Eigener Inhalt Mit Tempo 164 im Drift: Herrn Aasbøs Gespür für Schnee

Wolfgang Plank

Der Name klingt harmlos. Toyota Express Service steht auf der Autotür. Doch wer sie öffnet um Platz zu nehmen, sollte sich im Klaren sein: Die Aufschrift stimmt. Vor allem, wenn links Frederic Aasbø sitzt. Ein Meister der spektakulären Querfahrt und 2015 Welt-Champion der Formula Drift.

 
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Normalerweise ist Aasbø auf Asphalt unterwegs. Auf vier Kontinenten. Mit vier verschiedenen Autos. Und stets mit durchdrehenden Hinterrädern. Weniger als eine Minute dauert so ein Auftritt, dann sind die Gummis verraucht. Aber er wäre kein Norweger, wenn er seine Kunst nicht auch auf Eis und Schnee beherrschte.

Sein Auto für Europa ist ein Toyota GT86. Jedenfalls äußerlich. Das erste Exemplar überhaupt, das nach Norwegen gelangte – um dort sofort in den Händen von Erik Nilssen zu landen. Der verkabelt im Hauptberuf Öl-Plattformen, in seiner Freizeit schraubt er Aasbøs Rennwagen zusammen.

Genau 30 Tage hatte des Meisters Gefährte das Gefährt in der Kur, danach war es ein Geschoss auf Rädern: 1172 PS und knapp 1600 Nm Drehmoment. Noch immer schlägt darin ein Toyota-Herz – allerdings aus einem Sechszylinder-Supra. 3,4 Liter Hubraum und ein gewaltiger Turbo mit zwei bar Ladedruck. Verheizt wird Ethanol mit einem Schuss Renn-Sprit. Klopffest bis 114 Oktan.

Tatort: Rovaniemi. Nahe am Polarkreis. Der Untergrund: fester Schnee. Der Kurs: anspruchsvoll. Die Reifen: gespickt mit Spikes. Die Luft: eisig. Geräuschkulisse: noch friedlich. Doch dann tritt der Meister drauf, reißt ohne zu kuppeln die Gänge durch und lässt den finnischen Wald erzittern.

Vom ersten Meter an treibt der GT86 brüllend quer, schwingt sich unter Aasbøs Regie von Kurve zu Kurve. Ein Riesenslalom auf Rädern. Mal mit Lastwechsel, mal brutal mit Bremseingriff. Wenn’s sein muss für jede Achse einzeln. Aasbø muss arbeiten am Lenkrad, hat aber sichtlich Spaß. Was er nicht mag, ist langsame Fahrt. An der schnellsten Passage zeigt das Display 164 Stundenkilometer. Die tatsächliche Geschwindigkeit. Die Hinterräder indes drehen mit Tempo 260 – und damit ständig durch. Trotz der Nägel in den Gummis. Ein Geheimnis des gekonnten Drifts.

Am Ende der Fahrt blubbert der GT86 gelassen vor sich hin. Als hätte auch er Spaß am Schnee. Und daran, dass er hier nur etwa 900 PS leisten muss. Womöglich spürt er, dass es bald wieder härter wird. Mit voller Kraft. Auf Asphalt. Und selbstverständlich Express.

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