Sie kann uns Menschen sehen und verfolgen: Die Hyalomma-Zecke gilt als Jagdzecke. Wenn Sie Bammel haben, ihr hierzulande im Grünen zu begegnen, dürfen Sie aufatmen. Eine Expertin erklärt den Grund.
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Riesenzecke, Jagdzecke, Monsterzecke: Was über Hyalomma-Zecken zu lesen ist, lässt einen hoffen, dass man den Tieren niemals begegnet. Und tatsächlich: Die Wahrscheinlichkeit, dass man hierzulande beim Ausflug ins Grüne diese Zecken trifft, ist sehr gering. Besonders in diesem Sommer, wie Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim sagt. Warum das so ist und was Sie noch über die Hyalomma-Zecke wissen müssen.
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Wie sieht eine Hyalomma-Zecke aus?
Offensichtlichstes Merkmal ist ihre Größe von bis zu zwei Zentimetern. Damit sind Hyalomma-Zecken deutlich größer als der Gemeine Holzbock, die hierzulande häufigste Zeckenart.
Auffällig an der Hyalomma-Zecke sind neben ihrer Größe ihre Beine. „Der Körper ist dunkelbraun, aber die Beine sind mehr orangefarben und haben diese gelben oder beigen Bänder“, beschreibt Mackenstedt, die das Fachgebiet für Parasitologie leitet.
Ganz anders als unsere heimischen Zecken, die als Lauerzecken gelten. Der Gemeine Holzbock etwa krabbelt auf Gräser. „Er wartet dort im Grund genommen ziemlich regungslos, bis jemand vorbeikommt und sie abstreift“, erklärt Mackenstedt.
Hyalomma-Zecken sind hingegen Jagdzecken. Sie verbergen sich in Spalten oder unter Steinen und tauchen erst auf, wenn sie aktiv nach einem Wirt suchen. „Der Name Hyalomma bedeutet dabei übersetzt ‚Glasauge‘. Die Zecke kann uns also sehen und dann aktiv auf uns zulaufen“, sagt die Wissenschaftlerin.
Die Tiere können aus einer Entfernung von bis zu zehn Metern mit den Augen oder ihren chemischen Sinnen Warmblüter wahrnehmen und sie über mehrere hundert Meter verfolgen. „Viele, die schon mal Kontakt mit einer Hyalomma-Zecke hatten, halten sie auch zunächst einmal für eine Spinne, weil sie eben sehr schnell unterwegs sind“, betont Mackenstedt. Als Wirt sucht sich die Zecke übrigens vor allem große Tiere: Rinder, Pferde – oder eben den Menschen.
Wo drohen mir Begegnungen mit dieser Zecke?
In Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit gering. Dafür muss man wissen, dass Hyalomma-Zecken vorwiegend über Zugvögel – etwa aus trockenen Regionen Afrikas – den Weg hierhin finden. Auf den Vögeln, sagt Mackenstedt, sitzen Larven beziehungsweise Nymphen. Sie saugen sich voll, lassen sich fallen und müssen sich dann zu erwachsenen Zecken häuten.
Das gelingt aber nur unter bestimmten Voraussetzungen, wobei hohe Temperaturen und lange Trockenperioden entscheidend sind. „In diesem Jahr ist nicht damit zu rechnen, dass wir Hyalomma-Zecken hier in Deutschland haben. Denn wir haben viel Regen, das stoppt diese Entwicklung“, erläutert Mackenstedt. Der Wissenschaftlerin zufolge ist noch unklar, ob Hyalomma-Zecken eines Tages in Deutschland heimisch werden können.
Doch es ist durchaus möglich, der Zecke im Urlaub zu begegnen – etwa im Mittelmeerraum. „Sie treten in Portugal, in Spanien und in Italien immer wieder auf. Aber auch dort ist noch die Frage, ob sie sich dort etablieren können.“
Welche Krankheiten können Hyalomma-Zecken übertragen?
Sie können einen bestimmten Krankheitserreger übertragen, der das Zecken-Fleckfieber hervorrufen kann. Immerhin: Mackenstedt zufolge handelt es sich um einen der „netteren“ Zecken-Fleckfieber-Erreger, der sich mit Antibiotika gut in den Griff bekommen lässt. Längst nicht jede Hyalomma-Zecke trägt diesen Erreger in sich.
Deutlich seltener ist die Übertragung des Krim-Kongo Hämorrhagischen Fiebers, das tödlich enden kann. „Diese Viren haben wir aber noch bei keiner Hyalomma-Zecke in Deutschland, die uns zugeschickt wurde, nachgewiesen“, berichtet Mackenstedt. Es gibt aber vereinzelt Berichte von Übertragungen im Mittelmeerraum. Ihre Einschätzung: „Das Risiko ist nicht null, aber verschwindend gering.“
Was mache man, wenn eine Hyalomma-Zecke gestochen hat?
Sie machen genau das, was Sie auch tun würden, wenn der Gemeine Holzbock Sie befällt“, so Ute Mackenstedt. Das heißt: Die Übeltäterin mit Zeckenkarte oder -zange herausziehen. Auch bei Hyalomma gilt: Je schneller Zecken entdeckt und entfernt werden, desto geringer ist das Risiko, dass sie Krankheitserreger im Körper hinterlassen. Daher ist es nach Aufenthalten im Grünen allemal sinnvoll, den Körper gründlich nach Zecken abzusuchen.
Das sind die häufigsten in Deutschland vorkommenden Zeckenarten
Gemeiner Holzbock: Die in Europa und Deutschland am weitesten verbreitete Zeckenart ist der Gemeine Holzbock. Er befällt am häufigsten von allen Zecken Menschen und überträgt die gefährlichen Borrelien und FSME-Viren.
Auwaldzecke: Die Auwaldzecke kann wie der gemeine Holzbock Frühsommer-Meningoenzephalitis übertragen. Sie sucht im Gegensatz zu ihren seit Jahren etablierten Verwandten schon bei Temperaturen um die vier Grad aktiv nach Wirten, die sie stechen könnte. Die Auwaldzecke ist vor allem im Osten und Südwesten von Deutschland heimisch.
Igelzecke: Die Igelzecke hält sich vorwiegend im Bau ihres Wirtstieres wie Igel und Füchse, wo sie auf ihrem Opfer auflauert.
Schafzecke: Die Schafszecke – auch Frühjahrswaldzecke genannt – kommt in Deutschland relativ selten vor. Aber auch hierzulande breitete sie sich – vor allem in Süddeutschland – aus.
Taubenzecke: Die Taubenzecke ist in den Ländern Mitteleuropas anzutreffen und findet sich hauptsächlich an Gebäuden. Beim Menschen können Bisse dieser Zeckenart allergische Reaktionen auslösen.
Info: Zecken
Gefährliche Spinnentiere Zecken sind meist gar nicht so leicht zu entdecken: Die kleinen Spinnentiere mögen dünne Haut, weshalb sie sich oft an schwer erreichbaren Stellen wie den Kniekehlen, den Leisten oder hinter den Ohren verstecken.
FSME Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine virusbedingte Erkrankung, die durch Zecken übertragen wird. Symptome einer leichten FSME ähneln den Symptomen einer Grippe wie Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit.
Borreliose Die Borreliose ist eine durch Bakterien ausgelöste Infektionskrankheit und wird von einem spiralförmigen Bakterium namens Borrelia burgdorferiausgelöst, das im Darm der Zecke haust. Eine Borreliose kann zu einer ringförmigen Rötung an der Einstichstelle oder grippeähnlichen Beschwerden führen. Sie wird in der Regel mit Antibiotika behandelt. Wer an Borreliose erkrankt – und das sind in Deutschland einige Zehntausend Menschen jedes Jahr – muss eine mehrwöchige Antibiotika-Infusions-Kur über sich ergehen lassen.
Folgen von FSME und Borreliose Beide Erkrankungen machen sich zu Beginn lediglich durch Symptome eines grippalen Infekts bemerkbar. In manchen Fällen bleiben Beschwerden sogar ganz aus, sodass die Infektionen noch schwerer zu erkennen sind. Schwerwiegende Folgen sind möglich: FSME kann zu einer Entzündung des Gehirns oder der Hirnhäute führen, Borreliose verursacht beispielsweise Gelenkentzündungen.