Erich Kästner, Alfred Kerr, Kurt Tucholsky, Heinrich Heine, Frank Wedekind, Friedrich Hollaender, Sigmund Freud, Arthur Schnitzler, Ilja Ehrenburg, Franz Werfel, Egon Erwin Kisch - und auch Klaus Mann. Die Liste aller Autoren, die der Aktion "Wider dem undeutschen Geist" am 10. Mai 1933 und den zahlreichen Säuberungen und Flammenorgien in den darauffolgenden Wochen zum Opfer fielen, bleibt unvollständig bis zum heutigen Tag. Bezeugt sind rund 90 Bücherverbrennungen im ganzen Land, die sich im nationalsozialistischen Geist gegen "undeutsches Schriftgut" richteten. In Berlin begleitete Reichspropagandaminister Joseph Goebbels die Verbrennungsaktion bekanntlich mit einer Schmährede. Und schon ein Jahr später standen hunderte Autoren und tausende Titel auf schwarzen Listen, waren die gebrandmarkten Bücher aus unzähligen Bibliotheken aussortiert und tonnenweise vernichtet worden.

An diese Barbarei 80 Jahre später wieder erinnern, weil Erinnern noch immer das beste Mittel gegen neuerlichen Ungeist ist, das war gestern Anliegen der beiden Thüringer Schriftsteller Hendrik Neukirchner und Landolf Scherzer. Im Zella-Mehliser Schauburg-Kino lasen sie vor Schülern der elften Klassen des Suhler Gymnasiums und interessierten Zuhörern aus Werken von Klaus Mann. Der zweitälteste Sohn Thomas Manns, ein "wirrer Schriftsteller", ein erklärter Gegner des Nationalsozialismus, der ein äußerst wechselvolles Leben bis zu seinem frühen Freitod 1949 in Cannes durchschritt und durchlitt - wurde bekannt vor allem durch seinen Roman "Mephisto", den István Szabó 1980 mit Klaus Maria Brandauer und Rolf Hoppe verfilmte.

Erinnern an diesen Ungeist - das bedeutet eben nicht nur, ihn zu benennen. Erinnern heißt, zu begreifen, mit welcher Brutalität die nationalsozialistische "Machtergreifung" von erstem Tag an das Wertesystem der Menschen und der Gesellschaft zerstörte: Kulturlosigkeit, Menschenverachtung, Rassenwahn, Massenmord. Wie sich dies anfühlte, schildert Klaus Mann erschreckend genau in seinem Tagebuch Anfang der dreißiger Jahre. Die oft nur knappen, mit vielen Abkürzungen versehene Notizen, aus denen Hendrik Neukirchner las, erzeugen schon nach wenigen Minuten ein düsteres, bedrohliches Bild jener Jahre. Eine Stimmung, die sich förmlich greifen lässt. Im Kontrast dazu las Landolf Scherzer dann aus der Erzählung "Der Liebende" und zeigte so, welch an sich vollkommen unpolitische Literatur da Raub der Flammen wurde.

Mann und Gründgens

Die Verbrennung seiner Bücher erlebte Klaus Mann nicht mehr in Deutschland, er war nach Paris geflüchtet. Sein Kommentar fiel bitter aus: "Barbarei bis ins Infantile. Ehrt mich aber" Das muss man als Schriftsteller erst einmal sagen können. Im Anschluss an die Lesung sahen die Schüler noch den "Mephisto"-Film - jene Geschichte des Theaterschauspielers Gustav Gründgens, der im Dritten Reich den Verlockungen und Fallstricken des Systems nicht auszuweichen vermochte. Gründgens war ein Schulfreund Klaus Manns. Die Suhler Gymnasiasten applaudierten nach dem Film spontan.