Die große alte Dame wird 70: Am 28. August 1949 hat sich die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Frankfurt selbst proklamiert - dem 200. Geburtstag Goethes. Sie vergibt seit 1951 jedes Jahr den renommiertesten deutschen Literaturpreis, den Georg-Büchner-Preis - in diesem Jahr übrigens an den Dramatiker und Erzähler Lukas Bärfuss.

Gegründet wurde die Akademie schon am 14. März 1949 in Hamburg. Auf dem Ersten Deutschen Schriftstellerkongress 1947 im sowjetischen Sektor Berlins war die Forderung nach einer Institution aufgekommen, die alle deutschen Autoren einen und der Literatur öffentlichen Einfluss sichern könnte. Es war der letzte Kongress, an dem auch die Autoren der späteren DDR teilnehmen konnten. Schon im Jahr darauf verweigerten die ostdeutschen Behörden ihnen die Interzonenpässe.

Sprachkritiker Oskar Jancke ging im Mai 1948 dann mit der Gründungsidee an die Öffentlichkeit. Nach dem Missbrauch der Sprache unter den Nationalsozialisten sollte dem "Sprachgewissen" wieder aufgeholfen werden. Heute kaum vorstellbar: Der erste Akademie-Präsident Rudolf Pechel konnte sich angesichts der Gräben zwischen Exil-Autoren und Daheimgebliebenen nicht überwinden, dem Emigranten Thomas Mann 1950 zum 75. Geburtstag zu gratulieren. Kurz vor seinem Tod 1955 wurde Mann doch noch zum Ehrenmitglied ernannt.

"Club von Autoren"

Als Schriftsteller Hermann Kasack 1953 die Präsidentschaft übernahm, wurden die internen politischen Grabenkämpfe eingestellt. In ihrer Satzung von 1966 heißt es: "Sie setzt sich zum Ziel, das deutsche Schrifttum vor dem In- und Ausland zu vertreten." Kasack hatte vom "Gewissen der Nation" gesprochen. Man wollte eine Vereinigung von Schriftstellern sein, die für das Ansehen der deutschen Literatur repräsentativ waren und damit eine Verantwortung wahrnehmen.

Ein "Club von Autoren" also, wie der Frankfurter Schriftsteller und Büchner-Preisträger von 2007, Martin Mosebach, sagt. Für ihn sei das Zusammenkommen von Autoren gegensätzlicher Strömungen am wichtigsten, erklärt er. Mit der hoheitlichen Funktion der Sprachregulierung sei die Deutsche Akademie, anders als die Académie Francaise, zwar nicht ausgestattet. Dafür habe sie sich aber in der Rechtschreibdebatte außerordentlich bewährt: "Dank der aufopfernden Arbeit von Philologen hat sie den Ministerialbeamten Millimeter für Millimeter an Boden abgerungen."

"Eine Vereinigung von Schriftstellern, Übersetzern und Gelehrten des In- und Auslandes, die sich der deutschen Sprache und Literatur verpflichtet fühlen", so nennt Präsident Ernst Osterkamp seine Akademie, die seit 1971 im Darmstädter Glückert-Haus auf der Mathildenhöhe logiert. Der Literaturwissenschaftler von der Berliner Humboldt-Universität fasst die Schwerpunkte so zusammen: "Sachkundige Begleitung der Sprachentwicklung, Förderung und kritische Begleitung des literarischen Lebens, Beitrag zur auswärtigen Kulturpolitik und zum Kulturdialog, Verantwortung für das literarische Erbe wie für die Bildung künftiger Lesergenerationen."

Dazu gehört auch der Große Diktat-Wettbewerb, an dem Schüler, Eltern und Lehrer an verschiedenen Orten Deutschlands teilnehmen. Damit will die Akademie auf heitere Weise Sprachkultur vermitteln und die Freude an der deutschen Sprache wachhalten.

Zum Budget der Akademie steuert die öffentliche Hand laut Osterkamp 60 bis 70 Prozent bei. Die Akademie vergibt auch den Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay, den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa, den Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung und den Friedrich-Gundolf-Preis für die Vermittlung deutscher Kultur im Ausland.

Tour durch Europa

Insgesamt hat die Akademie 192 ordentliche und drei außerordentliche Mitglieder. Einige von ihnen bemühen sich, vergessene Literatur wieder ins Gespräch zu bringen - wie die Werke der österreichischen Autorin Hermynia zur Mühlen (1883-1951), die der Literaturkritiker Ulrich Weinzierl in vier Bänden herausgibt.

Und zurzeit präsentieren Büchner-Preisträger Jan Wagner und sein Kollege Federico Italiano auf einer "Grand Tour" die junge unbekannte Lyrik Europas von Albanien bis Zypern. Die nächsten Lesungen sind in Erlangen, Lemberg in der Ukraine und in Rom, im nächsten Jahr folgen Köln, Danzig und Kopenhagen.

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