Nachts ist es so still, dass man sogar das Knistern der alten Glühlampenfäden in der Beleuchtung hört. Und es ist so finster vielerorts, dass das Milchstraßenband um so vieles klarer als anderswo zu sehen ist. So prachtvoll, so unglaubwürdig schön, so nah sogar, dass man glaubt, man müsste nur aus dem Schaukelstuhl aufstehen und könnten die Sterne einzeln vom Himmel sammeln und nach Gutdünken woanders hinkleben.
Stimmen gibt es nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr, Fahrgeräusche von Autos nur selten von irgendwo in der Ferne hinter den Kaktushecken. Dörfer haben Seltenheitswert, die Großstädte sind weit weg: Cordoba 320 Kilometer, Sevilla sogar 390 Kilometer, die Provinzhauptstadt Almeria immerhin
30 Kilometer.
In den ersten Monaten des Jahres trägt der Wilde Westen hier regelmäßig einen zarten Grünschleier, einen flaumweichen Film aus Frühling. Ab Mitte Mai, spätestens, ist hier wieder Wüste. Dabei hat die Region den Canyonlandschaften der USA eines voraus, ein unglaubliches Plus: das Meer. Keine Dreiviertelstunde ist es mit dem Auto vom Arbeitsplatz der Kulissen-Cowboys entfernt. Mit Stränden zwischen Steilküsten. Mit Buchten, von denen manche bis heute nur über Pisten zu erreichen ist.
Hans aus Holland ist seit mehr als dreißig Jahren da, war eigentlich mit dem Camp-Mobil auf der Durchreise und blieb einfach: "Schöner und abwechslungsreicher konnte es anderswo nicht werden." Davon ist er noch heute überzeugt, engagiert sich inzwischen im Umweltschutz im Landstrich Cabo de Gata. Fort Bravo kennt er gut – aus unzähligen Statistenrollen. Manchmal musste er für einunddieselbe Szene ein Dutzend Mal an der Kamera vorbeireiten, bis alles hübsch im Kasten war: "Fünf Filmminuten an einem Drehtag hinzukriegen – das gelingt nur selten", erinnert sich der Aussteiger.
Sogar als römischer Legionär hat er hier schon mal gejobbt, meistens war er Cowboy: "Mit silbrig angestrichener Holzpistole im Halfter!" Er lacht. "Das war für den Set-Ausstatter billiger als echte Revolver zu beschaffen." Überhaupt kamen die Filmleute ursprünglich wegen der Preise: Weil sich hier einschließlich aller Reisekosten viel günstiger produzieren ließ als zu Hause im "echten" Wilden Westen.
Ginge es nach Azucena Laguia Allue und ihrer Freundin Conchita Hermida Bun, könnte gar nicht genug über die Glanzzeiten und all die Möglichkeiten gesprochen werden. Beiden ist daran gelegen, neue Produktionen für die Region zu gewinnen. Azucena Laguia Allue ist Location Scout, sucht die besten Settings für alle möglichen Themen, castet zugleich Statisten. Conchita Hermida Bun ist Kostümschneiderin. Sie stattet Stars und Statisten aus – und würde das gerne wieder häufiger tun. Und noch einen Grund gibt es: Beide sammeln Autogramme.
Hinweise für Ihre Reise
ANREISE: Der nächstgelegene Flughafen ist Almeria, besser angebunden ist aber Malaga. Flüge bietet zum Beispiel Norwegian
www.norwegian.com von Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Köln oder München an; Eurowings
www.eurowings.com fliegt ab zahlreichen deutschen Städten zum Teil mit Umsteigeverbindungen via Düsseldorf, Stuttgart oder Wien. Tickets sind realistisch ab rund 60 € pro Strecke.
ÜBERNACHTUNG: Eine Empfehlung ist das Hotel El Jardin de los Suenos bei Rodalquilar, Doppelzimmer ab 76 € inklusive Frühstück
www.eljardindelossuenos.es.
DIE KULISSENSTADT: "Fort Bravo"
www.fortbravooficial.com, ist täglich von neun bis mindestens 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 19,40 €, für Kinder 9,90 €.
Die Übernachtung ist direkt auf dem Gelände in Holzbungalows ab 75 € für zwei Personen möglich.
INTERNETSEITEN: Informationen zu den anderen beiden Westernstädten bei Tabernas erhalten Sie unter
www.oasysparquetematico.com und
www.western-leone.es.
FÜR TOURISTEN: Spanisches Fremdenverkehrsamt, Lietzenburger Straße 99, in 10707 Berlin
www.spain.info.