Eigener Inhalt Golf GTI TCR: Einmal Siegerauto, bitte!

Wolfgang Plank

Lange Zeit sind sie bei Volkswagen siegreich um den Globus gezogen. Das Werksteam, das in Hannover seine Heimat hat, räumte in Serie ab, wo abzuräumen war: mit dem Race-Touareg in der Wüste, später mit dem Polo WRC auf Asphalt, Schnee und Schotter. Es waren Titel, die zählten, nicht so sehr Kosten. Was an Teilen gebraucht wurde, um ganz oben zu stehen, war da. Oder wurde beschafft. Notfalls konstruiert. Und lieber einmal zu früh gewechselt als zu spät. Der Erfolg gab dem teuren Tun recht. Über Jahre war VW unschlagbar. Und erklärter Liebling der Rallye-Fans weltweit.

 
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Dann kamen der Diesel-Skandal, die Milliarden-Strafen – und die Bosse in Wolfsburg verfügten: "Gentlemen, stop your engines!" Keine Chance auf eine Fortsetzung der Siegesserie. Der Polo-WRC war startklar, aber die Garage blieb verschlossen. Werkseinsätze waren gestern. Das Morgen hieß Kundensport. Eine Handbrems-Kehre. Auch in den Köpfen.

Zum Glück gab es da schon die TCR. Eine noch junge Tourenwagen-Serie. Weltweit auf dem Vormarsch, mit klugem Reglement, vor allem aber bezahlbar. Vier Türen, zwei Liter Hubraum, Frontantrieb. Den Rest regelt die "Balance of Performance". Zwei Rennen pro Wochenende: Wer im ersten halbstündigen siegt, muss im nächsten zuladen oder Leistung drosseln. Das sorgt für Spannung.

Alles wie gemacht für den Golf GTI. Basis-Aggregat, Lader vom Golf R dazu, fertig. Gleich in der Premieren-Saison 2016 feierte der 330 PS starke Debütant den Titel. Der Wagen für dieses Jahr hat 350 – und es gibt einen Kit für Langstrecken-Rennen. Bei den 24 Stunden am Nürburgring brachte das den Klassensieg – vor den deutlich stärkeren GT4-Fahrzeugen.

Schön für die Fans: Von Verbreiterungen abgesehen, sieht der GTI aus wie ein GTI, der Seat Leon wie ein Leon, der Opel Astra wie ein Astra, der Honda Civic wie ein Civic. Und anders als in der DTM verkraften die Autos auch mal Feindberührung. Der GTI basiert auf einer ganz normalen Golf-Karosse. Nachgeschweißt und verstärkt wird sie bei Seat in Martorell, obendrein teilt man sich ein paar Komponenten – dann aber hört die Konzern-Bruderschaft schon auf. Auf der Strecke kämpft jede Marke für sich. Kundensport heißt, Autos an Rennställe oder solvente Privatiers zu bringen. Und auch da gilt: Die Konkurrenz ist böse und schläft nicht.

Aktuell gibt es einen internationalen Wettbewerb plus ein gutes Dutzend nationale TCR-Serien. Allein das deutsche Feld am vergangenen Wochenende in Oschersleben verzeichnete 44 Starter. Prognosen rechnen mit 2000 Autos nach TCR-Reglement weltweit bis 2020. VW erhofft sich einen ordentlichen Anteil. Bei drei Jahren Lebensdauer plus dem, was die Rennen nicht unbeschadet übersteht, kämen pro Jahr Stückzahlen einer Kleinserie zusammen. Verkaufte wohlgemerkt. Zuzüglich Ersatzteil-Versorgung. Ein lukrativeres Geschäftsmodell als eine Handvoll Autos auf eigene Rechnung.

Zumal keine horrenden Folgekosten drohen. Denn nicht alles, was man entwickeln und bauen könnte, ist auch sinnvoll. Wäre doch schade um das schöne Geld, wenn der teuer erkaufte Vorsprung vom Reglement wieder eingebremst würde.

Genau dieses Sparmodell macht – neben der Markenvielfalt – die TCR so attraktiv. Zwar kostet der Golf samt sequenziellem Getriebe 115 000 Euro plus Steuer. Doch im Vergleich mit anderen Rennsport-Aktivitäten rangieren solche Preise unter "bezahlbar". Zumal der Motor mindestens zweieinhalb Saisons halten soll. Und selbst im Fall der Fälle fände sich das Notwendige im ganz normalen VW-Teilelager.

Sieht ganz so aus, als hätte der Motorsport bei Volkswagen wieder eine Zukunft. Vermisst wird der Rallye-Polo trotzdem.

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