Polizeiruf 110 "Im Schatten" - am Sonntag, 20.15 Uhr, im Ersten gesehen

So intensiv vertieft in den Fundort eines Mordopfers war Bukow (Charly Hübner) schon lange nicht mehr. Und so betrunken wie mit LKA-Kollegin König (Anneke Kim Sarnau) auch nicht. Nach einer missglückten verdeckten Ermittlung geben sich die beiden Kommissare ausgiebig die Kante. Das Erwachen ist geprägt von Kopfschmerzen und dem Entsetzen über den Mord an Einsatzleiter Angerer, der erschossen unter den Autobahnbrücken liegt. Kein schöner Anblick für den verkaterten Bukow.

Dem Zuschauer bietet der 14. Rostocker Polizeiruf "Im Schatten" packende Momente - zumindest zu Beginn. Noch aufgewühlt vom Thrill des verpatzten Zugriffs am Hafen schwenkt Regisseur Philipp Leinemann schnell um in Romantik mit Beinah-Kuss - zugegeben etwas verlallt und einseitig, deswegen aber nicht weniger klar in der Absicht - um dann zum Drama überzugehen, das Familiensinn, Karriereträume und Enttäuschungen umfasst.

Mit viel Gespür und Respekt für seine Figuren und ihre Probleme setzt Autor Florian Oeller das Rostocker Team, unterstützt von der emotional angespannten Jana (Elisabeth Baulitz), in den Fokus seines Kriminalfalls. Zwischen Bukow und König fängt eine zarte Flamme zu züngeln an, die vom mörderischen Drogenhandel eines überheblich agierenden kalabrischen Mafiaclans und der eigene Kräfte zehrenden Polizeiarbeit schnell zugeschüttet wird. In den Blicken allerdings, die zwischen beiden hin und her gehen lässt sich ein schwaches Weiterglimmen erahnen, untermauert durch Bukows flapsiges "Und wann finden wir endlich zusammen?" Bukow ist zudem seelisch stark angeschlagen. Seine Kinder entfremdet, sein Vater schwer krank und seine Ehe am Ende - woran Kollege Thiesler (Josef Heynert) bekanntlich nicht ganz unschuldig ist. König muss das Wiedersehen mit einem alten Peiniger ertragen und träumt von einer Karriere in Berlin.

Autor Oeller lässt die Gefühle zwischen Bukow und König weitgehend unausgesprochen und verdichtet kaum wahrnehmbar Misstrauen und den bröckelnden Zusammenhalt innerhalb des Teams. Regisseur Leinemann fängt diese Atmosphäre in düsteren Nebelbildern ein, zeichnet ein belastetes Polizisten-Quartett, das letztlich geeint den Kampf gegen einen ungleichen Gegner aufnimmt und sich der "Krake" Mafia in den Weg stellt, deren Fangarme längst die polizeilichen Behörden erreicht haben.

Kommissar Bukows stille Blicke durchziehen diesen Fall wie ein Leitmotiv: Ungläubig zu Beginn, unberechenbar zum Ende. Seine Geschichte und die vom Rostocker Polizeiruf-Team ist noch lange nicht auserzählt.