Kennen Sie Axel Krause? Nein? Ich kannte ihn auch nicht. Axel Krause ist der deutsche Maler, der dadurch berühmt wurde, dass er nicht ausstellte. Nicht ausstellen durfte. Den ersten Ruhm gewann Krause, der irgendwie der Neuen Leipziger Schule zugerechnet wird ohne je von sich reden gemacht zu haben, den ersten Ruhm also gewann der bis dahin nur Insidern bekannte Maler, als seine Leipziger Galerie sich im vergangenen Jahr von ihn trennte. Denn, so hieß es, sie wolle seine politischen Haltungen nicht mit tragen. Dabei, das hätte sie gar nicht gemusst, denn diese Haltung kommt in den zum Teil surrealistischen Bildern nicht vor. Sie kommt vor in seinen Statements in den sozialen Medien. Dort prangert er die "illegale Massenmigration" an, dort nennt er die AfD ein "begrüßenswertes Korrektiv im maroden Politikbetrieb". Der Autor etwa hält die AfD für eine marode Erscheinung, der Maler Axel Krause jedoch fühlt sich, wie etwa der Schriftsteller Uwe Tellkamp, der AfD verbunden - und das ist ihr gutes Recht, nicht nur juristisch.

Ein bekannter Mann

Doch es sieht so aus, als gäben sie sich in Leipzig alle Mühe, um das Verdikt vom "Meinungskorridor", von der "Gesinnungsdiktatur" zu bestätigen. Und um den vorab nur Eingeweihten bekannten Maler so richtig berühmt zu machen. Axel Krause verkauft seither so viele Bilder wie nie zuvor. Er könne, sagte der 60-jährige, gar nicht so schnell malen wie er verkaufen kann. Und das verdankt er denen, die nichts mit ihm zu tun haben wollen.

Gestern nun wurde die traditionsreiche Leipziger Jahresausstellung doch noch eröffnet. Zunächst hatte die Jury des veranstaltenden Vereins Krause zu dieser Ausstellung eingeladen. Dann gab es, was die Veranstalter überraschenderweise überraschte, Debatten darüber, die einen wollten nicht mit Krause gemeinsam ausstellen, die anderen wollten dann die politische Differenz zum Thema machen. Der Verein, in dieser Situation offenkundig verunsichert und hilflos agierend, sagte daraufhin, um sich nicht positionieren zu müssen, die gesamte Ausstellung ab, was wiederum Proteste nach sich zog. Und nun, wie gesagt, findet die Ausstellung doch statt. Zwar, ohne Axel Krause, aber der braucht sie auch nicht mehr, denn nachdem seine Galerie ihn kündigte, seitdem die Leipziger ihn nicht ausstellen ist er ein bekannter und, wenigstens zeitweise, auch ge-machter Mann. Wer sich daran stört, der darf das nicht ihn vorwerfen, sondern denen, die ihn dazu machten. Und wir wissen wieder einmal, dass wir in schwierigen Zeiten leben.

Wenn gilt, dass die AfD mit ihrem Denken zunehmend Räume in der Mitte der Gesellschaft gewinnt und besetzt, dann gilt das auch für Teile der Intellektuellen, der Künstler - wenngleich wohl in deutlich geringerem Maße. Und so wie man die Wähler der AfD, die ja, was immer man von ihnen halten mag, nicht automatisch Rechte sind oder gar Rechtsradikale, nicht ausblenden, nicht verschwinden lassen kann, so wenig kann man das mit Künstlern, mit Intellektuellen. Wir müssen uns einfach daran gewöhnen, nein, nicht nur gewöhnen, wir müssen respektieren, dass der öffentliche Raum kein politisch korrekter Cleanroom ist. Denn darüber, was den öffentlichen Raum prägt, was und wer darin statt-findet, darüber bestimmen am Ende nicht die Gremien, nicht die Studierendenräte, nicht die Gedichtabkratzer, nicht die Bilderabhänger und auch nicht die Verfasser von Kommentaren, wie dieser einer ist. Darüber entscheiden die Leute, die mehrheitlich in diesem Raum, in unserer Gesellschaft also, leben, darüber entscheiden zunehmend die sozialen Medien in einer zum Teil hemmungsfreien, erschreckenden Brutalität. Allerdings, je mehr strittige Themen, etwa und vor allem die Flüchtlingsproblematik in all ihren Facetten, in der gleichsam offiziellen Öffentlichkeit ausgeblendet bleiben, so brutaler begegnen sie uns im Netz.

Vermeintliche Märtyrer

Natürlich ist es das gute, auch moralisch gesehen, Recht eines Künstlers, zu entscheiden, mit welchem anderen Künstler er nicht in einer Ausstellung gesehen werden möchte, auch das ist Teil der Kunstfreiheit. Und natürlich hat auch jede Jury, jeder Veranstalter das Recht, ein- und auszuladen wen immer man will. Nur klug ist es nicht - und demokratisch ist es auch nicht. Wenn die Zugangsberechtigung eines Künstlers zu einer Ausstellung künftig auch aus einer Art von Gesinnungsprüfung gebildet wird, deren Untersuchungsfeld außerhalb seiner Kunst liegt, dann wird das nicht gut sein für die Debatten im Lande. Dann wird das tatsächliche oder vermeintliche Märtyrer schaffen, die ständig berichten können und werden, wie sehr der Mainstream sie ins Abseits drängt - und je stärker das geschieht, so mehr werden sie selbst zum Mainstream.

Es gibt Themen und Thesen, da dürfen, da müssen wir, da sollte die Gesellschaft mehrheitlich kompromisslos sein und jeden der sie vertritt, jenseits der juristischen Aspekte, in ein gesellschaftliches Abseits stellen, dazu gehört jedes Kokettieren mit den Inhalten und der Begrifflichkeit des 3. Reiches, wie es etwa Björn Höcke zu Teilen pflegt. Was darunter liegt, das müssen wir wohl nicht akzeptieren, aber ertragen lernen. Es sei denn, wir wollen Höcke und seinen Leuten weitere Anhänger zutreiben.