Eigener Inhalt Porsche Cayenne GTS: Hab acht!

Wolfgang Plank

Nicht erst seit Corona darf man darüber grübeln, ob ein SUV mit 460 PS sein muss - und ausgerechnet Porsche dessen Produzent. Schließlich wird der Cayenne noch nicht einmal in Zuffenhäuser Kreisen rückhaltlos geliebt. Allerdings bringt er der Marke seit nun schon 18 Jahren Geld und Renommée. Knapp eine Million Käufer hat das Dickschiff bislang in der Welt gefunden. Auch nicht wenig Käuferinnen …

 
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Unterhalb der Top-Modelle Turbo und Turbo S gibt’s nun erneut einen GTS. Ebenfalls zwangsbeatmet – vor allem aber wieder mit angestammter Zylinderzahl. Seit 2015 musste der Vorgänger mit sechs Pötten auskommen, was all jene grämte, die im Begriff "Downsizing" ein Synonym für Weltuntergang sehen. Nun heißt es zum Glück wieder: Hab acht!

Und wie: Die Laufflächen des Vier-Liter-Biturbo sind für Minimal-Reibung plasmabeschichtet, die Lagerdeckel der Kurbelwelle nicht nur viermal von unten verschraubt, sondern auch zweimal von der Seite. Schließlich landen da unten 620 Nm Drehmoment, wenn oben in den Brennkammern Sprit mit 250 bar zerstäubt wird. Was als Rest die Endrohre verlässt, muss der Deutschen Umwelthilfe wie blubbernder Spott vorkommen.

In weniger als fünf Sekunden liegt aus dem Stand Tempo 100 an und hinauf geht’s bis 270, während die Automatik ruckfrei acht Stufen durchlädt. Um da wieder runterzukommen, muss man eine ordentliche Scheibe haben. Auf Wunsch mit Glasur aus Wolframcarbid und nahezu bremsstaubfrei, weshalb der Zehn-Kolben-Sattel blütenweiß lackiert ist – oder für 8700 Euro extra als Keramik-Version mit 44 Zentimetern und Sattelfarbe gelb.

Kein Wunder, dass bei so viel Vortrieb der schönste Platz links vorne ist. Eingefasst in sportliches Gestühl, umgeben von Carbon und Alcantara, mittig im Blick der immer noch analoge Drehzahlmesser, flankiert von gestochen scharfen Displays und einem Touchscreen im Leinwand-Format. Opulenter Kommandostand für die Reise ins Niemandsland der Fahrphysik.

Dort nämlich glaubt man sich, wenn der Cayenne GTS zeigen darf, was er kann. Weniger als einen Wimpernschlag braucht die Elektronik, um Allradantrieb, Sperren und die optionale Luftfederung auf das Optimum zu bringen. Und so lassen sich gut zwei Tonnen bewegen, als seien Masse und Geschwindigkeit aus der Formel für Radialkraft irgendwie herausgekürzt.

Vor allem, wenn ein 3300 Euro teurer Clou verbaut ist: Über 48-Volt-Motoren zwischen den Stabis stemmt sich der GTS in flotten Kurven der Seitenneigung einfach entgegen. Und eher lässt der Grip an den Reifen nach, als dass das Chassis nennenswert aus dem Lot gerät. Noch weiter ans Limit kommt man mit der 2000 Euro teuren Hinterachs-Lenkung.

Auch für neben der Spur ist der Cayenne GTS gerüstet. Bei 24 Zentimetern Bodenfreiheit und einem halben Meter Wattiefe darf einem schon ziemliches Ungemach unter die bis zu 22 Zoll großen Räder kommen. Dem Normverbrauch von 13,3 Litern (WLTP) nähert man sich übrigens nicht nur im Gelände sehr schwer. Auch wenn der V8 bei Teillast die Hälfte seiner Zylinder stilllegt. Ganz ohne Grund fasst der Tank schließlich nicht 90 Liter.

Wer Energieverbrauchsklasse F nicht scheut – ab 111 211 Euro ist man dabei. Mit Stahlfederung und gewöhnlichem Ambiente. Nach oben ist jede Menge Luft, und wer das deutlich schnittigere Coupé wählt, muss jeweils gute 4000 Euro drauflegen. Aber allein mit der Mehrwertsteuer-Senkung sind die ja schon fast wieder drin …

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