Der Streckelsberg ist Naturschutzgebiet – und der Schauplatz für die Geschichte von Maria Schweidler, der "Bernsteinhexe". Pfarrer Wilhelm Meinhold dachte sich die Geschichte im 19. Jahrhundert aus, um die Zustände auf Usedom zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) zu schildern: Die Pfarrerstochter Maria findet auf dem Streckelsberg eine Bernsteinader. Sie und ihr Vater verkaufen den kostbaren Schmuckstein und helfen damit dem ganzen Ort – doch dann denunziert sie Amtshauptmann Appelmann als Hexe. Mit Hilfe von Graf Rüdiger von Nienkerken entkommt Maria dem Scheiterhaufen.
Wer sich jetzt gegruselt hat, kann sich nun der künstlerischen Facette von Wald und Wasser widmen: Im Atelier von Otto Niemeyer-Holstein (1896 bis 1984) in Lüttenort. Hier, an der schmalsten Stelle Usedoms, ließ sich der Maler von Achterwasser und Ostsee inspirieren, wohnte zunächst in einem Bahnwaggon, an den er später Zimmer anbaute. Der Künstler lebte zeitweise als Selbstversorger und gestaltete um sein Domizil herum einen "südlichen Garten in nördlichem Licht". Vor allem aber malte er: den Strand, die See, den Wald zwischen den zwei Deichen. Seine Bilder spiegeln seine Liebe zur Natur wider.
"Er wollte das Wesentliche der Wirklichkeit, die er abbildete, sichtbar machen", erklärt Museumsleiterin Franka Keil. 5000 Werke hat der Künstler der Nachwelt hinterlassen. "Niemeyer-Holstein malte nur das, was er wollte. Er passte sich nie an", betont Franka Keil, die Besucher durch das original erhaltene Refugium des Künstlers führt. Das sorgte für Spannungen mit dem NS- und später mit dem DDR-Regime. Doch der Maler blieb sich treu – und beeinflusste wieder andere Zeitgenossen. Mit vielen stand er in regem Kontakt und tauschte Bilder, etwa mit Weggefährten wie Otto Manigk, Herbert Wegehaupt, Hans Jüchser, Max Schwimmer und Wilhelm Rudolph. Die Geschenke seiner Freunde an ihn schmücken einen eigenen Raum in seinem Haus.
Wer jetzt dem ursprünglichen Geschmack Usedoms nachspüren will, ist bei Kräuterfrau Ina Schirmer in Prätenow richtig. Die Pflanzenexpertin wohnt in einem alten Bahnwärterhäuschen und zieht zum Pflanzensammeln in die Usedomer Wälder. Mit ihren Wild- und Gartenkräutern beliefert sie unter anderem das Restaurant Strandcasino in Heringsdorf. "Brennnessel, Vogelmiere oder Giersch haben mehr Vitamin C und Mineralstoffe als ihre kultivierten Verwandten", sagt Ina Schirmer, die schon als Mädchen mit ihrer Großmutter Kräuter gesucht hat. "Außerdem enthalten einige natürliche Antibiotika, die gut fürs Immunsystem sind."
Ein Grund mehr, bei einer ihrer Kräuterkurse zuzugreifen. Als Insel-Superfood serviert sie Brennnesselbrot, Wildkräutersalat und Blüten-Limonade. Darauf ein Bier – am besten von einer der beiden Usedomer Privatbrauereien.
EMPFEHLUNGEN FÜR IHRE REISE
INTERNET: www.usedom.de,
www.kur-und-heilwald.de (Europas erster Kur- und Heilwald im Seebad Heringsdorf),
www.atelier-otto-niemeyer-holstein.de (Museum Atelier Otto Niemeyer-Holstein, Lüttenort),
www.kraeuterverbena.de (Kräuterfrau Ina Schirmer, Prätenow)
ANREISE: Möglich mit Flugzeug, Auto, Bahn oder (Fernreise-)Bus. Autofahrer sollten die Brückenöffnungszeiten der Wolgaster und Zecheriner Brücke beachten (Öffnungszeiten für den Schiffsverkehr mehrmals täglich).
ÜBERNACHTUNG: Zum Beispiel im Wasserschloss Mellenthin,
www.wasserschloss-mellenthin.de; Hotel, Café und Restaurant mit gutbürgerlicher Küche, Hausbrauerei, Limonadenmanufaktur und Kaffeerösterei.
RESTAURANTS: Die Auswahl auf Usedom ist schier grenzenlos. Empfehlungen: Privatbrauerei Usedomer Brauhaus sowie die Fischrestaurants Uwes Fischerhütte in Ahlbeck, Fischkopp in Bansin, Waterblick in Loddin, Koserower Salzhütten in Koserow, Zum Smutje in Zinnowitz und Alte Fischräucherei in Rankwitz.
BUCHTIPP: Claudia Pautz: Usedom. Lieblingsplätze zum Entdecken, Meßkirch 2019, 14 Euro