Eigener Inhalt Operation "Egoist"

Wolfgang Plank
 Foto: AdobeStock

Na, bei den Geschenken an alle gedacht? Vermutlich nicht. Wir selbst sollten uns auch was wert sein.

 
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Meine Güte, was für ein Weihnachts-Countdown. Nur mehr gut eine Woche bis Heiligabend, noch jede Menge zu tun, aber wenigstens liegen schon fast alle Geschenke zu Hause. Noch in den bekordelten Papiertaschen der Kaufhäuser, Boutiquen und Was-weiß-ich-Läden … Immerhin fein säuberlich und einpackfertig aufgereiht. Eine logistische Meisterleistung.

Und an wen wir nicht wieder alles gedacht haben: die Holde selbstverständlich, Muttern ebenso, natürlich Onkel Heinrich, die Lieblingscousine (weil die einzige) sowieso, dazu die üblichen Freunde, Kollegen, Nachbarn. Jemanden vergessen? Nö, scheint nicht so.

Oh doch! An einen haben wir mal wieder keinen Gedanken verschwendet: an uns selbst. Dabei hätten wir doch nun weiß Gott ein bisschen Zuwendung unsererseits verdient. Wäre schließlich für einen wirklich guten Zweck. Oder steht in der Bibel vielleicht, man solle seinen Nächsten mehr lieben als sich selbst?

Eben. Also gönnen wir uns doch selbst auch mal was. Noch vor der eigentlichen Bescherung. Ein wenig Entspannung zuvörderst, aber gerne auch etwas Wellness. Dampfbad, Massage, ätherische Öle, das volle Programm. Hauptsache muckelig warm und sehr wenig Bewegung. Zeit für Operation "Egoist".

Und vielleicht leisten wir uns obendrein sogar ein klein bisschen Pflege. Wir sind schließlich auch wer. Vor allem aber lägen wir so was von im Trend: Gut anderthalb Milliarden Euro Jahresumsatz vermelden die Hersteller hierzulande bei Männerkosmetik. Zwei Drittel nutzen regelmäßig Rasierwässer, davor und danach. Jeder zweite Mann greift mindestens einmal in der Woche zur Gesichtscreme, jeder sechste sogar täglich. Und angeblich werden es jeden Morgen mehr.

Womöglich hat das – wie so vieles in der Männer-Welt – mit Fußball zu tun. Vielleicht waren wir im Grunde ja schon immer ein wenig eitel und brauchten bloß einen Kronzeugen. Einen wie Jogi Löw. Der ewige Bundestrainer und dauerhafte Chef-Cremer der Republik hat Balsam und Lotionen erst team- und dann hoffähig gemacht. Spätestens seit ihm dürfen Kerle ohne Scheu die Angeschmierten sein.

Einziges Problem: In einschlägigen Geschäften sollen wir mit maximal geschminkten wie diensteifrigen Damen über unseren Hauttyp parlieren. Als ob Männer reden wollten. Und dann noch darüber. Wir fragen schon nicht nach dem Weg, weshalb sollten wir bei Gesichtscreme eine Ausnahme machen? Ist doch sowieso überall das Gleiche drin. Und helfen tut’s auch nicht wirklich. Kann man auch einfach nach der schicksten Verpackung gehen. Oder dem coolsten Namen. Hauptsache zügig zum Erfolg. Männer wollen nicht lange suchen – Männer wollen schnell Beute machen. Die Weisheit kennt man – und frau – nun doch seit Jahrtausenden …

Die Gefahr dabei: Am Ende werden wir womöglich nicht das Richtige finden, weil wir noch nicht mal gewusst haben, wonach wir eigentlich suchen. Das würden wir uns freilich nie anmerken lassen. Im Zweifel kaufen wir irgendwas. Gerne ein "Sale"-Schnäppchen. Ist schließlich eine Güterabwägung. Hier die Faltencreme – dort ein Stehplatz im Stadion inklusive Becher Bier plus Wurst im Brötchen.

Macht aber im Grunde nichts. Hauptsache, wir gehen aus irgendeinem Laden mit dem wunderbaren Gefühl, einfach mal an uns gedacht zu haben. Und was gäbe es vor Weihnachten Schöneres als ein wunderbares Gefühl …


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