Es ist ein merkwürdiges schwarzes Ding, das sich den Passanten am Beginn der Meininger Fußgängerzone seit einigen Wochen in den Weg stellt. Eine Säule, gut und gerne doppelt mannshoch, eingepackt und mit einem breiten roten Band versehen. "21. März 2013" steht darauf. Am Donnerstag also. Jener Tag, an dem sich der Geburtstag eines gewissen Johann Paul Friedrich Richter aus Wunsiedel zum 250. Mal jährt, welcher der Nachwelt besser unter dem Namen Jean Paul bekannt ist. Und welcher von Juni 1801 bis Juni 1803 in jenem Bürgerhaus wohnte, vor dem nun das Säulen-Ungetüm steht.

25 solcher stattlicher Litfaßsäulen stellen sich in Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und der Tschechischen Republik Passanten in den Weg. Immer dort, wo Jean Paul einst lebte, lernte, arbeitete oder liebte. Hindernisse sollen sie nicht bleiben, vielmehr Achtungszeichen werden für einen Schriftsteller, der schon zu seinen Lebzeiten Verehrer und Kritiker zu spalten verstand. Stehenbleiben sollen die Menschen an den Säulen, mehr über Werk und Wirken des Franken an diesem Ort und überhaupt erfahren. Wenn denn die Hüllen erst einmal gefallen sind.

In Meiningen wird dies ab 11.30 Uhr geschehen. Die "Geburtstagsfeier für Herrn Jean Paul" startet am Denkmal des Autors im Englischen Garten, wird mit Darbietungen auf dem Markt fortgesetzt, endet schließlich an der Ecke Georgstraße/Fritzestraße mit der Präsentation der Säule. Gestaltet wird das Programm mit Musik, Schauspiel und Aphorismen von Schülern der Stadt. Jean Pauls Literatur in den Mittelpunkt rückt dann am Abend ab 19.30 Uhr eine musikalische Lesung im Literaturmuseum Baumbachhaus.

Kein Wohnort des Schriftstellers, aber mehrfach von ihm besucht, ist Ilmenau. Dort wird die Litfaßsäule um 12 Uhr in der Lindenstraße enthüllt. Dabei dürfte die Sprache auch auf die Verlobung Jean Pauls mit Caroline von Feuchtersleben kommen, die er bei einem Treffen in der Goethe-Stadt anno 1800 löste. Nur ein Jahr zuvor hatten ihn die glühenden Briefe der jungen Adeligen nach Hildburghausen gelockt, wo eine dritte Säule auf dem Marktplatz steht. Sie wird um 14 Uhr vorgestellt. "Jean Paul in Hildburghausen" thematisiert Klaus Brückner ab 19.30 Uhr mit einem Vortrag im historischen Rathaus der Stadt.

Geburtsstube restauriert

Literaturfreunde, denen es in den kommenden Monaten gelingt, nicht nur diese drei Säulen-Standorten, sondern auch die übrigen 22 - darunter Coburg, Weimar, Gotha und Jena - zu besuchen, dürften ein recht umfassendes Bild des Verfassers der Romane "Hesperus" und "Die unsichtbare Loge" erhalten. Zeit für den etwas aufwendigeren Ausstellungsbesuch bleibt bis zum 14. November. Am Todestag Jean Pauls werden die Säulen wieder aus den Innenstädten verschwinden.

Zu hören und zu sehen gibt es aber auch dann noch einiges vom Schöpfer so schöner Wörter wie Gänsefüßchen, Schlafrock, Weltschmerz oder Schmutzfink. Etwa im evangelischen Pfarrhaus in Wunsiedel, wo der Autor am 21. März 1763 in ärmlichen Verhältnissen zur Welt kam. Und zwar genau um 1.30 Uhr. Zu dieser frühen Stunde wurde heute Morgen seine Geburtsstube nach umfassender Restaurierung wiedereröffnet. Über eine Medienstation können künftig Filme und Musik über Jean Paul abgerufen werden.

Ebenfalls nachhaltigen Eindruck über das Jubiläumsjahr hinaus wird der sprachgewaltige Frauenschwarm in Hof hinterlassen, der Stadt seiner Schulzeit, in die er 1794 noch einmal für zwei Jahre zurückkehren sollte. 300 seiner Zitate werden künftig in den Schaufenstern Hofer Läden zu lesen sein. Zudem wird das Konterfei Jean Pauls bald die Reisenden auf Schildern entlang der Autobahnen in Oberfranken begrüßen. Ein erstes wurde am Dienstag an der A 70 nahe Bamberg aufgestellt.

Wer mehr über jene Jahre erfahren möchte, in denen der Schriftsteller ein vorübergehendes Zuhause in Meiningen fand, dem sei ein Besuch des dortigen Literaturmuseums empfohlen. Auf Dauer bleiben wollte Jean Paul nicht, auch wenn Herzog Georg I. damals noch so eifrig dichtete: "Sie sollen hier bleiben und schreiben und sollen haben an Gaben Freiporto für Bayreuther Bier, nicht weniger ein Freiquartier, nebst Büchern die sie lesen wollen."

Bücher zum Jubiläum

Thomas Wirtz / Kurt Wölfel: "Jean Paul - Ideen-Gewimmel.
Texte & Aufzeichnungen aus dem unveröffentlichten Nachlaß",
Die Andere Bibliothek 2013,
304 Seiten, 19 Euro.

Helmut Pfotenhauer: "Jean
Paul - Das Leben als Schreiber. Biographie", Hanser Verlag 2013, 512 Seiten, 27,90 Euro.