Nachbar-Regionen Thüringer Krematorium lässt Tötungsdelikt auffliegen

Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Polizeiwagens. Foto: Friso Gentsch/dpa/Symbolbild

Eine 92-jährige Frau aus dem oberfränkischen Kulmbach wird bewusstlos in ihrer Wohnung gefunden und stirbt. Ärzte gehen von einem natürlichen Tod aus. Die Leichenschau in Thüringen ergibt einen anderen Befund.

 
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Kulmbach - Erst vier Wochen nach dem Tod einer 92-jährigen Frau aus Kulmbach hat jetzt die Kripo Ermittlungen wegen eines Tötungsdelikts aufgenommen. Dass die Seniorin nicht, wie von örtlichen Ärzten bescheinigt wurde, eines natürlichen Todes gestorben ist, wurde nur durch einen Zufall aufgedeckt. Weil der Bestatter für die Verbrennung der Toten ein Krematorium in Thüringen ausgewählt hat, wurde der Leichnam dort nochmals rechtsmedizinisch untersucht.

Dabei, das bestätigt das Polizeipräsidium in Bayreuth, entdeckte der thüringische Leichenbeschauer, dass die Tote Spuren von Gewalteinwirkung am Körper aufwies. Wäre die Frau in Bayern verbrannt worden, hätte niemand den gewaltsamen Tod bemerkt: Bayern ist das einzige Bundesland, in dem menschliche Körper vor der Verbrennung nicht noch einmal untersucht werden. Rechtsmediziner mahnen seit Jahren, dass in Deutschland zahlreiche Todesbescheinigungen Fehler aufweisen und zahlreiche Morde wie auch Suizide nicht entdeckt werden.

Die Besorgnis erregenden Feststellungen im benachbarten Bundesland riefen spät die Kripo auf den Plan, die nun in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft die Ermittlungen führt. "Die Beamten gehen derzeit von einem Tötungsdelikt aus und führten bereits umfangreiche Spurensicherungsmaßnahmen und Vernehmungen im Umfeld durch", teilt ein Polizeisprecher mit.

Die Seniorin lebte in einem Haus in der Spitalgasse mitten in der Innenstadt. Mehrere seniorengerechte Wohnungen sind in dem Eckhaus mit Blick auf EKU-Platz und Stadthalle untergebracht. Wenn Bewohner Hilfe brauchen, können sie die bei Trägern der Wohlfahrtspflege buchen. Das Opfer sei nicht mehr gut zu Fuß gewesen, berichten Nachbarn. Die Frau habe schon länger das Haus nicht mehr verlassen und sei durch einen Pflegedienst betreut worden.

Es war eine Nachbarin , die am Samstagnachmittag, 15. August, gegen 16 Uhr, die alte Frau in ihrer Wohnung entdeckte. Die 92-Jährige sei bewusstlos am Boden gelegen. Die Nachbarin habe unmittelbar die Rettungsdienste gerufen. "Der Notarzt hatte bei der 92-Jährigen noch Reanimationsmaßnahmen eingeleitet, allerdings starb die Frau kurze Zeit später. Zu diesem Zeitpunkt ergaben sich für die anwesenden Ärzte, nach ersten Untersuchungen, keine Hinweise auf eine Fremdeinwirkung für den Tod der Seniorin", informierte das Polizeipräsidium am Freitag.

Die Ermittler gehen davon aus, dass die Spuren von Gewalteinwirkung auf dem Körper der Frau zu ihrem Tod geführt haben. Die für die Kripo so wichtigen ersten 24 Stunden nach der Tat sind längst ungenutzt verstrichen. Erst mit erheblicher Verspätung kam die Polizei auf den Plan.

Zahlreiche Spuren seien in der Wohnung und im Umfeld gesichert worden, sagt Polizeisprecher Fabian Metzler. Die müssen nun ausgewertet werden. Gleichzeitig gibt es laut Polizei auch Vernehmungen im Umfeld der Toten. Noch viel Arbeit liege vor seinen Kollegen. "Das ist ein Prozess, der erst mit Verspätung angelaufen ist. Jetzt gilt es, die Sache aufzuklären. Die Kripo arbeitet mit Hochdruck daran", erklärte Metzler gegenüber unserer Zeitung. Nachbarn wissen, dass die Wohnung der 92-Jährigen weiterhin von der Polizei versiegelt ist und nicht betreten werden dürfe.

Welche Spuren von Gewalteinwirkung bei der Frau entdeckt wurden und wie sie ums Leben gekommen ist, dazu will sich die Polizei aus "ermittlungstaktischen Gründen" noch nicht äußern. Auch zu einem möglichen Motiv und zu der Frage, ob es bereits Hinweise auf einem möglichen Täter gibt, sagt die Polizei noch nichts, außer: "Wir ermitteln in alle Richtungen. Wir stehen erst ganz am Anfang unserer Ermittlungen, viel Konkretes kann man derzeit noch nicht sagen", heißt es aus dem Bayreuther Präsidium.

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