Eigener Inhalt Alfa Romea Giulia: Das schöne Biest

Wolfgang Plank

"Spiel nicht mit dem Feuer", sagen sie bei Alfa Romeo. Und dass man sich nicht in eine Italienerin verlieben solle. Dabei wissen sie in Turin nur zu genau, dass Warnungen dieser Art allein schon deswegen in den Wind geschlagen werden, weil sie da sind. Und insbesondere, weil die Italienerin gar so hübsch geraten ist. Endlich mal wieder haben Alfisti eine Giulia, von der sie schwärmen können.

 
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Und nein, der schüchterne Auftritt liegt Giulia nicht. Sie kommt erhobenen Hauptes und mit stolzer Figur. Und sie geizt weder mit Reiz noch mit Herz. Besonders als Top-Modell Quadrifoglio: Variabel geladener V6 mit gewaltigen 510 PS und 600 Nm Drehmoment. Oder einfacher ausgedrückt: Vortrieb immer und überall. Ein wunderschönes Biest.

Doch Freude am Flottfahren speist sich nicht allein aus Kraft, sondern verläuft direkt proportional zur Abstimmung. Und da ist den Italienern Meisterliches gelungen: klug gewählter Radstand und günstig verteilte Masse bescheren beste Balance. Auch bei den etwas weniger heißblütigen Modellen mit 200 und 280 PS. Wer gut mit Giulia umgeht, bekommt hohes Volant-Vergnügen.

Geschenkt wird einem das nicht. Zum Glück. Giulia verlangt Zuwendung. Nicht mehr beim Getriebe, weil alle Modelle mittlerweile mit einer Acht-Stufen-Automatik arbeiten, wohl aber beim Lenkeinschlag. Mit steigendem Aufwand, aber eben auch mit wachsender Präzision und vorbildlichem Räder-Rapport. Vor allem aber vom Bein. Besonders dann, wenn man die stabilisierende Elektronik über den DNA-Regler stufenweise zurückdrängt. Zur Belohnung gibt es ein druckvolles, aber nie giftiges Heck. Und darum ist das wahre Revier der Giulia mindestens die sich schlängelnde Landstraße. Hier ist tatsächlich der Weg das Ziel.

Noch nicht in jeden Kopf geht ohne Schütteln, dass benzina bei Alfa nicht mehr Pflichtstoff ist. Zwei Versionen der Giulia tanken carburante diesel. Die zahmere drückt 190 PS aus dem 2,2-Liter-Alu-Aggregat, die etwas schärfere 210. Schließlich muss sie im Bedarfsfall zwei Achsen bewegen, während die 190-PS-Variante ausschließlich hinten antreibt. Im Grunde wählt man daher weniger den Motor als die Art des Vorschubs.

Los geht’s bei 36 555 Euro für den kleinsten Benziner, die Selbstzünder starten bei 40 453 Euro und das 280-PS-Modell "Veloce" samt Allrad kostet ab 51 176 Euro. Wer’s richtig dicke haben will, muss nochmal deutlich tiefer in die Tasche greifen. "Quadrifoglio" gibt’s nicht unter 80 000 Euro. Dafür bestehen bei der Kleeblatt-Giulia Motor, Türen, Kotflügel und Teile der Radaufhängung aus Aluminium, Motorhaube, Dach und Kardanwelle aus Carbon. Auf Wunsch gibt’s auch den Rahmen der Sportsitze aus Kohlefaser sowie Bremsscheiben aus Keramik.

Das Material des Interieurs indes erfüllt nicht überall Premium-Anspruch, dafür gehören zur Serienausstattung unter anderem Kollisionswarnung mit automatischer Notbremse, Fußgänger-Erkennung, Spurhalte-Assistent, Klimaanlage und Tempomat. Ungewöhnlich, aber durchaus schick macht sich der breite, flache Bildschirm über der Mittelkonsole.

Die Sensation indes ist der Startknopf direkt im Lenkrad. Wer da nicht mit dem Feuer spielen will, dem ist nicht mehr zu helfen.

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