Günter Grass hat immer auch Kritiker auf den Plan gerufen. Wir sprachen mit dem Berliner Verleger Klaus Bittermann.

Herr Bittermann, Sie haben einen Band mit Polemiken etwa von Wiglaf Droste und Hendrik M. Broder gegen Günter Grass herausgegeben. Warum?

Klaus Bittermann: Grass ist einer der größten Kulturbetriebsintriganten. Zu seinem 80. Geburtstag muss man ihn entsprechend würdigen.

Intrigant heißt, im Hintergrund die Strippen ziehend.

Bittermann: Das hat er ein Leben lang getan. Dass er bei der SPD war, hat ihm nicht geschadet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er allein durch sein schriftstellerisches Talent so erfolgreich wurde. Weil er das gar nicht hat. Es mag Ausnahmen geben. Manche streiten, ob die „Blechtrommel“ ein großer Roman war. Die letzten Bücher sind jenseits von gut und böse.

Kritiken und Verkäufe von „Beim Häuten der Zwiebel“ waren nicht schlecht.

Bittermann: Weil er den Nobelpreis gewonnen hat und das Feuilleton ihn immer würdigte als großen deutschen Autoren. Jetzt kann man ihn nicht zerreißen. So selbstkritisch ist das Feuilleton dann doch nicht. Dass er den Preis gewonnen hat, ist ein großes Missverständnis. Die Leute denken, er könne tatsächlich Literatur schreiben.

Warum hat ihn denn sonst bekommen?

Bittermann: Weil er als Kulturprofi weiß, wie der Betrieb funktioniert und wie man am besten klappert, um gehört zu werden.

Warum stoßen Sie sich so an Grass?

Bittermann: Es gibt ja viele Leute, die nicht schreiben können und sich Schriftsteller nennen. Das ist okay. Aber Grass bestimmt den Kulturbetrieb. Er schreibt irgendwas zusammen und das Feuilleton steht Gewehr bei Fuß. Anschließend fühlt er sich als verfolgter Autor, weil es die eine oder andere kritische Stimme gab. Das ist so absurd. Niemand bekommt größere Aufmerksamkeit als er.

Sollte sich ein Schriftsteller denn weniger politisch äußern, als Grass das tut?

Bittermann: Deutschland ist ein freies Land. Jeder kann seine Meinung sagen. Ich stelle nur fest, dass sich schon viele Schriftsteller um Kopf und Kragen geredet haben. Ich mag das auch deshalb nicht, weil politisches Engagement viel mit Taktik zu tun hat. Seht her, ich bin der Autor, der die gute Sache vertritt, jetzt kauft auch meine Bücher. Ich finde, das sollte man strikt trennen. fh

Klaus Bittermanns „Literatur als Qual und Gequalle. Über den Kulturbetriebsintriganten Günter Grass“ erschien in der Edition Tiamat und kostet 12 Euro.