Die Nacht vom 5. zum 6. Februar 1919 in Weimar im Gasthaus "Zum Schwarzen Bären". Das ist ziemlich heruntergewirtschaftet und marode, trotzdem voll. Wie die ganze Stadt, weil die Deutsche Nationalversammlung sich am 6. Februar konstituieren will. Vor dieser historischen Folie entwickelten Kai-Ivo Baulitz (Text) und Dietrich Eichmann (Musik) im E-Werk des Deutschen Nationaltheaters das Stück "Schwarze Bären oder die Erfindung der Republik!" für acht Schauspieler und Sänger. Im Untertitel ist von einer "musikalischen Wirtshauskomödie" die Rede, das ist absichtsvoll desorientierend.

Einschläfernd

Jedoch: Autor und Komponist haben nichts zu erzählen, entwerfen keine kantigen Charaktere, schaffen keine Spielanlässe. Hausregisseur Enrico Stolzenburg, findet keinen Spielrhythmus, kann die Schauspieler und Sänger nicht fordern, aus dem Fragment noch etwas zu machen. Autor und Komponist improvisieren mit Texten und Tönen, bedienen sich im Steinbruch der Geschichte. Die im Wirtshaus gestrandeten Menschen klagen über ihr Schicksal, reden über ihr Weltbild, warten auf das, was da im Weimarer Nationaltheater passieren wird. Die ersten 45 Minuten von fast zwei Stunden wirken einschläfernd auf das Publikum, wie ein mehrfacher Rundumblick zur Uraufführung letzten Sonntag zeigt.

Das Personal stellt sich auf der Bühne vor. Jeder und jede redet allein, ermüdende Monologe, oft langweilig vorgetragen. Mit zwei Ausnahmen. Elke Wieditz als Gräfin gelingt es über ihr ausgezeichnetes Sprechen, das Tragische und Komische der Figur deutlich zu machen. Bernd Lange spielt den Abgeordneten Schmolke als bürokratischen Intellektuellen, immer ein Buch oder einen Aktenordner zur Hand, um die Republik auf ein geistiges Fundament zu stellen.

Randfiguren

Die Anderen bleiben, mehr oder weniger, Randfiguren, Karikaturen, Langweiler. Heike Porstein kann wirklich hervorragend singen, wenn sie mal singen darf. Ihr Fräulein Lasinger, Freigeist und Nudistin, bleibt dennoch eine unglaubwürdige Figur. Der koreanische Dissident Jaesig - Jaesig Lee spielt sich selbst - singt schwer verständliche Sätze, die auf Tafeln als Untertitel in die Gegend gehalten werden. Alles, nur nicht komisch, ist das.

Diese Nacht im "Gasthaus zum Schwarzen Bären", diese Inszenierung, ist wie ein schlechter Traum. Man möchte schnell aufwachen und schnell vergessen. Die guten Schauspieler und Sänger werden benutzt. Zur Freiheit in der Demokratie gehört die Freiheit der Kunst. Scheitern gehört zur Kunst. Sie sind gescheitert, der Autor und der Komponist. Und auch der Regisseur. Also geht ins Weimarer Stadtmuseum, da wird in der Ausstellung eine gute Geschichte über die Weimarer Nationalversammlung erzählt und inszeniert.

"Schwarze Bären oder Die Erfindung der Republik!" am DNT Weimar - nächste Vorstellungen: 30. Mai, 12./29. Juni, 9. Juli