Wir Menschen, findet Margrit Ellena, kennen nur unsere eigene Welt. Wie schade! Oder besser: Wie arm wir doch dran sind! Die Welt der Tiere, ihre Gedanken und Gefühle, bleiben uns verschlossen. Meinen wir. Die Gleichamberger Autorin Margrit Ellena, die viele Jahre lang als Lehrerin und Schulleiterin in der Schweiz gearbeitet hat, ist nach Thüringen gezogen, weil sie eben gerade das nicht glaubt. Natürlich: Miteinander sprechen wie von Mensch zu Mensch - das geht mit Tieren nicht. Aber man kann sie verstehen, sogar mit ihnen reden.

"Ich habe das unbeschreibliche Glück, dass mir die verschiedensten Tiere den Zugang zu ihrer Welt öffnen", schreibt Margrit Ellena in ihrem neuen Buch "Eselin Mona träumt." Ein Glück, dass ihr nicht der liebe Gott gegeben hat, sondern mit dem sie sich jeden Tag selbst beschenkt: Achtung, Respekt und Liebe heißt die Zauberformel für diese Art Kommunikation. Jeder kann sie lernen, glaubt die Autorin, für die das Zusammenleben mit Tieren eine Art Lebensaufgabe ist. Aber nur wenige, findet sie, geben sich wirklich Mühe.

Hunde und Katzen sind beliebte Haustiere, was aber nicht unbedingt heißt, dass Herrchen oder Frauchen ein ausgesprochenes Herz für Tiere haben. Und dann gibt es ja noch die vielen Fleisch-Theken und Kühltruhen, in denen das zum Erwerb angeboten wird, was von der industriellen Tierhaltung übrig bleibt. Man muss nicht vegetarisch leben wie Margrit Ellena, sie erwartet das auch nicht von ihren Mitmenschen, aber sie möchte schon, dass der ein oder andere zumindest nachdenkt, wenn er den Einkaufswagen durch den Supermarkt schiebt. Deswegen gibt es dieses Buch - eine Einladung mit Eselin Mona auf eine Reise zu gehen. Und eine Einladung an alle, sich selbst zu beschenken, in dem sie lernen, Tiere im wahrsten Wortsinn "mit anderen Augen" zu sehen.

Ein wenig Demut täte nämlich gut, findet die Autorin. Wie sehr das Verhältnis zum Tier von Überheblichkeit und Gewalt geprägt ist, offenbare schon die Sprache: "Wenn Menschen miteinander streiten, hebt sich der Deckel, und all das, was der Mensch verantwortungs- und mutlos zulässt, entfährt im Wutausbruch über seine Lippen. So schimpft er dann einen Mitmenschen: verdammte Drecksau, dumme Gans oder elender Sauhund." Und verrät dabei, wie er wirklich über Tiere denkt. Ist es verwunderlich, wenn Tiere erst einmal Angst vor Menschen haben? Die Angst ist ein zentrales Element im Buch von Margrit Ellena. Sie sieht und spürt sie bei Tieren. Wer ihr das nicht abnimmt, der möge selbst einmal ein Tierheim oder eine Tierauffangstation besuchen - auch hierzulande.

Im Buch lässt die Autorin Esel-Dame Mona sprechen. Aus ihrer Perspektive ist die Geschichte "Wenn Mona träumt" geschrieben. Eine fiktive Reise von ihrem sicheren Zuhause bei Esel-Sohn Kimi, drei Hunden, zwei Gänsen und mehreren Hühnern in Gleichamberg, wo sie von "Menschenmama" Margrit umsorgt wird, in die Welt. Dort lernt sie Pedro kennen, einen Jungen, und Luna, ein Affenmädchen, das aber zunächst nur die Nummer "328" trug. Sie begegnet dem Ferkelchen Flora, und dem Jagdhund Amor, der Kuh Elsa, einem Kaninchen und sogar Hühnern.

Eine lustige Truppe findet sich da zusammen, und es könnte wirklich ein wenig so sein wie im Märchen - wären da nicht die Geschichten, die jedes der Tiere mit sich herumträgt: Das Äffchen Luna musste Tierexperimente über sich ergehen lassen, der Jagdhund Amor angeschossenen Rehen hinterher hetzen, das Ferkelchen konnte aus der Schweinemast entfliehen, das Huhn aus der Legefabrik - und das Küken, ja, das dürfte gar nicht da sein, denn es ist als männliches Exemplar nach der Vorstellung der Menschen gar nicht seines Lebens wert.

Monas Traum - das ist eine traurige, eine ziemlich aufwühlende Geschichte. Sie klagt Menschen an, die Tieren wissentlich Leid zufügen. Und auch jene, die das stillschweigend in Kauf nehmen. "Der Mensch akzeptiert den würde- und respektlosen Umgang" mit den Tieren, sagt Mona. "Wir entziehen uns unserer Verantwortung", sagt Margrit Ellena. Dagegen schreibt sie mit diesem Buch an. Wer die Geschichte auf den ersten Blick für naiv hält, der wird beim Lesen schnell nachdenklich: Der Perspektivenwechsel ermöglicht es der Autorin, berührend zu erzählen. Niemand kann wirklich kalt lassen, wenn ein Ferkel erzählt: "Meine Pflicht ist es, zu fressen, schnell groß und dick zu werden - um getötet und von den Menschen aufgefressen zu werden. Dafür vegetiere ich mit unzähligen Ferkeln Tag und Nacht vor mich hin - ohne Geschwister, ohne Freunde, ohne Lebenssinn - dafür aber mit Stress und Langeweile, ein Leben in Dunkelheit und Dreck." Es gibt einige solche Stellen in dem Buch, und sie muten dem Leser einiges zu. Nämlich, einen Appell an sein Gewissen.

Etwas empfinden, sich klein machen, Mensch sein - immer wieder. Margrit Ellena versucht dem Leser eine Welt zu eröffnen. Sie fordert nicht, kein Schweinefleisch mehr zu essen, aber doch den Schweinen erst einmal ein Leben zu ermöglichen. Ein hoffnungsloses Unterfangen in der modernen Industriegesellschaft? "Zum Glück gibt es heute noch - und es wird sie bestimmt auch morgen noch geben - Menschen, die sowohl Menschen als auch Tiere verstehen", legt die Autorin ihrer Eselin in den Mund. Um am Ende der Geschichte den Leser dann doch zu fragen: "Wirst Du, liebes Menschenkind, zu meinem Hoffnungsträger?" Das Buch, möchte man antworten, ist dafür keine Garantie. Aber so etwas wie eine Anleitung zum Glücklichsein.

Das Buch "Eselin Mona träumt" (mit eingelegter Lied-CD) ist in den Geschäftsstellen unserer Zeitung oder im Buchhandel erhältlich. Die Autorin, Margrit Ellena, schreibt die Kolumne "Monas Eseleien" für diese Zeitung.