Eigener Inhalt Hoch auf dem Freisitz

Wolfgang Plank

Mit dem T-Roc Cabrio ist bei VW endlich wieder Luft nach oben - das Deckengewölbe öffnet in nur neun Sekunden.

 
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Unbedachtes hat lange Tradition bei Volkswagen. Schon den Käfer selig gab es als Cabrio, den zum Niederknien schönen Karmann Ghia – und natürlich den liebevoll "Erdbeerkörbchen" getauften Stoffmützen-Golf. Dazu den olivgrünen Ableger "Iltis" und dessen Vorgänger, der offiziell "Kurierwagen" hieß, um bloß keine Erinnerungen an den Kübelwagen der Wehrmacht zu wecken. Doch lange hatte die Abteilung der vorübergehend Geschlossenen zu: Eos nicht mehr im Angebot, Beetle eingestellt, Golf und Co. nur mehr verblecht. Jetzt dürfen Freunde des gepflegten Freisitzes aufatmen: Mit dem T-Roc Cabrio kann man ab Werk wieder obdachlos sein.

Zwei Trend-Segmente hätten sie schön zusammenführen wollen, hatte Vertriebs-Vorstand Jürgen Stackmann bei der Premiere gesagt. Und dass es schnell gehen musste. Denn ursprünglich war der T-Roc gar nicht zum Aufklappen gedacht. Im Werk Osnabrück indes hätten sie um die Variante gekämpft. Und weil Technik vom offenen Audi A3 im Regal lag, hat es am Ende mit dem Kostenrahmen geklappt. Auch wenn Länge (4,27 Meter) und Radstand (2,63 Meter) um knapp vier Zentimeter wachsen mussten.

Das ist auch der Grund, weshalb es trotz langgezogener Federbeine und bis zu 19 Zoll großer Räder keine Allrad-Version gibt. Nahezu jedes Bauteil des Antriebsstranges hätte sonst neu konstruiert werden müssen. Und damit wird das 300-PS-Aggregat des T-Roc R dem Luftikus nicht vergönnt sein. Der begnügt sich mit 115 PS aus dem Hubraum dreier Bierdosen sowie dem 150 PS starken Vierzylinder, der auch mit Sieben-Gang-DSG zu haben ist. 48-Volt-Hilfe wäre technisch möglich, E-Versionen indes bleiben der ID-Familie vorbehalten – hier speziell dem ID.Buggy, den VW 2022 serienreif auf die Räder stellen will.

Natürlich ist das T-Roc-Cabrio ein reines Nischen-Modell – aus Sicht von VW aber wichtig, um den Fuß – oder besser: das Federbein in der Tür des Marktes zu behalten. Großer Vorteil der Wolfsburger: Die Konkurrenz ist entweder sehr viel kleiner oder sehr viel teurer. Das T-Roc Cabrio ist ab 27 495 Euro zu haben – das sind knapp 4000 Euro Aufpreis zur Limousine. Dafür thront man vertikal in einer anderen Liga. Kein Radler, der an der Ampel spöttisch auf einen herunterblickt. Hier fährt ein Schutzwall mit Aussicht.

Das dreilagige Deckengewölbe faltet sich in neun Sekunden elektrisch in den Kofferraum und in elf wieder heraus, schirmt zuverlässig gegen den Lärm der Straße – und spezielle Streben halten es auch bei hohem Tempo noch in flatterfreier Form. Da ist man – inklusive der vier versenkbaren Seitenscheiben – schon weit weniger luxuriös an die Luft gesetzt worden. Und mit 284 Litern ist der Gepäckraum durchaus nicht kümmerlich, den das Faltdach im Origami-Zustand übriglässt.

Ladung ist ohnehin nicht die Kernkompetenz eines Cabrios, sondern der Fahrspaß. Und der ist bei einem solchen Gefährt immer auch proportional zur Motorleistung. Schließlich sorgen Zusatz-Verstrebungen in den Tiefen der Karosse nicht nur dafür, dass sich das Chassis auch ohne stützendes Blechdach nicht verwindet, sie bringen den vorübergehend geschlossenen T-Roc auch über die Anderthalb-Tonnen-Marke.

Zum kleinen Motor sollte daher nur greifen, wer unbeladen und ohne Ambitionen unterwegs sein will. In jedem anderen Fall ist man besser beim Vierzylinder aufgehoben, der flotte Fahrt macht, aber auch mal die beiden mittleren Brennräume stilllegt, wenn’s eher gemächlich dahinrollt.

In Sachen Handling überrascht der T-Roc überaus positiv. Die Federung belässt es trotz des hohen Schwerpunkts in schnellen Kurven bei gemäßigter Neigung, und die präzise Lenkung zwingt alles exakt auf die rechte Bahn. Sollte es doch mal gänzlich schiefgehen und in der Folge rund, schnellen zwei Stahlplatten hinter den Fond-Sitzen heraus und schaffen den bei einem Überschlag notwendigen Überlebensraum.

Apropos Raum: Der ist vorne wie hinten reichlich bemessen, auch wenn in zweiter Reihe bloß zwei Personen Platz nehmen dürfen. Aber wer will in einem Cabrio schon hinten sitzen – zumal bei einem Zweitürer? Das vordere Gestühl allerdings dürfte gerne mehr Seitenhalt bieten. Und: Mit den Lendenwirbeln sollte man es besser nicht haben. Der Griff zum Gurtschloss verlangt nach ordentlicher Verwindung.

Wem sich bei rollender Ouvertüre zu sehr die Haare sträuben – ein Windschott ist selbstverständlich im Angebot. Auch sonst gibt es an Ausstattung alles, was sich in den Konzernregalen findet. Zum Beweis der Vielseitigkeit sogar eine Anhängerkupplung. Doch weil das meiste extra kostet, ist der T-Roc auch beim Preis ganz Cabrio: Es ist jede Menge Luft nach oben.

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