Eigener Inhalt Toyota Mirai: Ein Tröpfchen Zukunft

Wolfgang Plank

In Japan setzen sie weiter auf die Brennstoffzelle. Anfangs wurde Toyota für den Mirai noch belächelt - aber längst nicht mehr so wie 1997 für den ersten Hybrid-Prius.

 
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Es wird noch dauern, bis die große Koalition umdenkt. Voran die Kanzlerin, die sich so gerne als eine des Klimas gibt, und – außer der Regierung – auch dem Kabinett gleichen Namens vorsitzt. Sehr schnell haben sich nämlich alle, die hier wie dort etwas zu sagen haben, auf das Akku-Auto geeinigt. Parole: Kein Auspuff – also umweltfreundlich. Der Rest? Egal.

In Japan scheren sie sich wenig um die große Koalition und setzen weiter auf die Brennstoffzelle. Anfangs wurde Toyota für den Mirai noch belächelt – aber längst nicht mehr so wie 1997 für den ersten Hybrid-Prius.

Immerhin ist der Mirai ein Auto, das man normal kaufen und normal fahren kann. Selbst bei minus 30 Grad. Und vom etwas schrägen Tropfen-Design mal abgesehen, sieht der 4,89 Meter lange Fünftürer auch normal aus. Der Clou lauert unter dem Blech: an der Hinterachse zwei Tanks mit fünf Kilo Wasserstoff, vorne eine Chemiefabrik. Sie wandelt das Gas mit dem Sauerstoff der Luft zu Strom. Übrig bleibt ein bisschen Dampf.

Zu spüren ist von alledem nichts. Der Mirai fährt wie andere E-Autos auch: lautlos und voll Drang nach vorne. Dem gewickelten Motor ist es egal, ob Saft aus Batterien kommt oder einem Kraftwerk. Nur Fahrers Gefühl ist besser, weil man nicht ständig auf den Akku-Stand schielen muss. An die 500 Kilometer schafft der Mirai maximal. Heißt: rollen ohne zu grübeln. Na ja – nicht ganz. Der Blick aufs Brett macht Mühe, weil die namengebenden Armaturen weit nach rechts und damit aus der gewohnten Sichtachse gerückt sind. Displays und Tasten indes sitzen da, wo man sie vermutet.

Für die Fahrtrichtung genügt ein Tipp am Hebelchen. Die 154 PS treiben den Mirai trotz knapp zwei Tonnen unter zehn Sekunden auf Tempo 100 und rauf bis 175. Macht man aber nicht. Im Gegenteil: Dieser Wagen animiert zum Sparen. Geht man vom Pedal, speichert ein Hochvolt-Akku all die Energie, die sonst beim Bremsen, Ausrollen oder bergab verschwendet würde – und kann zuschießen, wenn Last gefordert ist.

Problem der schicken Fahrt: Das deutsche Tankstellen-Netz ist mit grobmaschig sicher nicht böswillig beschrieben. Aktuell fließt Wasserstoff aus gerade mal 64 Zapfsäulen – im März 2020 sollen es 100 sein. Hier wie dort kommt die Zukunft also tröpfchenweise. Zumindest entlang der Autobahnen und in vielen Städten kann man nachfüllen.

Das geht kinderleicht und schnell wie bei Sprit. Aufsetzen, verriegeln, fertig. Den Rest erledigt der Automat – was besser ist bei 700 bar Druck. Weil den auch die Tanks locker aushalten müssen, sind die Wände der zigfach Crash-getesteten Glasfaser-Gehäuse 4,5 Zentimeter dick. Dazu kommen eine feuerfeste Ummantelung, Dichtheits-Sensoren und Notstopp-Ventile. Ein Benzintank ist dagegen fast schon ein Risiko-Bauteil.

Doch die Technik hat – noch – ihren Preis. Die rund 60 Gramm Platin, die in einer Brennstoffzelle verbaut sind, erklären ein wenig, warum so ein Mirai an die 80 000 Euro kostet. Vor allem aber ist es teure Handarbeit, in der die Autos der geringen Stückzahlen wegen gebaut werden. Erst in der neuen Fabrik Ende des Jahres wird es so etwas wie Fließbänder geben.

Der Mirai späht in Querverkehr und tote Winkel und wirft im Notfall selbsttätig den Anker. Nur der Laderaum ist mit 360 Litern nicht allzu üppig. Kleiner Trost: Man ist mit Technologie von morgen unterwegs. Schließlich heißt der Name übersetzt: Zukunft.

Apropos: Das Klima-Kabinett hat sich ohne Beschlüsse auf September vertagt. Aber man munkelt von einem Milliarden-Programm für den Wasserstoff-Antrieb. Es besteht also noch Hoffnung.

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