Eigener Inhalt VW Polo: Spiel in die Breite

Wolfgang Plank

Das spektakulärste Modell der Baureihe war auch das erfolgreichste. Nicht nach Stückzahlen, wohl aber nach Siegen. Auf den Rallye-Strecken rund um den Globus driftete der Polo WRC von Sieg zu Sieg, von Titel zu Titel. Vier Mal in Serie Weltmeister. Der Nachfolger hatte noch breitere Backen, noch mehr Leistung - durfte aber nicht mehr starten. Die Oberen in Wolfsburg drehten den Hauptschalter auf "Aus". Rallye war gestern.

 
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Auf der Straße indes soll der Polo weiterhin für vordere Plätze sorgen. So wie er das seit 1975 tut und wofür ihn mehr als 14 Millionen Kunden schätzen gelernt haben. In sechster Generation ausschließlich als Viertürer, aber als angestammte Nummer drei hinter Golf und Passat. Und so haben sie ihn bei Volkswagen als letzten auf den Modularen Querbaukasten gehoben, an allen Ecken gezogen und sogar breiter gemacht als den Golf – genauer: als den Nummer IV, der bis 2003 gebaut wurde.

Beinahe so lange ist er mit 4,05 Metern jetzt auch schon fast – und damit einer der Größten unter den Kleinen. Sieht aber gut aus und stattlich. Derlei Abmessungen reduzieren zwar die Anzahl möglicher Parklücken, im Gegenzug jedoch hat man vorne sowieso, aber eben auch hinten, auskömmlich Platz für Kopf und Knie. Der Stauraum hinter der zweiten Reihe hat um 70 Liter auf 351 zugelegt. Die angenehme Seite des Wachstums.

Richtig schick machen kann man sich den neuen Polo auch. Mit 14 Außenlackierungen, acht Innenraum-Verblendungen, elf Sitzbezügen und zwölf Felgen bis hinauf zu 18 Zoll. Und gegen 400 Euro Aufpreis gibt’s als Konzern-Neuheit die zweite Generation des Active Info Display mit digitalen Instrumenten und gestochen scharfen Grafiken. Mit dem biederen Kleinwagen von einst hat das dann nur noch am Rande zu tun.

Aber wie das so ist mit schönen Dingen: Sie kosten fast immer extra. Wenn man es sich also leisten mag und kann, hält der Polo artig Spur und Abstand, äugt achtsam in den Querverkehr, hilft beim Spurwechsel und parkt selbstständig ein. Nur eben alles nicht für jene messerscharf kalkulierten 12 975 Euro, zu denen von Mitte September an die Einstiegs-Version in den Schaufenstern steht. Immerhin: Front-Assist inklusive City-Notbremse ist stets an Bord. Und Fußgänger erkennt er auch.

Von einfach bis opulent reicht auch der Antrieb. Weil der Polo ja, ähnlich wie der Golf, ein Typ für möglichst viele sein soll, sind neun höchst unterschiedliche Motorisierungen im Angebot: zum Marktstart allerdings ausschließlich Dreizylinder-Benziner mit dem Hubraum einer Milchtüte. Mit 65 und 75 PS taugen sie eher für diesseits des Ortsschildes, die beatmete Version mit 95 PS ist für diejenigen, die beim Fahren auch ein bisschen Spaß haben möchten. Etwa im Herbst folgen der Ein-Liter-Turbo mit 115 höchst quirligen PS, der richtig gut geht, und der aus dem Golf bekannte 1,5-Liter-Turbo mit 150 PS. Der schaltet bei Teillast auch mal zwei Zylinder ab und verfügt darüber hinaus schon über einen Partikel-Filter.

Ganz schwört VW in dieser Klasse auch dem Diesel noch nicht ab. Wenngleich Marken-Chef Herbert Diess diesem Segment nur mit Fremdfunken eine fernere Zukunft verheißt. Noch aber ist der Polo auch in Vielfahrer-Flotten ein gern gesehener Wagen. Die zum Jahresende angebotenen Selbstzünder leisten 80 und 95 PS, wobei schon der schwächere auf ganzer Linie überzeugen kann. Und ja: SCR-Kat ist an Bord. Wer allerdings auf einen Hybrid oder E-Polo wartet, wird enttäuscht. Immerhin ist eine Erdgas-Variante mit 90 PS im Angebot.

So oder so fährt sich der Polo mit straff-stabilem Fahrwerk und präziser Lenkung gutmütig wie eh bis hinein ins kontrollierte Untersteuern. Der Rest ist eine Frage von Anspruch, Zweck – und selbstverständlich Budget. Wer nicht nach Rundenzeiten giert, ist auch mit den kleineren Modellen gut bedient. Die lassen zwar nach oben hinaus von sich hören, verrichten ihre Arbeit aber höchst ordentlich und mit Schwung. Selbstverständlich machen die Versionen ab 95 PS alles noch ein Stück druckvoller. Vor allem aber kann man sie mit dem 7-Gang-DSG paaren.

Natürlich war der Polo stets auch GTI. Und das ist hier nicht anders: Der Rot-Linierte schnürt künftig mit einem auf 200 PS erstarkten Zwei-Liter-Triebwerk über Land. Allerdings muss man sich dafür bis Jahresende gedulden. Auch der Preis steht noch nicht fest. Ganz sicher aber liegt er über dem des Sondermodells "Beats" mit Sportsitzen und 300-Watt-Anlage, für das dann doch schon knapp über 20 000 Euro fällig werden.

Vermisst wird der Rallye-Polo trotzdem.

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