fernsehen.