Eigener Inhalt Honda Civic Type R: Der verleiht Flügel

Wolfgang Plank

Hideki Kakinuma hat es nicht leicht. Sein Job ist es, Power, Purismus und Präzision ebenso in ein Auto zu packen wie Alltagstauglichkeit, Abgas-Norm und Assistenzsysteme. Ach ja, Geld bringen soll der Wagen natürlich auch.

 
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Und doch ist Kakinuma-san zu beneiden. Denn während seine Kollegen hauptsächlich nach CO2 fahnden müssen, darf er suchen, was schnell macht. Weil die einen eben am alltäglichen Honda Civic arbeiten – und der andere als Projektleiter am Type R tüftelt. Der ultimativen Sport-Version. Mit dem härtesten Gegner überhaupt: der Stoppuhr.

Herausgekommen ist eine Rennmaschine, an der nichts verbaut ist, was man nicht braucht. Sogar das Design folgt zuallererst dem Ziel optimaler Windschlüpfigkeit. Finnen an der Frontschürze legen einen Luftmantel um die Radkästen und reduzieren Turbulenzen. Auch auf dem Dach wird der Fahrtwind erst beruhigt und dann auf den mächtigen Heckspoiler geleitet. Was an Strömung am Boden durchkommt, schnappt sich der Diffusor.

Als einziges Kompakt-Auto erzeugt der Type R daher tatsächlich Abtrieb. Bei Tempo 200 drücken rund 30 Kilo Richtung Asphalt. Das sorgt für mehr Grip – und verleiht Flügel: In 7 Minuten und 43,8 Sekunden jagte der Knaller-Civic in seiner schnellsten Runde über die Nordschleife. Kein Serienauto mit Frontantrieb war je schneller.

Befeuert wird über einen Zwei-Liter-Turbo mit 320 PS. Der katapultiert den Type R in 5,7 Sekunden auf Tempo 100, erst bei 272 ist Schluss mit Vortrieb. Doch auch mittendrin fährt er sich agil und mit hoher Elastizität. Allerdings will er dafür oft die Übersetzung gewechselt haben, was mit dem Sechs-Gang-Getriebe großen Spaß macht. Pech für Klientel mit faulem linkem Fuß: Schalt-Automaten sucht man vergeblich. Einzige Hilfe: Beim Runterschalten gibt’s elektronisches Zwischengas.

Garantiert wird Kurvenfreude und der wohlige Schauer zwischendurch. Auch weil sich die aus Gewichtsgründen verklebte Karosserie so deutlich gegen Verwindung stemmt. Die Lenkung überzeugt mit hoher Präzision, und Bremsscheiben im Format einer Familienpizza zähmen den Tempo-Rausch. Vor allem aber überzeugt die Differenzialsperre, die ein Zerren an den Vorderrädern kaum aufkommen lässt.

Schon im "Comfort"-Betrieb schnürt der Type R gierig um jede Biegung. In Stellung "Sport" windet er sich hinein, und im Modus "+R" schließlich zählt nur mehr, was man gerne Performance nennt: kaum ESP, Fahrwerk samt Volant verhärtet – und Turbo fast ohne Loch. Das wahre Geläuf des Type R ist darum mindestens die sich schlängelnde Landstraße. Besser noch: ein abgesperrter Kurs. Dort lässt sich am besten er-fahren, was in Hondas Kraftprotz wirklich steckt.

Natürlich kann man mit dem 1,4-Tonner auch prima zum Einkauf rollen. Oder in den Urlaub. Fünf Türen, schickes Cockpit und bei flachgelegter Heck-Bestuhlung fast 1,3 Kubikmeter Laderaum. Dazu hält der Civic Tempo, Spur und Abstand, blickt auf Fußgänger und Verkehrszeichen – und zur Not bremst er selbstständig. Alles alltagstauglich und mit ausreichend Rest-Komfort. Womöglich klappt‘s dann sogar annähernd mit dem Normverbrauch. Allerdings muss man schon mit der Gelassenheit eines Zen-Mönches gesegnet sein muss, um das Triebwerk nicht wenigstens ab und an auszukosten.

Selbstverständlich ist das aus drei Endrohren brabbelnde Gefährt im Grunde unvernünftig. Trotzdem schön zu wissen, dass Fahrspaß noch immer eine Heimstatt hat. Und so betrachtet sind 320 PS plus Gänsehaut für 36 050 Euro ein mehr als respektabler Gegenwert.

Bei unseren Recherchen erhalten wir Unterstützung von Herstellern und Agenturen. Dies hat keinen Einfluss auf den Inhalt der Berichterstattung.

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