Bad Salzungen Arbeitswelt und die Generation Z

Sind Sie heute "unterhopft" und wollen eigentlich nur noch "rumoxidieren"? Wenn Sie das nicht verstehen, gehören Sie nicht der Generation "Z" an.

 
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Bad Salzungen - "Unterhopft" bedeutet in der Jugendsprache: Sie brauchen ein Bier und wollen nur noch "rumoxidieren", abhängen im Sinne von nur noch atmen.

Die Regionale Arbeitsgruppe (RAG) Leader hatte Unternehmer in die Kreishandwerkerschaft in Bad Salzungen geladen, um ihnen Tipps zu vermitteln, wie sie mit dieser Generation Z (1994 bis 2010 geboren), mit deren Sprache und Besonderheiten umgehen und wie die unterschiedlichen Generationen der Mitarbeiter im Betrieb unter einen Hut gebracht werden können.

Ein nicht ganz einfaches Unterfangen wie Prof. Dr. Antje-Britta Mörstedt von der PFH Göttingen in ihrem Vortrag "Generation Z - geht‘z noch" oft auf unterhaltsame Art und Weise darstellte. Im Ergebnis vieler Studien unter Schülern, Studenten, Bankern, jungen Ärzten und Polizisten versucht die Wissenschaftlerin, die Folgen und die Spannungsfelder der Verschiedenartigkeit der Generationen darzustellen und Handlungsempfehlungen zu geben, wie mit der jüngsten Generation im Unternehmen umgegangen werden könnte.

Die jüngste Generation Z (1994 bis 2010) ist, so Mörstedt, in der digitalen Welt aufgewachsen und durchgehend in sozialen Netzwerken präsent. Dabei ist Facebook längst out, "weil da die Mama Mitglied ist". Die Jungen nutzen Instagram und Snapchat und viele andere. Für die "Zetis" sind Bilder und Videos, Interaktion - also kurzlebige Kommunikationswege wichtig. Sie sind "technologieaffin" und möchten alles ausprobieren bis dahin, "dass junge Pflegeschüler auch einmal wahllos auf der Intensivstation auf die Knöpfe drücken", ohne die Folgen abzuschätzen. Die Zetis verkürzen gern, auch die Sprache, kreieren neue Wörter, schreiben alles klein und ohne Punkt und Komma, aber sie sind kreativ, haben einen hohen Anspruch an die moderne Ausstattung des Arbeitsplatzes und sind zunehmend Einzelkämpfer. Zirka 20 Prozent der "Zetis" haben laut Mörstedt keine realen Freunde mehr und lebt in der virtuellen Welt. Für sie ist Sinnhaftigkeit und Spaß an der Arbeit wichtig, sie hinterfragen alles, Anweisungen werden selten ausgeführt, wenn sie vorher nicht erklärt worden sind. Doch die Zetis wünschen sich ein regelmäßiges Feedback ähnlich wie sie es durch den Like-Button (Gefällt mir-Klick) in den sozialen Medien gewöhnt sind. Sie suchen Bestätigung, besonders am Arbeitsplatz, aber sie bauen kaum eine Bindung zum Unternehmen, höchstens zu einzelnen Personen oder Projekten auf. Sie trennen Arbeit und Privates und sind in der Regel nicht bereit, Überstunden zu machen.

Laut Mörstedts Studien streben nur knapp die Hälfte der Abiturienten direkt nach dem Abitur ein Studium oder eine Ausbildung an. Der Rest will sich erst einmal ausprobieren. Varianten wären ein Freiwilliges soziales Jahr oder Reisen und Arbeiten und das weltweit. Fast 20 Prozent der Schulabgänger haben laut Mörstedt überhaupt keinen Plan. Trotzdem weigert sich die Wissenschaftlerin in der Debatte - so wie einige Teilnehmer - von einer "degenerativen Generation" zu sprechen, "die nicht schreiben und rechnen kann, arbeitsscheu und materialistisch geprägt ist". Ihrer Meinung nach sind "Zetis"fleißig und sehr kreativ, wenn sie einen Sinn sehen. Auch verweist Mörstedt darauf, dass diese jungen Leute oft das Ergebnis einer "Überbetreuung" sind. Sie werden von den Eltern bis in den Klassenraum gebracht, es gibt Schuhe mit Klettverschluss, damit sie keine Schleifen binden müssen, fast alle materiellen Wünsche werden erfüllt - ein Handy ist in der Grundschule Standard.

Im Gegenzug werden Kinder aus Hartz IV-Familien nicht abgeholt. Sie haben aufgrund der bürokratischen Vorschriften kaum eine Chance, diesem Milieu zu entkommen. Der Nebenverdienst/die Ferienentlohn ung wird auf das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft angerechnet. "Wir sprechen von einem drohenden Fachkräftemangel und lassen dieses Potenzial einfach liegen", kritisiert Mörstedt.

Für sie ist der Schlüssel zum Erfolg, dass die Generationen lernen, miteinander umzugehen und die Eigenheiten zu akzeptieren. Denn in einem Unternehmen gibt es neben den Zetis weitere Generationen.

Babyboomer (1946 bis 1964) , deren Werte Gesundheit, Idealismus und Kreativität sind, die teamorientiert und karriereorientiert arbeiten. Die Arbeit hat für diese Generation den höchsten Stellenwert. Diese Mitarbeiter arbeiten strukturiert, tauschen sich im Team aus und sie pflegen Beziehungen und Netzwerke. Das wichtigste Arbeitsmedium ist das Telefon. Ein guter Chef ist immer für das Team da und die Babyboomer haben verinnerlicht, dass eine lange Arbeitszeit nötig ist, um Erfolg zu haben.

Generation X (1965 bis 1979) ist individuell, möchte unabhängig sein und sucht nach dem Sinn. Diese Generation ist laut Mörstedt pragmatisch, selbstständig, sie strebt nach einer hohen Lebensqualität und für sie ist Zeit wertvoller als Geld. Für diese Generation überzeugt eine Führungskraft durch Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit. Die wichtigsten Kommunikationsmedien sind E-Mail und das Telefon .

Generation Y (1980 bis 1995) Diese Generation ist gut vernetzt, arbeitet im Team und ist optimistisch. Die Menschen dieser Generation leben im Hier und Jetzt. Sie sind mit den neuen Technologien aufgewachsen und 24 Stunden online. Sie sind genauso wie die Zetis mit Helikoptereltern aufgewachsen. Die Arbeit muss Spaß machen, dann sind sie lernbereit und arbeitswillig, aber die Forderung nach Privatleben ist stark ausgeprägt. Im Arbeitsprozess sind sie flexibel und anpassungsbereit, sie lieben die selbstständige und unabhängige Arbeitsweise und sind Meister im Multi-Tasking. Führungspositionen sind ihnen nicht mehr so wichtig, eher Fachlaufbahnen und projektbezogenes Arbeiten. Von einer guten Führungskraft erwarten sie, das sie als Mentor und Ratgeber unterstützt. Das wichtigste Kommunikationsmedium ist das Internet.

Die spannende Frage für die leider nicht zahlreich erschienen Teilnehmer war, wie bringe ich die unterschiedlichen Generationen unter einen Hut, wie erklärt der Unternehmer den Babyboomern, dass den Generationen Y und Z Zugeständnisse gemacht werden müssen, man sich intensiver mit ihnen beschäftigen, ihnen alles erklären und oft auch Zusatzleistungen gewähren muss, um sie an das Unternehmen zu binden. Arbeitsplatzsicherheit ist laut Mörstedt gerade der Generation Z sehr wichtig und die Generation Y lässt sich gut an das Unternehmen über Gutscheine, Vermittlung von Kinderbetreuung oder Haushaltshilfen binden.

Ein Unternehmer, der die Besonderheiten der Generationen kennt, ihre Sprache versteht und sich darauf einstellen kann, wird die Unterschiede der Generationen überwinden können. Aber Ausbildung und Kommunikation werden anspruchsvoller. Die Anweisung, die befolgt wird, war gestern. Heute gelte es zu motivieren, zu erklären, zu loben und so manche Zusatzleistung oder höheres Entgelt zu gewähren, gern auch mal in Absprache mit den Eltern. "Wenn die Generationen Y und Z den Sinn der Tätigkeit verstehen und ein ehrliches Feedback erhalten, sind sie relativ ehrgeizig und belastbar", so die Wissenschaftlerin.

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