Eigener Inhalt Wie im Flug ...

Wolfgang Plank

Der Ford GT ist ein Rennwagen. Aber ein paar gibt es auch für die Straße. Bloß gut, dass er so teuer ist.

 
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Die gute Nachricht: Man könnte das Dutzend vollmachen. Ein Auto kaufen, das in Deutschland nur elf Leute bewegen, 80 in Europa und auf der Welt keine fünfhundert. Noch bis 7. Dezember kann man bestellen. Die schlechte Nachricht: Man braucht gut eine halbe Million Euro. Die ganz schlechte: Selbst mit dem Geld stehen die Chancen nicht besonders. Andere wollen den Wagen nämlich auch.

Was würde man sich einhandeln? Ein bretthartes Gefährt, das laut ist, ordentlich schluckt und bei Steuer und Versicherung nicht gerade günstig wegkommt. Spartanisch ausgestattet obendrein und mit gerade mal elf Litern Kofferraum von höchst überschaubarer Alltagstauglichkeit. Die Nachbarn allerdings würden ganz sicher dunkelgrün vor Neid.

Schließlich wäre es der GT. Jene Flachflunder, mit der Ford in der Langstrecken-WM unterwegs ist – und von der es eben auch ein paar Straßen-Versionen gibt. Wegen der gewaltigen Nachfrage wurde die Produktion einmalig um zwei Jahre verlängert. Weltweit sollen 1350 Exemplare ausgeliefert werden, heißt es. Danach ist Schluss. Endgültig.

Wie alles begann, weiß keiner mehr genau. Nur, dass sie irgendwann da war: die ganz große, die geniale Idee. Die von der Neuauflage des legendären Ford GT40 von 1964. Damals gebaut mit dem einen Ziel, Ferrari bei den 24 Stunden von Le Mans zu schlagen. Eine Rennmaschine. Acht Zylinder. Sieben Liter Hubraum, 380 PS. Und 40 Zoll hoch, daher der Name. Ford gewann 1966 an der Sarthe. Der Beginn eines Mythos.

Fünfzig Jahre später traten die US-Boys wieder in Le Mans an. Im neuen GT. Der Rennsport ist reich an verrauchten Träumen, doch ein gütiges Schicksal ließ auch den neuen GT siegen – und den Mythos weiterleben.

In einem tristen Keller haben sie ihn gebaut. Zwei Stockwerke unter dem Ooakwood Boulevard in Dearborn, Michigan. Jenseits einer grauen Feuerschutztür, hinter der man bestenfalls Gerümpel vermuten konnte. Dabei lag dort so etwas wie das Allerheiligste automobilen Schaffens. Galt es doch eine Ikone zu bauen. Heimlich. Und so gab es zwölf Schlüssel und zwölf Schweigegelübde. Sollten alle anderen im Entwicklungszentrum doch an einen Abstellraum glauben – tatsächlich entstand hier im Keller ein Geschoss: der neue Ford GT.

Nach und nach flossen sie zusammen – Ideen und Notwendigkeiten. Wie man den Wind am besten teilt und doch Platz lässt für Fahrer, Motor und Getriebe. Wie man das Chassis an den Boden saugt und gleichwohl Luft für die Kühler abzweigt. Wie man den besten Platz für jedes Bauteil findet – aber eben so, dass man alles blitzschnell wechseln kann.

Herausgekommen ist der perfekte Ford. Ein rasendes Kunstwerk aus Kohlefaser, Kunststoff und Aluminium. Wunderbar anzusehen und doch funktionell bis in die letzte Rundung. Das Cockpit nahe am aerodynamischen Optimum der Tropfenform. So radikal, dass man zwischen Dachkante und Radkasten hindurchschauen kann. Hinter dem Fahrer schlank das Triebwerk. V6-Biturbo. 3,5 Liter Hubraum.

Ganz am Ende verschmelzen Design und Technik. Was die Brennkammern ausstoßen, schießt durch die Endrohre, handwarme Kühlluft durch die Rücklichter. Woanders war kein Platz. Oder er wäre schlechter gewesen. Vier Ausströmöffnungen also – zwei davon beleuchtet. Auf einer Linie wie beim historischen Vorbild. Darauf muss man erst einmal kommen.

Und darauf, alles um den Sitz herum zu entwickeln. Unverrückbar ruht er im Zentrum. Auch in der Straßenversion. Weil nur hier die Dachwölbung genug Platz bietet. Verstellbar sind darum außer dem Lenkrad auch die Pedale. Per Gurtband und Feder. Komfort ist nun mal nicht die Kernkompetenz eines Rennwagens.

Umso mehr das, was man Performance nennt. Beim Tritt aufs Gas hauen sich mehr als 600 PS auf die Hinterachse. Drehzahlgerecht sortiert von einem Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Wie gut, dass es noch Autobahn-Abschnitte ohne Tempolimit gibt. Mit nur sieben Zentimetern Luft nach unten hämmert der GT dem Horizont entgegen, als habe man ein Strahltriebwerk im Kreuz. Schöner ist nicht mal mehr Fliegen. Keine drei Sekunden vergehen bis Tempo 100 – und bei 303 kann man es mit Vortrieb auch mal gut sein lassen. Bis 347 wäre drin gewesen…

Gutmütigkeit indes ist nicht serienmäßig. Fords Schnellster macht, was man will. Und zwar genau das. Aufmerksamkeit am Volant ist daher oberstes Gebot. Dafür kann man auch in ultraschnellen Kurven den Begriff Seitenneigung getrost vergessen – der GT ist doppelt so breit wie hoch. Allerdings sollten die Reifen stets gut warm sein und die Keramik-Bremsen schön heiß. Auch wenn beim harten Verzögern der Heckflügel mithilft…

Bloß gut, dass der Wagen so teuer ist …

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