Im offiziellen Regierungsentwurf klingen beide Seiten diplomatischer. Es sei das "Ziel der Bundesregierung, grünen Wasserstoff zu nutzen und für diesen einen zügigen Markthochlauf zu unterstützen", heißt es da. Aber eben auch: "Aufgrund der engen Einbindung Deutschlands in die europäische Energieversorgungsinfrastruktur" werde blauer Wasserstoff in Deutschland ebenfalls eine Rolle spielen und, "wenn verfügbar, übergangsweise genutzt werden". Nachteil der Kompromissformel: Das Thema flog jüngst – mal wieder – von der Tagesordnung des Kabinetts.
Dennoch setzen Befürworter des Wasserstoffs – auch außerhalb Europas – große Hoffnungen in die sechsmonatige deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli beginnt. Von Nordafrika bis in den Mittleren Osten hinein wünschen sich die Unterstützer grünen Wasserstoffs, dass die Corona-Hilfsprogramme der EU diese Art von Energie begünstigen. Marokko und Saudi-Arabien haben sich bereits als künftige Lieferanten ins Spiel gebracht.
Der Wirtschaftswissenschaftler Ferdinand Dudenhöffer sieht die Lage nicht ganz so euphorisch. Infrastruktur-Investitionen seien zwar wichtig und auch wünschenswert, dauerten aber wegen langwieriger Ausschreibungen und fehlenden Personals viel zu lange, um unmittelbar nach Corona schnelle Hilfe zu bringen.
An eine breite Wasserstoff-Welle glaubt der oft auch "Autopapst" genannte Professor deshalb nicht. "Die Zukunft individueller Mobilität ist das reine Elektroauto", prophezeit Dudenhöffer. Wasserstoff sei noch für lange Zeit zu aufwändig und zu teuer. Für schwere Lkw indes eigne sich die Brennstoffzelle hervorragend. Der Einsatzbereich sei wesentlich gleichmäßiger, der Mehrpreis für die Technik lasse sich bei den ohnehin schon teuren Zugmaschinen besser unterbringen – und die Infrastruktur könnte entlang der wichtigsten Routen schneller und gezielter aufgebaut werden als in der Fläche.
So oder so entscheidet am Ende das Geld. Und davon ist nach Corona weniger da als vorher. Die Zukunft kommt wohl eher tröpfchenweise.