Eigener Inhalt VW up! GTI: Böser Bubi

Wolfgang Plank

Vielleicht haben wir uns ja schon zu sehr daran gewöhnt. Irgendwie werden Autos immer noch größer, noch schwerer und noch stärker. Sie überrollen uns mit immer noch mehr Luxus, noch mehr Technik, noch mehr Elektronik. Zugegeben alles höchst angenehm. Meistens jedenfalls. Ab und an jedoch darf es auch mal ohne Schnickschnack sein.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

VW weiß gut, wie es früher war. Genauer: 1976. Als sie einen bezahlbaren bösen Buben bauten, der ohne jeden Respekt dicke Brummer von der linken Spur scheuchen konnte. Überschaubare 110 PS sonderte der 1,6-Liter-Motor mit K-Jetronic dereinst ab – hatte aber eben auch nur 810 Kilo zu bewegen. Es war die Geburtsstunde eines Mythos. Der Anfang von GTI.

Mehr als 40 Jahre später haben sie es in Wolfsburg wieder getan: Dieses Mal mit dem up! Der wiegt bei fast elf Zentimetern Länge weniger im Vergleich zum Ahnherrn zwar trotzdem 1070 Kilo, kommt aber in 8,8 Sekunden auf Tempo 100 – zwei Zehntel unter dem Wert von damals. Und gänzlich schneller ist der vermeintlich Unscheinbare obendrein.

Möglich macht das ein Motörchen mit dem Hubraum dreier Cola-Dosen. Der beschert mit zwei verstellbaren Nockenwellen schicke 115 PS und dank neuem Partikelfilter auch bei hoher Drehzahl ein halbwegs reines Gewissen. Denn selbstverständlich könnte man mit dem up! GTI auch richtig behäbig unterwegs sein – aber wer wollte das schon?

Zumal sie bei VW in Sachen Abstimmung kräftig nachgearbeitet haben. Breitere Spur, kürzere Federn, härtere Dämpfer und eine erfreulich direkte Lenkung addieren sich mit schick zu schaltenden sechs Gängen zu dem, was man echte Fahrfreude nennt. Allenfalls ein bisschen Sperrwirkung könnte man sich zusätzlich wünschen, dafür aber verzögert der böse Bubi mit seinen rot-lackierten Bremssätteln, als würfe man einen Anker.

Und weil der neueste up! ein echter GTI ist, darf er sich mit den Insignien schmücken. Rote Linie im Grill, Waben im Gitter, stolzes Logo. Seitlich schwarze Streifen, und aus der Heckklappe ragt ein großer Dachspoiler – nicht bloß des sportlichen Auftritts wegen, sondern für mehr Anpressdruck an der Hinterachse. Gerade bei kurzem Radstand eine kluge Idee.

Geblieben sind 3,60 Meter Kürze und bis zu fünf Türen. Darum geht Wolfsburgs Winzling sogar in seiner potentesten Form als Familienauto durch – wenn auch als sehr kleines. Vorne sitzt man geradezu fürstlich, stilecht auf Karo und unter schwarzem Himmel. Die teils unverkleideten Türen erinnern an selige Käfer-Zeiten oder eben die Anfänge des Golf.

Hinten ist der Platz okay, vor allem muss man kein Turner sein, um in den Fond zu gelangen. Die 250 Liter Gepäckabteil dahinter reichen trotz hoher Ladekante für zwei kleinere Koffer oder drei Wasserkästen. Und wer lieber Lasten transportiert als Leute – mit umgeklappten Rücklehnen lassen sich sogar bis zu 960 Liter verstauen. Zur Freude aller Englücken-Parker gibt es eine Rückfahrkamera.

Vor allem aber ist der up! GTI einer langen Tradition treu geblieben: dem fairen Preis. Verglichen mit dem Basismodell sind 16 975 Euro zwar ein ordentlicher Aufschlag, absolut betrachtet aber eben kleines Geld für jede Menge Sportlichkeit. Zumal Klimaanlage, Sitzheizung, Radio und USB-Port ab Werk dabei sind. Optional gibt’s Panoramadach, City-Notbremse, Tempomat oder ein 300-Watt-Soundsystem.

Außer in Rot bietet VW den up! übrigens noch in "Pure White", "Dark Silver Metallic" und "Black Pearl" an. Schwer zu sagen, warum. GTI verpflichtet nun mal – auch in Sachen Farbe.

Bilder