Er war einer, dem die Leute gerne zuschauten. Schon zu DDR-Zeiten galt er als Star - erst am Theater, dann im Kino. Mit Filmen wie "Good Bye, Lenin!", "Boxhagener Platz", "Nachtgestalten" und "Oh Boy" wurde er zum Publikumsliebling. Auch im Fernsehen war er oft zu sehen - ob im "Tatort", bei "Bella Block" oder in "Donna Leon". Gwisdek sagte: "Komödie ist das Schwerste." Aber er sei nicht festgelegt. "Charakterdarsteller würde ich gerne genannt werden."

Privat waren Michael Gwisdek und die Schauspielerin Corinna Harfouch viele Jahre ein Paar. Sohn Robert wurde ebenfalls Schauspieler, Sohn Johannes Komponist. Später lebte Gwisdek mit seiner Frau, der Drehbuchautorin und Schriftstellerin Gabriela Gwisdek, auf dem Land vor den Toren Berlins. Er rauchte gerne und züchtete Kois.

Der 1942 geborene Gastwirtssohn aus Berlin-Weißensee lernte das Schauspielhandwerk an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" - wie viele prominente Kollegen. Mit dem Kino erfüllte sich ein Traum seiner Jugend. In den Fünfzigerjahren zog es ihn, wie damals viele Ost-Berliner, bei Ausflügen im kleinen Grenzverkehr nach West-Berlin zum Filme gucken.

Gwisdek spielte in den Sechzigern und Siebzigern an verschiedenen Theatern in der DDR. Sein komödiantisches Talent brachte ihm bald Rollen im Kino ein. Entscheidend waren zwei Arbeiten: Die Literaturverfilmung "Dein unbekannter Bruder" (1982) und das Boxer-Drama "Olle Henry" (1983). Beide Filme gefielen den Zensoren nicht. Das Publikum aber, darin geübt, zwischen den Zeilen zu lesen, feierte die Filme und den Hauptdarsteller. "Für uns war das toll, aufregend, ungewöhnlich", so Gwisdek. "Aber es war einfach auch schlimm, nicht sagen zu können, was man dachte."

Diese Situation prägte sein Regiedebüt "Treffen in Travers" (1988), mit seiner damaligen Frau Corinna Harfouch und ihm selbst in den Hauptrollen. Gwisdek verlegte die Auseinandersetzung mit der Ausgrenzung Andersdenkender ins historische Gewand. Das Publikum verstand den Gegenwartsbezug des aufmüpfigen Kostümdramas aber sehr genau. Damit wurde Gwisdek zum Idol all jener, die sich nicht mehr widerspruchslos anpassen wollten.

Nach dem Fall der Mauer erfüllte sich sein Traum, über den roten Berlinale-Teppich zu gehen. 1999 erhielt Gwisdek einen Silbernen Bären als bester Hauptdarsteller in Andreas Dresens "Nachtgestalten". Seine Trophäen-Ausbeute war groß und reicht vom Deutschen Filmpreis über den Deutschen Fernsehpreis bis zum Grimme-Preis.

Gwisdek konnte auch unbequem sein. Sein ZDF-Film "Schmidt & Schwarz" (2011) gefiel ihm nicht. Das sagte er auch laut. Das war ungewöhnlich, weil Gwisdek in der Krimikomödie - neben Corinna Harfouch - die Hauptrolle spielte und seine Frau Gabriela das Buch geschrieben hatte. Auch mit weit über 70 hatte Gwisdek noch viel zutun. In einer Krimi-Serie auf ZDFneo ("Dead End") spielte er den Leichenbeschauer Dr. Peter Kugel. In Lars Kraumes DDR-Drama "Das schweigende Klassenzimmer" gab er den Westradio hörenden Onkel. Mit Henry Hübchen und Thomas Thieme drehte Gwisdek die Komödie "Kundschafter des Friedens". Seine Beobachtung mit Mitte 70: "Ick komm‘ nicht dazu, Rentner zu sein."

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke würdigte Gwisdek einmal als "Original mit Herz und Schnauze". Er sei "ein Alleskönner, der sowohl in komischen als auch in melancholischen Rollen glänzt." Das werden viele Zuschauer wohl genauso sehen.