Nach der Theorie stieg der Regierungs-Tross in einen roten Bus, um zum umgebauten und erweiterten Biathlon-Stadion zu fahren, der Lotto Thüringen Arena am Rennsteig. Hier können nun bis zu 27 000 Zuschauer im Stadion und an der Stecke die Rennen verfolgen. Alles wurde auf einen modernen Stand gebracht, damit sich die Sportler und ihre Betreuer ebenso wie die Fans wohl fühlen. Thomas Grellmann, der Chef des Organisationskomitees, führt die Besucher im Stadion herum. Durch den neu gebauten Tunnel – wasserdicht, wie er mit Blick auf Oberhofer Schneemassen versichert – geht es zum Schießstand. Bis zu 30 Athleten können hier gleichzeitig die Scheiben ins Visier nehmen.
Anschließend Rückfahrt im Bus zur Rodelbahn. Die neue Kupferüberdachung der Bahn glänzt in der Sonne. Am Damenstart beginnt Finanzministerin Heike Taubert (SPD) mit einem Mitarbeiter zu fachsimpeln, der die neue Eisbahn gerade fegt und pflegt. Für die in die Jahre gekommenen Wettkampfstätten sind die Weltmeisterschaften ein Segen. So war fraglich geworden, ob in Oberhof angesichts eher widriger Bedingungen für Athleten und Offizielle überhaupt noch Biathlon-Weltcups ausgetragen werden können. Die Frage hat Thüringen mit einem großen Griff in die Landeskasse beantwortet.
Laut Bildungsminister Helmut Holter (Linke), der auch für den Sport zuständig ist, flossen seit 2019, als Oberhof von den internationalen Verbänden zum WM-Austragungsort gekürt worden war, 84,1 Millionen Euro in die Erneuerung der Anlagen. Eine solche Dichte an Wintersport-Wettkampfstätten sei einmalig in Deutschland, schwärmt er. Die Eisbahn, die Schanzen im Kanzlergrund, das Biathlon-Stadion, die Skihalle. Aber alles keine Anlagen, die nach den beiden Großereignissen wieder eingemottet würden. Vielmehr sollen sie nachhaltig und ganzjährig genutzt werden als Trainingsstätten für Spitzen-Athleten ebenso wie von Nachwuchs- und Para-Sportlern.
Ja, es sei mehr Geld ausgegeben worden als geplant, gibt Ministerpräsident Ramelow zu. Aber nicht, weil die Bauarbeiten in Oberhof zu einem Fass ohne Boden geworden wären, wie der BER oder die Elbphilharmonie. Die ursprünglich geplanten 62 Millionen Euro wurden Ramelow zufolge nur zu einem geringen Teil durch Mehrkosten überschritten – die Inflation lässt grüßen. Vielmehr sei mehr gebaut worden als zunächst geplant.
So wird das Biathlon-Stadion zusätzlich mit Solarmodulen bestückt. „Das ist uns ein wichtiges Anliegen. Künftig werden solche Events nur noch nachhaltig möglich sein“, sagt der Oberhof-Beauftragte der Landesregierung, Finanz-Staatssekretär Hartmut Schubert (SPD). Ein weiteres Beispiel dafür, dass – neben den Weltmeisterschaften selbst – der Betrieb der Wettkampfarenen möglichst umweltschonend erfolgen soll, findet sich direkt an der Bobbahn.
Ministerpräsident, Sport-Minister, Oberhof-Beauftragter und OK-Chef postieren sich an einem rotem Knopf, auf den sie dann gemeinsam drücken. Sie starten damit das sogenannte Kaltnetz. Ein eher verwirrender Name, denn das Netz ist zum Transport von Wärme gedacht. Das Projekt gilt weltweit als beispielgebend, dass der energieintensive Betrieb einer Eisbahn auch nachhaltig erfolgen kann. Die bei der Vereisung der Bahn entstehende Abwärme der Kältemaschinen wird nun über ein Leitungsnetz verteilt und zum Heizen der Gebäude an der Rodelbahn und im Biathlon-Stadion genutzt. Auch die Abwärme der benachbarten Skihalle wird eingespeist. Zukünftig sollen überdies die in Oberhof mit einer Sportgruppe stationierte Bundeswehr und ein weiteres geplantes neues Hotel damit geheizt werden. Kosten allein dieser zusätzlichen Investition: 5,7 Millionen Euro.
Das Fazit der Landesregierung nach ihrer Kabinettssitzung vor Ort: Ski und Rodel gut in Oberhof, jedenfalls anlagentechnisch. Auch das Unterhaltungsprogramm für die WM-Besucher, das ihnen neben den Wettkämpfen täglich geboten wird, steht weitgehend. Ministerpräsident Ramelow verweist auf weitere Millionen-Summen der öffentlichen Hand, die in die Verbesserung der Infrastruktur geflossen seien. Hinzu kämen private Investitionen von 150 Millionen Euro, so für das vor wenigen Wochen eröffnete Familien-Resort. Ramelow ist überzeugt, dass damit die Wintersport-Hochburg Oberhof und die gesamte Tourismus-Region für die nächsten 20 Jahre fit gemacht wurden.