Berlin Berlin benennt Mohrenstraße nach schwarzem Uni-Gelehrten

Anton-Wilhelm Amo in einer historischen Darstellung. Ob das Bild authentisch ist, ist unklar. Quelle: Unbekannt

Die jetzige Mohrenstraße in Berlin-Mitte trägt künftig den Namen des ersten dunkelhäutigen deutschen Universitätsgelehrten, Anton-Wilhelm Amo (1703-1753).

 
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Berlin - Die jetzige Mohrenstraße in Berlin-Mitte trägt künftig den Namen des ersten dunkelhäutigen deutschen Universitätsgelehrten, Anton-Wilhelm Amo (1703-1753). Mit der Umbenennung der Straße, an der auch die Thüringer Landesvertretung, das Bundesjustizministerium und ein U-Bahnhof liegen, zieht der Bezirk Mitte die Konsequenz aus einer monatelangen kontroversen Diskussion.

Die Debatte um den als rassistisch kritisierten Namen Mohrenstraße schwelt seit Jahren. Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG hatten im Juli angekündigt, die Station in Glinkastraße umzubenennen. Nach dem russischen Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka (1804-1857) ist eine Seitenstraße benannt. Nach Vorwürfen, Glinka sei Antisemit gewesen, pfiff der Senat die BVG zurück.

Amo als Namensgeber hat einen Bezug sowohl zum Justizministerium als auch zur Thüringen-Vertretung. Amo wurde Anfang des 18. Jahrhunderts von der holländischen Ostindien-Kompanie im heutigen Ghana versklavt, an den Hof von Braunschweig-Wolfenbüttel als "Kammermohr" verschenkt und dort evangelisch getauft. Der Braunschweiger Herzog erkannte Amos Talente und ließ ihn umfassend humanistisch ausbilden. Amo promovierte 1729 im damals preußischen Halle und wirkte bis 1747 als Rechtswissenschaftler und Philosoph an den Universitäten Halle und Wittenberg. Damit war er der erste und lange Zeit einzige Professor afrikanischer Herkunft an einer deutschen Universität. Eines seiner Werke hieß "Über die Rechtsstellung der Mohren in Europa". Im Jahr 1739 hielt Amo auch Vorlesungen in Jena, das damals Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach gehörte. Später verließ Amo Mitteldeutschland - vermutlich wegen zunehmender rassistischer Anfeindungen - und kehrte nach Ghana zurück, wo er 1753 starb.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) begrüßte die Umbenennung. Der Bezirk habe "ein sichtbares Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung" gesetzt, sagte sie. "Die Umbenennung ist Ausdruck der Anerkennung einer besonderen Lebensleistung." Nach heutigem Demokratieverständnis sei "der bestehende rassistische Kern des Namens belastend und schadet dem internationalen Ansehen Berlins".

Ob die Bezeichnung "Mohr" aus heutiger Sicht als rassistisch einzustufen ist, darüber wurde in Berlin lange Zeit erbittert gestritten. Einerseits fühlen sich zahlreiche Schwarze durch den Begriff herabgewürdigt, sie sehen eine Parallele zum allseits verpönten "Neger". "Berlin verbannt eine Beleidigung aus dem Stadtraum und ehrt mit Amo einen widerständigen Gelehrten aus Afrika", sagte Mnyaka Sururu Mboro, Sprecher einer Antirassismus-Initiative.

Andererseits stammt das Wort vom heiligen Mauritius ab, einem seit 1500 Jahren in Europa höchst angesehen römischen Offizier ägyptischer Abstammung, der sich im dritten Jahrhundert geweigert haben soll, gegen Christen zu kämpfen.

Kritik entzündete sich auch an der Art und Weise des Beschlusses, den das Bezirksparlament ausdrücklich ohne Bürger- und Anwohnerbeteiligung fällte. Für die Thüringer Landesvertretung wird die neue Adresse Anton-Wilhelm-Amo-Straße 64 möglicherweise nur ein Intermezzo sein; der Freistaat plant den Umzug in einen Neubau. er

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