Eigener Inhalt Beinharte Pritsche

Wolfgang Plank

Mit dem Gladiator bringt Jeep nach 27 Jahren wieder einen Pickup. Ein Typ fürs Grobe und kaum aufzuhalten.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Gelegentlich mal was zu ziehen? Auch zu laden? Ab und an abseits des Asphalts? Kein Problem – die Auswahl an Schlechtwegerichen ist reichlich. Was aber, wenn es dicke kommt? Richtig was an den Haken muss, Wuchtiges an Bord – und all das komplett neben der Spur? Dann wird man wohl den Gladiator bemühen müssen. Der klingt nicht nur martialisch – der ist es auch.

Pickups der Marke Jeep haben Tradition. Der erste wühlte sich schon 1947 durchs Gelände – als Willys Overland auf einem Fahrgestell des CJ-2A. Ihm folgten unter anderen der FC-150 (1957 – 1965), der frühe Gladiator ab 1962 auf Basis des Wagoneer (Foto rechts), der CJ-8 Scrambler (1981 – 1985) und der Comanche (1986 – 1992).

Exakt 27 Jahre nach diesem letzten Pritschen-Modell kehrt nun der Gladiator zurück. Und wie: Gute fünfeinhalb Meter lang, 30 Zentimeter Luft nach unten, 260 Diesel-PS aus drei Litern Hubraum, 600 Nm Drehmoment, Allrad, Sperren vorne und hinten. Heißt: Vortrieb immer und überall. Komme unter die 32 Zoll großen Räder, was da wolle. Ab nächstem Jahr ist der Wuchtbrummer mit anderthalb Meter Ladefläche auch hier zu haben.

Auf den ersten Blick ähnelt der Gladiator dem Wrangler Unlimited – nur eben 80 Zentimeter länger und mit einem halben Meter mehr Radstand. Ein Typ fürs Grobe, der sogar nach US-Maßstäben als Auto durchgehen dürfte. Ganz sicher auch beim Verbrauch. Hierzulande auf jeden Fall eine der härtesten Pritschen, die sich finden lässt.

Und mit vielem, was den Kriegs-Urahn und seinen Drang nach großer Freiheit auszeichnete: herausnehmbare Alu-Türen, klappbare Frontscheibe, Knebel an der Haube. Auch Luft nach oben hat der Gladiator mächtig. Ob gefaltet oder als Hardtop mit drei Teilen – es gibt dutzende Kombinationen, die Sonne zu sehen. Vor allem aber erkennt man ihn überall auf der Welt: Sieben Schlitze, zwei runde Lichter – die Silhouette einer Ikone. Wenngleich die Öffnungen der besseren Kühlung wegen ein wenig breiter werden mussten als im Wrangler.

Ob offen oder geschlossen – der Gladiator macht auf dem Boulevard eine ähnlich gute Figur wie im tiefen Schlamm und bewahrt selbst in schnellen Kurven einigermaßen Haltung. Echte Finesse geht mit zwei Starrachsen nun mal nicht. Dafür späht er in tote Winkel und erkennt Querverkehr, autonomes Fahren indes ist kein Thema. Hier lenkt der Chef noch selbst.

Abseits der Straße liegt ohnehin das wahre Terrain des Gladiator. Schon in den Versionen "Sport" und "Overland" meistert er schwerstes Geläuf, der "Rubicon" mit noch längeren Federwegen erlaubt das Fortkommen noch da auf vier Rädern, wo man auf zwei Beinen schon fast am Ende ist. Für die ultimative Achsverschränkung lässt sich per Knopfdruck sogar der vordere Stabi entkoppeln. Mehr Gelände geht nicht.

Damit nichts schieffährt, bewahren Stahlpatten Motor, Acht-Stufen-Automatik, Verteilergetriebe und Tank vor Schaden. Für den Rubicon gibt’s zusätzlich Schutz für Schweller und Heck. Doch am Ende wird der Wagen wohl nur von den Wenigsten zu dem getrieben, was er kann. Rollt zu Kita und Öko-Laden, dabei könnte er locker einen Geröllhang erklimmen oder durch ein Bachbett schaukeln. Vielleicht sollte es Flensburg-Punkte geben, wenn man mit dem Gladiator nicht mindestens einmal im Quartal durch eine Kiesgrube pflügt…

Drinnen hat’s reichlich Platz – und schick eingerichtet haben sie den Über-Jeep auch. Es gibt Cockpit-Display samt Touchscreen, vier USB-Ports, eine 230-Volt-Steckdose und selbstverständlich lassen sich Smartphones einbinden. Mindestens ebenso wichtig aber sind die pfiffigen Ablagen bis hin zum kleinen Werkzeugsatz zwischen den Vordersitzen. Sogar für die Schrauben der Türen gibt’s Steckplätze – und: eine klapperfreie Aufnahme für den Schlüssel. Wenn doch nur mehr Hersteller so dächten…

Vor allem aber ist im Gladiator ein Hebel noch ein Hebel und ein Schalter ein Schalter. Robust und doch raffiniert. Immerhin findet sich im fast senkrecht stehenden Armaturenbrett ein Startknopf. Selbstverständlich wetterfest. Und falls die Kiste mal nass wird – Stöpsel im Fußraum ziehen, dann läuft alles schön ab.

Der Preis ist noch ein Geheimnis. Wie man hört, soll er da beginnen, wo der des Wrangler endet – bei gut 55 000 Euro. Macht 10 000 pro Meter. Nicht übertrieben für ein Teil, das dereinst ganz sicher mal eine Ikone wird. Serienmäßig ist so oder so das Gefühl, nichts und niemand könne den Gladiator aufhalten. Go anywhere, sagen sie bei Jeep gerne. Fahr, wohin du willst. Endlich mal Werbung ohne Übertreibung…

Bilder