Eigener Inhalt Die Kessel-Zwillinge

Wolfgang Plank

Ein bisschen hat sich die erste Empörung gelegt. Das Auto-Leben, wissen Freunde des gegenläufigen Flachmanns mittlerweile, geht ohne Sechs nicht nur weiter – es macht sogar immer noch Spaß. Und nein, das Abendland ist nicht dem Untergang geweiht, nur weil sie in Zuffenhausen dem Mittelmotor zwei Zylinder abgesägt haben. Der Klang ist halt ein anderer. Sei’s drum.

 
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Weniger Hubraum, mehr Druck – anders waren die Brüsseler Abgas-Vorgaben bei ambitionierter Ausbeute nicht zu erfüllen. Und so kam die Generation 718 um ein Schaufelrad in der Luftröhre nicht herum. Am anderen Ende der Brennkammern warten dafür mehr Leistung, weniger Verbrauch, weniger CO2. Und ein Drehmoment-Verlauf wie mit dem Lineal gezogen. "Rightsizing" haben sie das mit einer Spur von schwäbischem Trotz genannt, weil der Begriff "Down" im Porsche-Wörterbuch allenfalls unter der Rubrik Abtrieb zu finden ist.

Und selbstverständlich haben sie umso akribischer daran getüftelt, dass faltbedachter Boxster wie verblechter Cayman die Edel-Bezeichnung GTS verdienen. Jenes Gütesiegel aus dem Jahr 1963, unter dem der 904 Carrera erstmals Rennsport-Technologie auf die ganz normale Straße brachte. Beim 718 steht das Kürzel für eine Demonstration dessen, was mit Vieren so machbar ist.

Souveräne 365 PS leiten die Stuttgarter aus 2,5 Litern Mittelmotor an die Hinterachse. Beinahe ohne Turbo-Loch. Denn bislang wagt sich nur Porsche daran, auch in Benzinern die Leitschaufeln des Laders zu verstellen. Mit variablem Druck bis 1,3 bar geht’s in 4,1 Sekunden auf dreistelliges Tempo und weiter bis 290, Bremsscheiben im Format einer üppigen "Quattro Stagioni" sorgen dafür, dass man auch sehr schnell wieder sehr langsam wird.

Zugegeben, als Transport-Mobil taugen die flachen Zweisitzer mit dem bescheidenen Zwei-Köfferchen-Gepäckfach nur sehr begrenzt. Ihre Kernkompetenz ist eindeutig die gepflegte Kurvenfahrt. Dank breiterer Hinterräder, ausgewogener Balance und der direkten Lenkung aus dem 911 Turbo können die Geraden zwischen den Radien gar nicht kurz genug sein. Und man muss schon äußerst nachdrücklich an Volant oder Gaspedal zugange sein, um den 718 ansatzweise aus seiner inneren Ruhe zu bringen.

Serienmäßig wollen Cayman wie Boxster noch von sportlich harter Hand (sechs Gänge) geschaltet sein, auf Wunsch lassen sich die Zahnräder aber auch per PDK-Getriebe (sieben Gänge) sortieren. Selbstverständlich mit Schalt-Wippen am Alcantara-umspannten Lenkrad. Wenn’s mal passt: zwei Rasten am serienmäßigen Chrono-Paket-Rädchen. Schon zählt nur mehr, was man so gerne Performance nennt: ESP auf Minimum, Fahrwerk samt Lenkung verhärtet – der 718 als Vierer für Steuermann oder -frau. Und dann wäre da noch der "Sport Response Button": Kesseln auf Knopfdruck. Knackige 20 Sekunden lang alles, was geht.

Auf die Ohren gibt der GTS auch ordentlich. Mit Klappen-Steuerung im Abgasstrang und allem Drum und Dran klingt er wie ein Käfer auf Speed. Mehr ein Röhren als das von früher gewohnte Brüllen. Was bei 7500 Umdrehungen das schwarz-mattierte Doppelrohr erzittern lässt, taugt durchaus fürs Aufstellen kleiner Härchen – aber selbstverständlich geht auch gelassenes Brabbeln. Entspannt, aber mit dem erhabenen Gefühl, wie sehr man könnte, wenn man bloß wollte.

Womöglich käme man dann irgendwie in die Nähe der 8,2 Liter, die Porsche als Normverbrauch mit Automatik angibt. Wer allerdings nicht über die Gemütslage des Dalai Lama verfügt, braucht sich den Wert erst gar nicht zu merken. Apropos: Wer tatsächlich eine Gedächtnisstütze braucht – die serienmäßige "Porsche Track Precision App" erlaubt detailliertes Aufzeichnen von Fahrdaten auf dem Smartphone. Für den Fall, dass man sich auf 20,8 Kilometer Nürburgring-Nordschleife mal an die 7:40 wagen will, die für den 718 dort als Bestzeit verzeichnet sind. Auf Serienreifen, versteht sich.

Vor der fahrerischen Herausforderung steht indes auch eine finanzielle. Für den 718 Cayman GTS ruft Porsche mindestens 76 137 Euro auf, der oben offene Boxster kostet 2000 Euro mehr. Allerdings ist ja bald Weihnachten – und in die Schaufenster kommen die Kessel-Zwillinge gerade noch rechtzeitig.

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