Zum Tod von Eva Sollich Das Tanzhaus war ihr Lebenswerk

Daran besteht kein Zweifel, ohne Eva Sollich hätte es das Tanzhaus so in Benshausen nicht gegeben. Auch nach ihrem Weggang blieb sie ihm verbunden und verfolgte seine Entwicklung bis zuletzt. Nun trauern Wegbegleiter und ihre Tanzschüler um die mutige Gründerin und Bewahrerin von Traditionen.

 
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Eva Sollich 2007 zu Besuch zum 30. Lindentanzfest in Benshausen. Foto: Karl-Heinz Frank

Der Name Eva Sollich wird stets untrennbar mit dem Tanzhaus Benshausen verbunden sein. 1977 von der Absolventin der renommierten Palucca-Schule in Dresden in Benshausen gegründet und die folgenden 20 Jahre von ihr geleitet, hat es eine Entwicklung und Akzeptanz erfahren, die es ohne die Tanzpädagogin so wohl nicht gegeben hätte. Dem traditionellen Tanz galt ihre Liebe, so wie er in anderen Ländern intensiv gelebt wurde. In Ungarn etwa, was sie faszinierte und zugleich dazu animierte, eine Reise zu unternehmen, um sich direkt vor Ort selbst ein Bild davon zu machen. Schon damals hat sie die sich in Leipzig entwickelnde Tanzbewegung mit Freude begleitet und eine Tanzmeisterausbildung angeregt, die sie schließlich für die gesamte DDR-Folkszene in Benshausen übernommen hat.

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Als während einer Tagung Tanz vom Zentralhaus für Kulturarbeit Leipzig in Meiningen der Impuls für ein Folklorezentrum in Suhl gegeben wurde, bewarb sich Eva Sollich. Schließlich lag es ihr sehr am Herzen, dem Volkstanz wieder seine Bedeutung zurückzugeben, ihn aus der Vergessenheit zu erwecken. Und so begann ihre anfängliche Zeit des Pendelns von Jena nach Benshausen. Im Saal des Deutschen Hofs – gedacht als Übergangslösung, bis eine Trainingsstätte geschaffen wurde – bot sie die Ausbildung für Mädchen und Jungen ab dem Vorschulalter an, um zwei Jahre später auch mit Erwachsenen zu arbeiten. Ein entbehrungsreicher Anfang, der auch von Zweifeln begleitet war. Denn die in Aussicht gestellten besseren Trainingsbedingungen verzögerten sich aus Mangel an Material und Baufachleuten immer wieder.

Das Tanzhaus in Benshausen wurde eine Institution „und zum Glücksfall für die gesamte Region“, beschreibt Jan Eppler dessen Bedeutung. Über den Tanz entdeckte er in jungen Jahren die Musik und widmet sich dem Spiel auf historischen Instrumenten. Mit ihm bekam ab 1987 die Tanzhausarbeit eine neue Qualität. Nun begleiteten seine musikalischen Beiträge den Tanz, statt bisher eingespielte Lieder. „Hunderte Menschen sind hier im Laufe der Jahrzehnte zum Tanz animiert worden. Eva Sollich schaffte eine einmalige Möglichkeit, Traditionspflege sowie ein außergewöhnliches Hobby, immer verbunden mit wichtigem Hintergrundwissen für Tanzschüler im Alter zwischen vier und 85 Jahren, zu betreiben“, sagt er. Das Tanzhaus in Benshausen sollte übrigens das einzige in der einstigen DDR bleiben.

Eva Sollich ist es gelungen, das Tanzhaus mit Leben zu erfüllen, ein neues Bewusstsein und ein Alleinstellungsmerkmal in der Region zu schaffen. Nicht nur der Volkstanz und damit traditionelles Brauchtum, rückte wieder in den Vordergrund, sondern mit ihrer Ausbildung auch intensive Körperarbeit und Improvisation. Und natürlich speziell die Tanzkultur im Raum Thüringen. Eng verknüpft war das sowohl mit ihrem zweiten Studium der Volkskunde ab 1980, als auch mit ihrer intensiven Forschung im Volkslied-Archiv Weimar, die sie später gemeinsam mit Jan Eppler fortsetzte. „Eva Sollich hat sich eine unglaubliche Fachkompetenz, ein enormes Wissen in der deutschen Volkstanzgeschichte angeeignet, was es so wohl kaum wieder geben wird“, ist Jan Eppler überzeugt.

Beide blieben sich nach ihrem Weggang aus Benshausen verbunden, als sie im Alter von 60 Jahren, nach mitunter ungewissen Jahren nach der Wende, nach abenteuerlichen Gastspielreisen bis nach Brasilien, den Weg für die nächste Ära ebnete und mit Jakob Klassen das Tanzhaus, ihr Lebenswerk, in guten Händen wusste. Sie blieb Freundin und enge Vertraute für Jan Eppler, die anfänglich in Freiburg wirkte und später nach Berlin zog, wo sich nun am 15. März ihr Lebenskreis schloss - sie wurde 87 Jahre alt.

Das Interesse am Tanzhaus hat Eva Sollich Zeit ihres Lebens nie verloren. Sie kehrte gern wieder zu Besuchen zurück und stand auch nach ihrem Weggang mit Rat zur Seite. Mit der Etablierung des Tanzhauses gelang es ihr, mutig und klug, auch die Bedeutung aus dem Mittelalter als kommunikatives Zentrum ins Heute zu übertragen. Ihr Wirken prägte Generationen. „Ihr Tod ist ein großer Verlust. Sie wird fehlen“, findet nicht nur Jan Eppler.