Ein Abenteurer wie viele seiner kleinen Buch-Helden - das ist Benno Pludra wohl Zeit seines Lebens selbst gewesen. Am 1. Oktober 1925 in Mückenberg in der Niederlausitz geboren, wuchs er in einer Arbeiterfamilie auf. Mit 17 Jahren heuerte er als Schiffsjunge und Leichtmatrose bei der Handelsmarine an. Die Seefahrt und das Meer prägten ihn und seine Geschichten. Ob "Die Jungen von Zelt 13", "Die Reise nach Sundevit" oder "Lütt Marten und die weiße Muschel" - all diese Geschichten sind nicht nur fantasievoll ausgedacht, sondern sie sind von eigenem Erleben geprägt. Die Kunst, die Realität in spannende Kinderbücher umzumünzen, beherrschte Benno Pludra wie kein anderer Kinderbuchautor in der DDR. In den Regalen der Buchläden und Bibliotheken hatten seine Bücher daher einen festen Platz. Und auch im hohen Alter schrieb er fleißig immer wieder neue Werke für seine junge Leser. Rund 40 Bücher erschienen von ihm binnen 50 Jahren. Er ist einer der meist gelesenen Autoren der Kinder- und Jugendliteratur.

Der Tod Benno Pludras bewegt daher nicht nur viele seiner einst kleinen und heute großen Leser. Auch der Weinheimer Beltz-Verlag, der noch immer zahlreiche seiner Bücher im Programm hat, trauert um den Autoren. Er sei ein "feinsinniger Poeten der Kinder und ein Liebhaber des Meeres" gewesen, "der uns mit seinen Erzählungen von Wind und Wellen verzauberte", heißt es in einem Nachruf.

Das Seefahrer-Abenteuer Benno Pludras bei der deutschen Handelsmarine endete nach nur drei Jahren jäh - 1945 mit dem Untergang des Dritten Reiches. Er entschloss sich, wieder an Land zu gehen, studierte von 1948 bis 1950 in Berlin und Halle/Saale Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte. Statt des Lebens eines Abenteurers begann der Sohn eines Metallformers - nach kurzem Intermezzo als Neulehrer und Journalist - zu schreiben. Die Abenteuer, die er im Kopf hatte, wollten auf Papier gebracht werden. Dem Meer blieb er dabei treu: "Lütt Matten und die weiße Muschel", "Bootsmann auf der Scholle", "Die Reise nach Sundevit" - immer wieder formte er Landschaften und Abenteuer am Wasser. Und dabei mögen es auch ganz private Sehnsüchte gewesen sein, die Benno Pludra in den Erzählungen unterbrachte.

Der Schriftsteller trat 1945 in die SED ein, später wurde er Mitglied der SED. "Die Parteiführung wollte immer, dass wir positive Bücher über angeblich typische Helden und Kollektive schreiben sollten", mokierte sich der Autor lange nach dem Untergang der DDR. "Aber ich sagte, das geht doch gar nicht, das kann doch nur eine Farce werden. Mich haben die schwierigeren Figuren immer viel mehr interessiert."

Mehrfach ausgezeichnet

Ein Beispiel dafür ist sein Buch "Sheriff Teddy" über einen Jungen, der vor dem Mauerbau aus dem Westteil Berlins in den Osten kommt. Die Verfilmung durch Heiner Carow 1957 geriet ins Kreuzfeuer der DDR-Kulturpolitik. Dennoch erhielt Benno Pludra 1966 den Nationalpreis der DDR für Kunst und Literatur. Es sei für ihn eine persönliche Niederlage gewesen, dass der Traum von der besseren Gesellschaft wie eine Seifenblase geplatzt sei, sagte Pludra Jahre nach dem Mauerfall. "Allerdings weiß ich, dass es von Anfang an falsch gelaufen ist; es gab zu wenig Demokratie und wurde zu viel auf Gewalt gesetzt."

Schon zu DDR-Zeiten waren einige seiner Bücher auch in der Bundesrepublik veröffentlicht worden - dennoch ist sein Name dort weniger bekannt als hierzulande. 1992 wurde Pludra mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet - für seine Erzählung "Siebenstorch". 2004 folgte dann die Krönung für sein Gesamtwerk: Der mit 10 000 Euro dotierte Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises. "Seine Geschichten bestechen durch schlichte, aber eindrucksvolle Charaktere, eine poetische Erzählweise und sprachliche Meisterschaft", heißt es in der Jurybegründung für diesen Preis. Dass er sich in den Jahren der frühen DDR schnell zu einem der wichtigsten Kinderbuchautoren entwickelte, mag nicht zuletzt daran gelegen haben, dass er die Probleme von Kindern ernst nahm und sie nicht belehrte. Er wünschte sich stets: "Die Kinder brauchen Literatur, die gut und stark macht und in der Humor nicht fehlt. Die Kinder sollen lachen, aber auch nachdenken; der Autor darf sie nicht unterfordern." Benno Pludras Bücher werden noch eine ganze Weile bleiben. Schon deshalb, weil sie den erwachsenen Leser heute an eigene Kindheitsabenteuer erinnern. lau/dpa