Lutz Gebhardt von der Ilmenauer Grünes-Herz-Gruppe, einem der großen Player unter den Thüringer Kleinen, verteilt in Leipzig ein 96 Seiten starkes Kundenprospekt. "So dick war es in den 23 Jahren, die ich zur Messe nach Leipzig fahre, noch nie", gibt er zu. Vier Verlage gehören mittlerweile zu seinem Haus. Ebenso viele Stände hat er in Messehalle 3 aufgebaut. Freilich ginge es auch kleiner und günstiger, doch Gebhardt will mit seinen Büchern und Landkarten so oft wie möglich potenzielle Kunden aus dem sich durch die Gänge schiebenden Besucherstrom fischen. Dazu muss er sichtbar sein - rund 2 200 Verlage buhen schließlich um die Aufmerksamkeit der Besucher.

Buchmesse als Ort der Selbstvergewisserung sei das eine, sagt der Ilmenauer Verleger. Wichtiger aber sei mittlerweile, mögliche Kunden direkt anzusprechen. Die Umsätze der Buchbranche stagnierten im letzten Jahr, viele Verleger sind schon froh, das Niveau zu halten - auch Lutz Gebhardt. "Wenn ich 100 Landkarten verkaufen will, reicht es nicht, 100 Landkarten an den Laden zu liefern. Ich muss auch 100 Käufer dafür gewinnen", sagt er. Und das geht ausgerechnet im Internet-Zeitalter ganz altmodisch über Mund-zu-Mund-Propaganda oder eben haptisch - beim Stöbern im Buchmesse-Regal am allerbesten.

Überzeugungstäter

Auch Ingrid Maikath aus Föritz bei Sonneberg ist so eine Buchmesse-Überzeugungstäterin. Vor 16 Jahren gründete sie den "amicus"-Verlag. Zum 16. Mal ist sie auf der Messe - zum 14. Mal sogar mit eigenem Stand. Darauf ist Maikath ziemlich stolz. "Wir haben 2000 mit drei Büchern am Gemeinschaftsstand angefangen", mittlerweile sind wir bei 271 Titeln im Programm", sagt sie. Das klingt viel - doch wie bei den meisten Thüringer Verlagen üblich - druckt auch "amicus" kleine Auflagen. Die Stärke des Verlags liegt in der Vielfalt. Damit wirtschaftlich über die Runden zu kommen ist mühselig. Wenn nicht gar ein Liebhaber- und damit Zuschussprojekt.

Etwa bei Steffen Knabe aus Weimar. Der hat einen Fahrrad-Buchladen mitten auf seinen Messestand geschoben. Das Vehikel steht sonst vor seiner eigenen Buchhandlung am Weimarer Frauenplan. Mit den Erlösen aus einer kleinen Medientechnik-Firma hat Knabe vor acht Jahren den "Knabe Verlag" wiedergegründet. Sein Urgroßvater Karl-Friedrich Knabe rief ihn einst ins Leben. Stolz ist der Urenkel vor allem auf die wiederbelebte "Knabes Jugendbücherei", die bereits zu DDR-Zeiten über 300 Titel zählte. Ein Buch ist gerade neu erschienen. Zwei andere werden als Neuausgabe aufgelegt. "Ich will was bewegen", sagt Steffen Knabe. Ein bisschen aus Traditionsbewusstsein heraus, vor allem aber, weil es ihm Spaß macht.

Es gibt aber noch mehr, das Verleger zu immer neuen Büchern motiviert: Etwa den Drang, einfach nicht loslassen zu können von einem Thema oder einer Mission. Heinrich Jung aus Zella-Mehlis gehört dazu. Seit vielen Jahren veröffentlicht der Jung-Verlag militärhistorische Fachbücher. Das erfordert nicht nur ein hohes Detailwissen, der Verlag muss auch kompetente Autoren gewinnen, um sich mit deren Hilfe einen guten Ruf in der Sachbuchbranche zu erarbeiten. Dem Zella-Mehliser gelingt das immer wieder. Zur Buchmesse hat er ein fast 600 Seiten starkes Kompendium über das deutsche Uranprojekt 1939-1945 vorgestellt - und postwendend etliche Exemplare nach Norwegen und in die USA verkauft. Eine Nische, die sich lohnt.

Mit Nischenthemen versucht es auch der Ilmenauer Kern-Verlag. Vor einem Jahr hat ihn Ines Rein-Brandenburg aus Bayreuth an die Ilm geholt. Für sie ist es die erste Leipziger Messer. "Gerade Autoren, die ihr erstes Buch herausbringen möchten, unterstützen wir", sagt sie. Eine junge Autorin ist auch gleich am Stand: Monika-Andreea Hondru. Vor über 20 Jahren kam sie aus Rumänien nach Deutschland, mittlerweile schreibt sie Gedichte in deutscher Sprache. "Die Stille" heißt ihr Buch. Das passt zwar so gar nicht zum lauten Messetrubel, doch Hondru wie Rein-Brandenburg sind froh hier zu sein - im Leipziger Bücherkosmos 2016. Die Stände für das nächste Jahr sind bei den meisten bereits gebucht.