Wieder ein neues Buch von Martin Walser: Mit "Mädchenleben oder die Heiligsprechung" hat der 92-Jährige eine Idee umgesetzt, die er schon 1961 in seinen Tagebüchern notiert hatte. Fast 60 Jahre später ist daraus ein schmales Büchlein geworden, das Walser selbst als "Legende" bezeichnet. Und tatsächlich - als Roman lässt sich die Geschichte nicht so recht bezeichnen, nur angedeutet ist die Handlung. In deren Zentrum steht Sirte, ein ungewöhnliches Mädchen, das bei Sturm in den See rennt und in einem zahmen Raben ihren engsten Vertrauten sieht. Den größten Teil des Buches nimmt die Beschreibung von Sirte ein - voll mit den typischen Walser-Sätzen, denen man sich als Leser nur schwer entziehen kann.

Hinzu kommen Gedankenfetzen, Überlegungen und religiöse Einsichten von Sirte selbst. Doch trotz der fragmentarischen Erzählweise und dem Nicht-Vorankommen der Handlung zieht das Büchlein einen in Bann - und die nicht einmal 100 Seiten sind schnell gelesen. Walser ist nicht nur einer der bedeutendsten Schriftsteller, sondern auch sehr produktiv. Allein beim Verlag Rowohlt erschienen 19 Bücher. Schreiben sei für ihn wichtiger als das Sprechen, sagte der Autor bei der Vorstellung seines Romans "Spätdienst". Es sei für ihn eine Urgewohnheit. "Schreiben ist das einzige, das ich von selbst tue, ohne dass ich muss." dpa